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Die letzten Städte der Erde

Die letzten Städte der Erde

Titel: Die letzten Städte der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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uns
gelangweilt
, Traumdieb. Sie haben unsere Hoffnungen erweckt und sie dann nicht erfüllen können, und sind nicht noch andere Verkäufer unserer Vergnügungen zu finden, die Ihren Platz fähiger auszufüllen in der Lage sind? Schiffe würden weiterhin in unserem Hafen verkehren. Der Makler wäre weiterhin da. Und vielleicht wäre der nächste Händler vorsichtiger... – das könnte doch sein, nicht? Sie haben uns
gelangweilt
. So lange haben wir auf das gewartet, was Sie uns versprochen haben, und es hat versagt. Wir ließen Sie einmal gehen. Diesmal nicht.«
    Belat schwitzte, widerstand aber der Versuchung, sich über das Gesicht zu wischen, es einzugestehen. Der Untergang lag auf einer Seite. Auf der anderen... »Sie werden mein Geschenk annehmen«, flüsterte er. »Es geht auf meine Kosten, Majestät. Und wenn es recht ist... nehme ich das Band mit.«

    »Ich nehme an«, sagte der Junge unheimlich sanft. »Und erlaube Ihnen, Ihr Band zu machen. Aber, Belat, diesmal gibt es keine Vergebung. Wir werden
Sie
jagen, wenn uns dieses Geschenk kein Vergnügen bereitet.«
    Belat erschauerte, starrte in die jungenhaften Augen, empfand Haß und erstickte ihn gleich, gab sich große Mühe zu lächeln. »Ich bin zuversichtlich«, sagte er. »Würde ich das Risiko eingehen, noch einmal herzukommen – wenn ich keinen Grund dazu hätte?«
    Der Blick seines Gegenübers wurde argwöhnisch, ein ganz klein wenig Argwohn, der schnell wieder entfloh, und die kindliche Hand gab ihm den Wink zu verschwinden. Belat verstand das Zeichen, nahm sein Leben und seinen Verstand in beide Hände und verließ mit samtweichen Schritten die Halle der Lotosstengel – ging den langen Weg nach unten, vorbei an der Neugier in den Augen des Wächters und die Neugier selbst war in der Ewigen Stadt ein Gut von größerem Wert als Gold.
    Die Sonne kletterte höher, und draußen versank die Stadt in den Grabungen des hellen Tages, der Lotospalast jedoch in seinem täglichen Schweigen. Elio badete, blieb lange untergetaucht in einer goldenen Wanne, die nur etwas stärker leuchtete als die darin zusammengerollten Glieder, schlangengeschmeidig und schlank. Er ging durch die kalten Gänge mit ihren Liliensäulen und starrte ruhelos zum einzigen nicht abgeschirmten Ausguck des Palastes hinaus auf das ruinenbedeckte Tal zu Füßen des Hügels, auf die Katakomben, vom Glanz der schrecklichen Strahlungen des Tagesgestirns bedeckt, und hinter ihm beobachteten die geringeren Herren, die ihm dienten, seine Verrücktheit unter trägen Lidern hervor, hofften, daß er irgend etwas Bizarres tun würde. Aber er bekam keinen Sonnenstich und sprang auch nicht in den Tod, wie es vier Tyrannen vor ihm getan hatten, als sie sich nicht mehr hatten amüsieren können. Und Elio widmete den Dienern einen Blick, der allein schon einen hochgeschätzten Kitzel des Schreckens vermittelte... in der Erinnerung, daß zur Linderung des Schmerzes der letzten gescheiterten Jagd – ein geringerer Herr im Spiel unter seiner Hand gefallen war, ein wahrhaft seltener Spaß.
    Aber er ging mit diesem tödlichen Blick über sie hinweg und ging weiter, versunken in seinen Erwartungen, oft geweckt und immer enttäuscht.
    Das Töten verlief immer zu schnell. Und er kannte das Geflüster, das besagte, eine Kraft wie die seine brenne sich stets selbst aus, wüchse stetig nach innen, fände keine Herausforderungen mehr, bis letztlich überhaupt nichts mehr dazu angetan war, eine Regung in ihm wachzurufen.
    Er hegte Vorstellungen. Ein solches Talent war nur selten zu finden. Er befand sich im Griff der Krankheit, die die Talentierten befiel, die brillanten Träumer, die keine Herausforderungen mehr entdeckten. Mit zwölfen sah er einen nicht mehr fernen Tag voraus, an dem sein eigener Tod ihm als einziger noch nicht probierter Nervenkitzel erscheinen würde. Er kannte die Hallen, jeden Lotosstengel, jeden aufgeschreckten goldenen Fisch. Er kannte die Herren und Damen, erkannte sie nicht nur an den Gesichtern, sondern sogar den Seelen, saugte all ihre Vergnügungen auf, wurde von ihnen genährt, gedieh an ihren dunklen Phantasien und langweilte sich.
    Er kostete den Tod von Opfern und fand sogar das ermüdend.
    Er wurde dünn, denn er schritt tagsüber stets durch die Hallen und erschöpfte seinen Körper in nächtlichen Träumen.
    Er terrorisierte gefangene Arbeiter, aber auch dieser Tagessport wurde blaß, denn an Träumen gab es mehr, Träume gingen tiefer und waren bunter, erlegten der Phantasie

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