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Die letzten Städte der Erde

Die letzten Städte der Erde

Titel: Die letzten Städte der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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habe mein Augenlicht zerstört«, hatte Mischa geantwortet. »... danach.«
    Mischa hatte niemanden gehabt, während er drei Familien besaß, Anna und ein werdendes Kind.
    Und er hatte einen Freund gehabt.
    Iljas Schnitzereien verwitterten und würden eines Tages zerbrechen, würden mit dem Alter Moskvas dahingehen. Ilja hatte nichts Bleibendes geschaffen. Noch tat das irgendein Mensch.
    Die Farben würden verblassen, und das Eis kommen; Andreij wußte das, aber er betrachtete die Farben und die Muster, die von Menschen gefertigt waren, weil er jenes andere aus seinem Herzen und seinen Augen gebrannt hatte; und er betrachtete sie weiter, weil andere ihn brauchten.
    Kälte berührte seine Wange und griff an seinen Körper, ein Gefühl tiefer Kälte, der Atem von Schneeregen und Schneeflocken. Die braune Ponystute schüttelte den Kopf und schnaubte unbehaglich.
    Was hatte Ilja gesehen? fragte er sich immer wieder. Was, wenn nicht den Wolf?
    Was hatte ihn fortgezogen?
    Schneeflocken bestäubten die schwarze Mähne des Ponys, eher kleine Sterne, von denen jeder anders war, jeder zierlich und weiß und sicherlich während des langen Alters der Erde immer wieder von neuem entstanden. Wie auch der Kummer des Menschen.
    Andreij blickte nach Norden in den Schimmer von Eis und Sonnenlicht, durchsichtig und orangefarben und rosa und golden, eine schmelzende Helligkeit.
    Nichts war dort.
    Für immer.

Nächtliche Spiele
    (ROM)
     
    Sie reichten ihm Speise und Trank. Er nahm an, obwohl er es nach seinem ganzen Kodex nicht hätte tun dürfen. Er war niemand. Mit seinem Totem und seinen Waffen hatten sie ihm den Namen geraubt, und sie hatten Ta'in getötet, sein Herz. Als Krieger der
Netang
hätte er Speise und Trank abgelehnt, die ihm von Feindeshand gereicht wurden, und wäre dabei gestorben, aber sie hatten es in ihn hineingezwungen auf der langen Reise, die ihn an diesen Ort geführt hatte, und sie hatten ihm dabei auch alles geraubt, was er war, und jetzt war er müde. Wäre er noch im Besitz seiner Waffen gewesen, so hätte er damit nie gegen Leute wie diese kämpfen können mit ihren Maschinen und ihrem spöttischen Lächeln. Er hätte sie alle getötet, wäre er dazu in der Lage gewesen, aber das wäre nur gegangen, solange er noch ein Krieger war und einen Namen getragen hatte. Jetzt saß er teilnahmslos da und wartete auf alles weitere, auch was aus ihm werden würde, mit Sicherheit etwas, das ihren Zwecken diente.
    Belat schaltete den Vid aus und lächelte den korpulenten Manager an, der in dem Schalensessel im Büro des Erdhandelszentrums saß, unmittelbar neben dem zerfallenden Hafen gelegen. »Ein
Netang
-Stammeskrieger von Phönix IV, das ist, was ich uns besorgt habe.«
    Ginar faltete die Hände auf seinem Wanst und nickte Belat dem Händler gewichtig zu. Grinste in wachsender Belustigung. »Der Tyrann wird mächtig überrascht sein. Sie gehen vor wie geplant... heute nacht?«
    »Ich habe meine üblichen Verbindungen unterrichtet«, sagte Belat, »daß ich für heute abend eine besondere Überraschung parat habe. Ich habe die Erlaubnis, die Brücke zu überqueren. Ich konnte sogar einen Funken der Begeisterung ausmachen.«
    »Eine besondere Überraschung.« Ginar kicherte wieder. Das würde es sein. »Sie werden«, sagte er, »
meinen
Namen in der Stadt nicht als Förderer dieser Sache erwähnen... falls etwas schiefgehen sollte.
Ihr
Risiko. Letztlich ist es – Ihr Risiko. Ich verschaffe Ihnen nur... die Gelegenheit.«
    Die Stadt war so alt wie die Erde, wie sie da lag in der Kälte und dem Schwund der vom Untergang gezeichneten Sonne.
    Die Ewige Stadt... – unter dem letzten ihrer zahlreichen Namen und unter der Herrschaft des jüngsten ihrer Tyrannen. Sie lag auf ihren sieben Hügeln an den Ufern ihres trägen, miasmatischen Flusses und träumte ihre Träume.
    Das war die Leidenschaft des Tyrannen und auch die aller Edlen der Stadt – Träume. Der Apparat (der vielleicht hier seinen Ursprung hatte, oder vielleicht auch auf einer der Kolonialwelten: niemand erinnerte sich daran) befand sich in dem Palast, der die Stadt beherrschte; er vermittelte den Träumen Substanz, und mit dieser Substanz tröstete er über die violetten Nächte und die bedrückenden Tage der kränklichen Sonne hinweg. Auf der Erde blieb nichts mehr zu tun, überhaupt nichts, denn die Nichtigkeiten lagen offen zutage, die Ambitionen, die Einbildungen von einem Imperium, die bedeutungslose Natur der Macht auf einer Welt, wo größere Mächte

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