Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzten Städte der Erde

Die letzten Städte der Erde

Titel: Die letzten Städte der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
Vom Netzwerk:
nicht ohne Humor.
    Elio lächelte, die Augen zwischen den Amethystlidern fest auf seine Beute gerichtet. Weitere Herren und Damen versammelten sich dicht um ihn, ein Reigen aus bemalten Gesichtern, darauf bedacht, den Stammeskrieger in seinem Sarg anzustarren und den Anblick zu genießen.
    Der Knabentyrann winkte einmal mit der Hand: In der Kuppel wurden die Lampen matter. Ein zweiter Wink: Der Apparat schaltete sich ein.
    Er stand. Er konnte sich wieder bewegen, und diese plötzliche Freiheit versetzte ihm einen Schock. Er stand knietief und nackt in einem fauligen Sumpf. Die Welt war flach, und die Sonne schaffte es kaum, ein düsteres Dämmerlicht zu liefern.
    »Das ist das Ende der Welt«, flüsterte eine Stimme in ihm. »Wo alles Land abgetragen ist. Es ist alt.«
    Ein Vogel schwebte vor der blassen Sonnenscheibe und beobachtete ihn. Er versuchte zu gehen, aber nirgendwo war ein Ziel zu erkennen, denn der Sumpf erstreckte sich in alle Richtungen, soweit das Auge reichte, und er vermochte sich nicht daran zu erinnern, wie er dorthin gekommen war. Die Ebenheit der Landschaft war unheimlich. Er ging auf die Sonne zu, da sie das einzige Ziel auf der ganzen Welt war, marschierte, bis er müde wurde, und blieb dann stehen, immer noch knietief im Wasser.
    Etwas strich an seinem Knöchel entlang. Er fuhr zusammen und blickte nach unten. Eine Schlange mit Amethystschuppen, hell leuchtend in dieser braunen Umgebung, wand sich um seine Wade und hob den Kopf zu seinem Oberschenkel – starrte ihn mit klugen und wissenden Augen an.
    »Ich bin jung«, sagte sie.
    Nein
, dachte er, wies solchen Wahnsinn zurück, und auf einmal war sie ein braunes Stück Unkraut.
    Er stand in einer Höhle, wo Wasser in der Dunkelheit tropfte. Er machte ein paar Schritte, und seine Schritte warfen Echos in der weiten Finsternis. Die Kälte biß in sein Fleisch. Eine Wasserfläche lag vor seinen Füßen, und darin hingen leuchtende Fische, und auf der Wand spann ein Wurm ein leuchtendes Netz.
    »Das ist das Herz der Welt«, flüsterte die Stimme. »Und es ist hohl.«
    Wasser tropfte, platschte herab, erzeugte klingende Echos. Etwas bewegte sich, atmete, kam auf ihn zu, schleppte eine gewaltige Masse über die Steine, rumpelte und scharrte im Dunklen.
    »Ich habe kein Herz«, sagte es.
    Nein
, dachte er wieder, aber er wollte nicht weglaufen, und Licht brach rings um ihn aus, weiß und blendend.
    Er stand auf dem Gipfel eines Berges, der höher war als alle Berge, und er stand im Schnee, umgeben von Bergesgipfeln, die über die Wolken hinausragten. Und die Sonne wurde rot und befleckte das Weiß mit Blut. Der Vogel war wieder da, ein Tintenklecks, der auf rudernden Schwingen vor dem Sturm flog, der ihn dort unten an den nackten Gliedern schüttelte und ihm das Haar in die Augen fegte. Die Winde wurden warm. Er sah sich um, und eine Mattigkeit stahl sich in ihn.
    »Das ist der Gipfel der Welt«, flüsterte die Stimme. »Der Himmel ist diesem Ort sehr nahe.«
    Die Wärme nahm zu und schmolz die Schneewehen, und eine Frau lag nackt im Schnee. Sie hatte violette Lider und schien zu schlafen, aber dann öffneten sich plötzlich ihre Augen.
    Nein
, dachte er sofort, denn er traute hier nichts und niemandem. Die Lippen der Frau öffneten sich zu einem Lachen; und die Schläferin wurde zu einem grinsenden Schädel, zu einem Tier, wurde zu Frau und Mann und Göttin und Gott, wurde eine Maschine, die in der Gestalt eines Menschen wandelte, und ein Dämon, der sich schließlich wieder in die Schlange verwandelte und vor ihm tanzte, die Kapuze ausgebreitet, mit der Zunge zuckend, mit violetten Schuppen auf dem rötlichen Schnee.
    »Ich bin das Verlangen«, zischte sie. In den Wolken über dem Gipfel erhoben sich Türme und formten sich zu etwas, das er als Stadt erkannte, und die Zeit floß zurück in uralte Vergangenheit, zu Kriegen und Armeen und Eroberungen, zu Schrecken und der Größe der alten Könige. All das wurde ihm dargeboten, und die ganze Zeit schwebte der schwarze Vogel auf den Winden. Weiße Tiere hatten sich versammelt, und ein schwaches, bedrohliches Gelächter erhob sich.
    »Lauf weg!«
verspotteten sie ihn. Er versuchte stehenzubleiben, aber er war ein Tier mit Hufen und dazu gedacht, ihre Beute zu werden. Er warf sich auf schlanken Beinen herum, streckte sie aus und rannte los, und sie heulten hinter ihm her über den Schnee hinweg und zwischen den Felsen. Er rutschte aus auf Eis, fing sich wieder und lief weiter, bis ihm das Herz fast

Weitere Kostenlose Bücher