Die letzten Monate der DDR: die Regierung de Maizière und ihr Weg zur deutschen Einheit
die heute nicht polizeitypisch sind. Die Entwaffnung der Kampfgruppen der Arbeiterklasse war schon relativ erfolgreich abgeschlossen. Die Waffen waren in Arsenalen sicher verwahrt. Aber bei der Übersicht, was an Waffen vorhanden ist und was an Waffen vorhanden sein soll anhand der Buchunterlagen, da stellten wir fest, dass da eine riesige Kluft war. Sehr viele ehemalige MfS-Offiziere, die den Auflösungskomitees beratend zur Seite standen, wussten in etwa, wie viele Waffen hätten da sein müssen und wie viele letztendlich abgegeben wurden. Also ein völliges Chaos der Anzahl. Und vor dieser Kluft hatten wir Angst. Vor illegalen, schwarzen Waffen. Ich bin aber sehr froh, dass davon in dieser Zeit kein Gebrauch gemacht wurde und dass dieser hohe Prozentsatz, der heute durchaus noch ähnlich sein kann, nicht zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit geführt hat.
Ich bin mir ganz sicher, dass zu DDR-Zeiten genau feststand, wie viele Waffen vorhanden sind. Den neuen politischen Kräften nach dem 18. März 1990 ist es aber leider Gottes nicht gelungen, da einigermaßen Übersicht und Klarheit über diese Komplexe zu erhalten.«
Das was allerdings zur Einlagerung bei der NVA ankommt, davon ist Eppelmann überzeugt, ist sicher: »Wir haben eine Fülle von Kriegsgerät, Waffen und Munition gehabt, nicht nur das der Nationalen Volksarmee, sondern im April ist die Gesellschaft für Sport und Technik aufgelöst worden, sind die Kampfgruppen aufgelöst worden, die alle Waffen und Munition gehabt haben. Das heißt, es ist bei uns eingesammelt worden. Wir sind dafür zuständig gewesen. Wir haben diese Waffen und die Munition nachher in Garagen gestapelt, weil wir gar nicht so viele Lagermöglichkeiten hatten, wo das untergebracht werden konnte. Offiziere haben Wache schieben müssen, weil es nicht genug Leute gab, die aufpassen konnten. Und das ist für mich so eine der mindestens anerkennenswerten, wenn nicht bewundernswerten logistischen Leistungen der Nationalen Volksarmee. Nach alledem, was ich mitbekommen habe, ich habe mir also auch da Berichte liefern lassen, hat es keine geklaute Pistole gegeben. Da ist nichts verlorengegangen.«
Über die Anzahl der Großwaffen, Panzer, Flugzeuge und der Liegenschaften gibt es verlässliche Übersichten.
»Wir hatten uns überlegt«, sagt Werner Ablaß, »wenn wir noch einige Jahre Zeit haben, dass wir selbst eine Konversionsindustrie auf bauen. Ein Konversionsgesetz war in Vorbereitung. Wir haben ge sagt, wir möchten das selbst machen, weil das den ausscheidenden Soldaten natürlich die Chance gibt, die Panzer, die sie bisher gefahren haben, dann zu zerlegen und zu verschrotten. Wir haben gedacht, das könnte ein Teil der Volkswirtschaft werden. Aber dazu kam es dann nicht mehr, das lag allerdings auch an den politischen Gegebenheiten.
Wir haben auch überlegt, was wir an unsere Warschauer Vertragspartner abgeben können, denn es gab ja Wünsche der Ungarn, der Polen, der Tschechen. Gerade die Ungarn wurden von den Sowjets sehr stiefmütterlich behandelt, was neues Material angeht. Und als dann klar war, die deutsche Einheit kommt schneller, wir sind da anfänglich noch von zwei Jahren ausgegangen, da gab es schon deutliche Signale, ob wir das nicht günstig an unsere Freunde verkaufen können. Das haben wir überlegt, haben auch Verträge vorbereitet.
Der sowjetische Ministerpräsident Ryshkow hat Lothar de Maizière eine Wunschliste übergeben, was man gern zurückhätte, was möglichst nicht in die Hände des Gegners fallen sollte. De Maizière hat mir diese Liste gegeben und mich beauftragt, dafür zu sorgen, dass wir vertragstreu sind. Ich habe dann gewisse Dinge den Sowjets quasi zurückgegeben, obwohl wir es bezahlt haben. Es ging zum Beispiel um die Chiffriertechnik, die Freund/ Feind-Kennung.«
Am 14. Juni findet in Strausberg eine turnusmäßige und lange vorher festgelegte Tagung der Verteidigungsminister der Warschauer Vertragsstaaten statt. Es ist die 25., und es wird die letzte sein. Ei gent lich soll sie zwei Tage dauern, endet jedoch vorzeitig – man hat sich wohl nicht mehr so viel zu sagen. In der anschließenden Presse konferenz antwortet der sowjetische Verteidigungsminister Jasow auf die Frage, ob es in absehbarer Zeit noch einen Warschauer Vertrag geben werde: »Ich hoffe auf jeden Fall!« Von einer Auflösung des Bundes ist zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht die Rede, wohl aber davon, einen wichtigen Verbündeten zu
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