Die letzten Städte der Erde
der Sonne hervor, deren Licht ihn umfloß, und erzeugte Lichtstrahlen, wo seine Hufe die Schneewehen berührten. Sein Reiter glich einer Vision, wie sich sein Haar bewegte und wie er die Hand hob, als das Pony stehenblieb – ein schönes kaltes Gesicht, das einmal Iljas gewesen war, das Haar im Wind flatternd, und die Augen – die Augen im Licht opalen Goldes strahlend, wie Lampen, die sein leuchtendes Gesicht dunkel erscheinen ließen.
»Komm«, flüsterte Ilja, »o mein Freund!«
Andreij drehte sich um und floh, machte ein Wettrennen mit der weichenden Nacht, floh mit weiteren Schatten, stieg auf die Winde hinauf, nackt und allein. Er überquerte die Flüsse und erspähte die Brücke, sah Moskva das Eis mit seinen hölzernen Wällen umfassen und die Reinheit der Welt mit seinen dunklen Gebäuden beschmutzen. Er fand das offene Tor und huschte hinein, glitt über die vielbegangene Straße, entdeckte die winzigste Ritze in der Wand des Hauses und fand durch sie Zutritt in die Wärme und die Stille, im Dachgeschoß, wo er ruhte, gefangen wie zuvor.
Er erwachte und drehte den Kopf zur Seite, sah, daß der Platz neben ihm leer war.
»Ilja!«
schrie er und weckte damit das ganze Haus.
Sie fanden ihn am Tor, in der Ecke des Zaunes um den vorderen Hof, teilweise bedeckt durch den treibenden Schnee, erstarrt, mit winzigen Eiskristallen, die an Kleidern und Gesicht hingen... kein schrecklicher Anblick wie bei manchen Toten, die der Kälte erlegen waren, sondern eher wie einer, der in einen schönen Traum blickte und lächelte. Andreij berührte sein Gesicht, während Anna ihn festhielt, vergoß dabei Tränen, die das Eis auf seinen Wangen zum Schmelzen brachten. Und plötzlich sprang er auf in seinem Schmerz und lief zum Stall, während die anderen hinter ihm herriefen.
Dort lag Umnik, völlig steif und tot. Das andere Pony blickte ihn vorwurfsvoll an, und die Ziegen meckerten, und er wandte sich ab und kehrte zu den anderen zurück, nahm Anna in die Arme.
Es dauerte nun nicht mehr lange, bis der Frühling kam; die Winde wechselten und der Schnee wich zurück und die Flüsse ächzten unter brechendem Eis.
Andreij ritt auf dem anderen Pony über den zertrampelten, schmutzigen Schneematsch, dem Braunen, jüngeren, ein Tier, das nie sein würde, was Umnik gewesen war. Die Schneewehen in der Stadt gaben ihren Griff um die weißen windgeschüttelten Säulen auf, die einst Statuen gewesen waren, legten kleine mitleiderregende Entdeckungen frei, kleine Tiere, die im Verlauf des Winters erfroren waren; und nahe dem Ufer der Moskva fand man eine alte Frau, aber solche Tragödien kamen mit jedem Winter, während es jetzt Frühling wurde und sich das Weiß zurückzog.
Andreij durchritt das Tor, ritt über die Brücke und verzichtete auf das Anlegen der Augenschirme, während er dahinritt. Er trug einen neuen Bogen und einen neuen Köcher bei sich – die alten, die Iljas tote Hände gehalten hatten, schienen ihm mit Unglück behaftet –, und er ritt hinaus, den Saum des sich zurückziehenden Waldes entlang, wo die Bäume ihre Schneelasten abwarfen und die Spuren von Rotwild zu sehen waren.
Er und Anna hatten schon vor dem Eintreffen des Frühlings ihr gemeinsames Leben begonnen; er trug das, was sie gestickt hatte, und sie schwoll an mit ihrem Kind, und die dumpfe Narbe des vergangenen Winters schien jetzt erträglich. Er hatte dem alten Zauberer ein Geschenk gemacht, Mischa, der jetzt einen weiteren Winter überlebt hatte – zwei fette Hasen als Bezahlung für die Wahrheit, die ihm vermittelt worden war und über die er keinen Groll empfand.
Die Hufe des braunen Ponys zerdrückten schmelzenden Schnee und zerbrachen das Eis, und die Sonne glitzerte darauf, jedoch war der Tag immer noch bedeckt. Er beschirmte die Augen mit der behandschuhten Hand und blickte hinauf zu den dahintreibenden grauen Wolken, erschauerte wenig später, als die Wolke quer über die Sonne trieb, und die Luft vermittelte einen Eindruck von Kälte.
Es gab nur noch gewöhnliche Tage, für alle Zeiten. Er sah die Stellen in Moskva, wo die Malereien abblätterten, sah Sprünge in den Bildern Moskvas. Die Muster, die Anna für seine Kleidung entwarf, wirkten knallig und weit weniger lieblich als früher einmal. Er hatte ein einziges Mal Schönheit erblickt, hatte auf sie angelegt und sie verwundet.
Jetzt sah er die Wahrheit.
»War es dein Augenlicht, was du dem Wolf gegeben hast?« hatte er Mischa schließlich gefragt. »Oder war es die Hand?«
»Ich
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