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Die letzten Monate der DDR: die Regierung de Maizière und ihr Weg zur deutschen Einheit

Die letzten Monate der DDR: die Regierung de Maizière und ihr Weg zur deutschen Einheit

Titel: Die letzten Monate der DDR: die Regierung de Maizière und ihr Weg zur deutschen Einheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ed Stuhler
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ging sofort los. Ich bin darüber sehr froh, dass überall diese Dimension parteiübergreifend gesehen wurde: Wir müssen etwas für die Innenstädte tun, wir müssen sanieren. Altbau vor allen Dingen! Denn es ist unsere kulturelle Identität! Es wird oft vergessen, dass Stadtzentren unsere kulturelle Identität sind. Mitteleuropa. Woanders auf der Welt gibt es andere Identitäten, aber bei uns ist das im Mittelalter entstanden. Unsere Kultur ist immer verbunden gewesen mit einer Stadt. Deswegen ist es so wichtig, dass unsere Städte funktionieren, dass die lebenswert sind. Auch wenn wir jetzt neuerdings über Stadtumbau und Abriss reden, das wird alles notwendig sein. Die Bevölkerung schrumpft, die Städte müssen dem folgen, aber das, was übrig bleibt, egal wie klein oder groß es sein soll, muss funktionieren, muss lebenswert sein. Das ist unsere Identität.«

    Bevor die notwendigen Gelder fließen können, müssen allerdings umgehend die Eigentumsverhältnisse geklärt werden. »Da hat es unterschiedliche Strömungen gegeben. Speziell, was zum Beispiel die Genossenschaften betrifft. Es gab Vertreter, die die Wohnungen,

    1990, Halle, Verfall der Altbauten in der Innenstadt

    ähnlich wie in der Industrie, in die Treuhand übergeben und alles verkaufen wollten. Es sollte alles privatisiert werden, an wen auch immer, ob an einzelne Mieter, größere Gesellschaften, wir verkaufen das alles. Der Meinung war ich nie, und ich denke, es war richtig, dass ich nicht dieser Meinung war und mich auch versucht habe, durchzusetzen.
      Ich bin von Haus aus Physiker, also kein Wohnungswirtschaftler, alles konnte man nicht wissen. Mein Ziel war, natürlich auch unterstützt von den Beratern, da bin ich ganz ehrlich, kommunaler Wohnungsbestand. Wir wussten es aus den alten Bundesländern, aber auch aus anderen europäischen Ländern, wie wichtig kommunaler Wohnungsbestand ist – zur Daseinsfürsorge im wahrsten Sinne des Wortes. Den sollte es geben, den muss man sichern. Wir haben quasi per Gesetz vorgeschrieben, dass man kommunale Gesellschaften bildet. Dieser Bestand sollte möglichst raus aus der Kommunalen Wohnungsverwaltung und hin in kommunale Ge

    Die meisten Wohnungen in der DDR befanden sich in »Volkseigentum«. Die Kommunalen Wohnungsverwaltungen (KWV) waren volkseigene Betriebe, die für die Instandhaltung des Wohnungsbestandes zuständig und damit völlig überfordert waren.
    sellschaften , die auch der Kommune gehören. Das war unser politischer Wunsch.
      Und der zweite war, dass sie den Grund und Boden bekommen, den sie vorher zu DDR-Zeiten nicht hatten. Und das zu vernünftigen Preisen, damals zwischen ein und drei Mark pro Quadratmeter, in Abhängigkeit von der Größe der Wohnung und der Lage der Grundstücke. Das war die Grundlage dafür, dass man selbständig arbeiten kann und kreditfähig wird. Damit zusammen hing die Restitution, großes Thema auch im Einigungsvertrag. Was machen wir? Lassen wir Restitution zu oder nicht? Es gab lange Diskussionen, und wir haben es zugelassen, so dass die Alteigentümer wieder ihre Grundstücke zurückbekamen und neu investieren konnten, das war wichtig.«
      Besonders brisant ist das Thema Mieten. Die Mieten der DDR,
    35 Pfennig bis 1,80 Mark pro Quadratmeter, sind sozusagen politische Mieten, hochsubventioniert – Erhaltung von Wohnraum ist damit nicht zu realisieren. Es ist die Zeit der Wir-sind-ein-VolkRufe. Bei den Demonstrationen auf der Straße werden Schilder getragen »Wir wollen die deutsche Einheit!« Was das für Folgen hat, können oder wollen viele nicht sehen. Deutsche Einheit sofort, aber möglichst mit den Mieten der DDR und ohne Arbeitslosigkeit.
      Viehweger: »Jedem war klar, wir werden in einer gewissen Übergangszeit zu marktfähigen Mieten kommen müssen, damit, wer auch immer, die Kommunen oder die Privatbesitzer, diese Wohnungen erhalten kann, dass die Möglichkeit besteht, Häuser zu sanieren, Kredite aufzunehmen. Und ich habe, um diesen Weg vorzubereiten, eine pauschale Mieterhöhung eingebracht in den Ministerrat. Der Ministerrat hat zugestimmt, obwohl alle wussten, es wird einen Aufschrei geben um diese berühmte eine Mark pro Quadratmeter, eine Pauschalerhöhung von einer Mark, ganz gleich über den gesamten Wohnungsbestand der DDR. Da hat es viele Eingaben gegeben, einen Aufschrei, teilweise auch in der Presse.
      In den Eingaben stand, wieso wir bloß die Miete erhöhen könnten, es war doch immer so, dass es nichts gekostet

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