Die letzten Städte der Erde
jetzt die Leere überspannten und zahlreiche Welten umfaßten, wo sogar diese Mächte Zeit genug gehabt hatten, viele Male alt zu werden und zu verfallen. Die Erde hatte alles miterlebt. Die Ewige Stadt hatte solche Epochen vorübergehen sehen... zu oft, um sich durch das Ausüben von Macht oder das Streben nach einem Imperium zu belustigen. Ihr waren keine Hoffnungen geblieben, die sie bloß alt war, während auch die Sonne alterte und der Mond groß und blaß am Himmel hing, grell beleuchtet durch den Schein der kränklichen Sonne. Die Erde und die Stadt konnten keinen Ambitionen mehr nachhängen. Ambitionen waren etwas für jüngere Welten. Für die Stadt existierte nur noch das Vergnügen.
Und das Träumen.
Eine köstliche Dekadenz waren die Träume; in denen sich manche verloren und die Rückkehr nicht mehr schafften; Träume, die durch die seltsame Macht der Maschine zu wirklich werden konnten und bei denjenigen, die zu tief in ihre Macht stürzten, wirkliche Konsequenzen am fleischlichen Körper zeitigten.
Die Tage der Ewigen Stadt brachten weltliche Beschäftigungen für diejenigen, die erwachten... die Beaufsichtigung der dummen Hilfsarbeiter, die sich in den tiefen Katakomben der Stadt abplagten. Die Sonne war furchterregend, und die meiste Zeit des Tages regte sich die Stadt nur unter der Erde, in den weitreichenden Windungen der Tunnels, wo Pilze wuchsen und blinde Fische lebten und man Hefe fand und andere solche Sachen; und morgens und abends, wenn die Sonne freundlicher war, kümmerten sich die Arbeiter um die Feldfrüchte, die immer noch an den Ufern des trägen Flusses wuchsen. Solche Menschen wählten die Arbeit, nicht den Traum, und sie arbeiteten unter den furchterregenden Grausamkeiten ihrer Herren. Der Tag gehörte ihnen und den geringeren Edlen, deren langweilige Pflicht in ihrer Beaufsichtigung bestand, in der Buchführung und dem Abschluß von Geschäften mit den wenigen Schiffen, die vielleicht zufällig den Hafen am anderen Ufer anliefen. Die Stadt hatte einige weltliche Anliegen, und so gab es Arbeit, nicht, weil es sein mußte, sondern weil manche Menschen wußten, daß sie zu Opfern bestimmt waren, weniger einfallsreich, weniger wild, und sich so zu Lasttieren machten, denn Tiere plagten sich ihren Anteil ab und erwarben sich so Nahrung und Leben. So sahen die Tage der Stadt aus.
Aber die Nächte, die violetten Nächte – dann versanken oben auf dem Palastberg die feinfühligen Träumer in den bunten Perversionen, den unheimlichen Vergnügungen, der Vergangenheit der Stadt, die sie einst gewesen war, lange schon zerfallene Reiche der Vergangenheit, die hätten sein können; der wirklichen Zukunft und der Zukunft, die niemals sein konnte.
Die Stadt exportierte auch Träume. Das allein reichte schon für den Unterhalt der Edlen, der glitzernden Menge, die dem Tyrannen aufwartete. Sie träumten; und wenn es ihnen gefiel, verkauften sie diese Träume, Bandaufzeichnungen von einem Geschmack und einer Natur, die allein die verbrauchten Traumreisenden der dekadenten Ersten Kolonien des Gliedes noch befriedigen konnten (dort, wo jedes Gesetz schon lange verschwunden war), oder den verbotenen Handel auf jüngeren Welten anderswo. Diese Träume waren ein Erzeugnis von einzigartigem Charakter in der Palette der teuren Laster... – teuer deshalb, weil sie von der Erde kamen, die weit entfernt von den wichtigen Welten lag; weil sie selten waren (denn nur gelegentlich gab der Tyrann seine Einwilligung); und obendrein, weil sie mit Leben erkauft waren.
Der Hafen der Stadt blieb allein für diesen Handel geöffnet, der die bloßen Nahrungsmittel und Getränke und kostbaren Gegenstände einbrachte, wodurch die Edlen der Stadt wohlwollend gesinnt und feudal ausgestattet blieben – und seltener auch jenes Preisopfer, das die eisernen Tore des siebten Hügels öffnen und ein Band sicherstellen konnte, ein Band von solchem Spaß, daß es Wohlstand von allen Sternen einbrachte und alle Hände bereicherte, durch die es ging.
Daher Ginar, der in Reichtum lebte in seinem Herrenhaus am Hafen, wo ihm zahllose Diener aufwarteten, die den Dienst an Ginar bequemer fanden als die Plackerei für die Herren der Stadt, der in dem Luxus von Gütern schwelgte, die er diesen Herren abknöpfte und die sie kaum vermißten. Der Vorsitz bei einem derartigen Posten mußte einen Ausgleich in physischem Luxus bieten, denn er bedeutete das Exil von allen zivilisierten Welten, den jungen Welten, wo das Leben stattfand, und
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