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Die letzten Städte der Erde

Die letzten Städte der Erde

Titel: Die letzten Städte der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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Überraschung für Seine Majestät Elio DCCLII, eine, die vielleicht einen zweifachen Dienst leistete. Belats Atem war nicht nur wegen seiner Last kurz, und seine Haut hatte eine eisige Klammheit angenommen; er grinste, eine Grimasse, die sein Keuchen umrahmte – denn es war der Tyrann, der den Brennpunkt für die Träume bildete, der sie führte... – der starb, wenn etwas schiefging.
    Einerseits war es Rache für die Schrecken, die er erlitten hatte; am meisten aber war es – wegen des neuen Tyrannen, mit dem man Handel treiben konnte, einen, den man leichter handhaben konnte, wodurch Belat sein Posten erhalten blieb. Keine Drohungen mehr. Keine weiteren Demütigungen mehr. Man fand hier keine weiteren Talente mehr, wie Elio eines war – oder die früheren Mordanschläge hätten Erfolg gehabt. Ein fügsamer Tyrann – das war den Preis und das Risiko wert.
    Oder anderenfalls...
Dankbarkeit
, wenn dieses Wort hier überhaupt gebräuchlich wäre. Vergnügen, eine Jagd, die der Tyrann sehr genießen würde. Und nach einer weiteren fragen, und wieder einer, bis er starb.
    In jedem Fall ein Traum von besonderem Geschmack, ein einzigartiger Preis, den er allein gewann. Ein köstlicher Mord, dieser
Netang
mit seiner Wildheit unter diesen Jägern, primitive Unschuld, losgelassen zwischen den abgestumpften Geistern der ältesten Stadt der Menschheit...
    Oder der Tod eines Tyrannen dieser Stadt mit ihrem ganzen empfindsamen Leid, denn wenn Elio zögerte, würden sich alle auf ihn stürzen, alle.
    Und die Geräte würden es für Belat einfangen.
    Kein Kampf fand statt, wie schon die ganze Zeit. Sie trugen ihn, wohin sie wollten, um zu tun, was sie wollten. Er weinte in seinem engen Gefängnis... – kein heftiges Weinen, nur ein hilfloser Tränenfluß die Wange hinab, aber sein Körper war gelähmt, und er konnte die Tränen nicht wegwischen. Es beschämte ihn, aber er hatte schon so manche Schande erlitten, seit er seinen Namen und sich selbst verloren hatte.
    Er spürte Bewegungen, wußte daher, daß er getragen wurde, hatte wahrgenommen, daß sie in der Nähe von Wasser gewesen waren, an einem geschlossenen echowerfenden Ort, daß sie geklettert waren... – vielleicht, um ihn in den Tod zu werfen, aber das schien ihm eine geringe Tat nach all den anderen. Jetzt hörte er Echos wie in einer großen Höhle... roch das dicke Aroma von Moder und von Blumen, wo zuvor die Luft während des Anstiegs kalt und sauber gewesen war.
    Vielleicht war er bereits tot. Er war sich nicht mehr sicher.
    Belat verbeugte sich und lächelte den großen Tyrannen an, der auf dem Lotosthron lümmelte im innersten Gemach der Steinblumen. Der ganze Hof umgab ihn in phantastischer Aufmachung mit bemalter Haut und schwarz umrahmten Augen, mit nickenden Federn und dünnen Gazegewändern... wie lebendige Blumen rings um die steinernen Lotosstengel und die goldenen Fische.
    Der Knabentyrann bewegte die Finger, und auf den juwelenbesetzten Nägeln blitzten Amethyste. Die Wächter stellten den Sarg vor ihm auf den Boden, öffneten ihn und legten den braunen reglosen Körper darin frei. Ein Flüstern des Mißfallens erhob sich, Enttäuschung, aber die Augen des Stammeskriegers gingen auf und funkelten, und ein erwartungsvolles Kichern lief durch den Raum. Elio beugte sich auf seinem Thron vor, einen Ellbogen auf eine wie ein Lilienblatt geformte Armlehne gestützt, das Kinn auf die Faust gelegt. Seine mit Amethyststaub bedeckten Lider blinzelten; die rougebedeckten Lippen verzogen sich zu einem Lächeln; und Belat, der vor Angst ganz starr geworden war, entspannte sich und lächelte ebenfalls. Der Tyrann warf ihm einen kurzen Blick zu, wie er ihn schon kannte, und das Lächeln erstarrte.
    »Die Übereinkunft, Majestät.«
»Beeilen Sie sich!« forderte der Junge.
    Belat beeilte sich, suchte sich eine Ecke aus, die die von Verachtung erfüllten Herren und Damen ihm überließen, stellte dort seinen Recorder auf, wobei seine Hände vor Eifer bebten. Er nahm an den Träumen nicht teil – sondern beobachtete nur.
    Als er die wenigen Einstellungen vorgenommen hatte, stellte er mit fiebriger Hast sicher, daß er selbst abgeschirmt war, indem er sich ein Stimulans in die Blutbahn injizierte, das ihn so lang wie möglich wachhalten würde. Er beobachtete. Wenn er sich überhaupt in die Träume begab, dann als bloßer Zuschauer aus der Ferne: er selbst war kein Süchtiger. Er bewahrte diese Absonderung, wie er sein Leben schätzte, denn die Traumreisenden waren

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