Die letzten Tage von Pompeji
wahnsinnig,« sprach sie, während der Rauch aus dem zischenden Kessel stieg; »wenn die Kinnlade herabsinkt und die Zähne ausfallen und das Herz kaum mehr schlägt, dann ist es nichts besonderes um den Wahnsinn; aber wenn,« fügte sie mit wildem und frohlockendem Grinsen hinzu, »wenn die Jungen, Schönen und Starken plötzlich vom Wahnsinn befallen werden – ha, das ist schrecklich! Brenne Flamme, koche Kraut, brate Kröte – ich habe ihn verflucht und er soll verflucht sein!«
In derselben Nacht und in derselben Stunde, in welcher die dunkle und unheilige Unterredung zwischen Arbaces und der Saga stattfand, wurde Apäcides getauft.
Elftes Kapitel.
Die Ereignisse schreiten vor – Das Complott gewinnt an Ausdehnung – Das Gewebe ist fertig, aber das Netze geht in andere Hände über.
»Und hast Du also den Muth, Julia, heute Abend die Hexe des Vesuvs, und dazu in Begleitung jenes fürchterlichen Mannes zu besuchen?«
»Wie so, Nydia?« erwiderte Julia ängstlich; »glaubst Du in der That, es sei etwas dabei zu fürchten? Diese alten Hexen mit ihren Zauberspiegeln, ihren Sieben und ihrem im Mondschein gesammelten Kräutern, sind, glaube ich, nur schlaue Betrügerinnen, die vielleicht nichts gelernt haben, als die Verfertigung des Liebestranks, um den ich mich an ihre Kunst wende, und die sie der Kenntnis der Kräuter und Gewächse des Feldes verdanken. Weshalb sollte ich mich fürchten?«
»Fürchtest Du Deinen Begleiter nicht?«
»Wie, den Arbaces? Ich sah, bei der Diana! nie einen so höflichen Liebhaber, als diesen Zauberer und wäre seine Farbe nicht so dunkel, würde er sogar hübsch sein.«
Bei all ihrer Blindheit war Nydia scharfsinnig genug, um zu bemerken, daß Julia's Geist durch die Galanterien des Arbaces sich nicht wohl in Schrecken jagen lasse. Sie rieth ihr deshalb nicht länger ab, hegte aber in ihrem aufgeregten Herzen den wilden und immer heftigeren Wunsch, zu erfahren, ob es wirklich ein Zaubermittel gebe, um Liebe an Liebe zu fesseln.
»Laß mich mit Dir gehen edle Julia,« bat sie endlich; »meine Begleitung ist zwar kein Schutz, aber ich möchte gern bei Dir sein, bis die Sache vorüber ist.«
»Dein Anerbieten gefällt mir sehr,« antwortete die Tochter des Diomed, »aber wie kannst Du es ausführen? – wir können erst spät zurückkehren – man wird Dich vermissen.«
»Ione ist nachsichtig,« antwortete Nydia. »Wenn Du mir erlauben willst, unter Deinem Dache zu schlafen, so will ich sagen, Du, eine frühere Gönnerin und Freundin, habest mich eingeladen, den Tag bei Dir zu verbringen und Dir thessalische Lieder zu singen; ihre Höflichkeit wird Dir eine so kleine Gunst leicht gewähren.«
»Nein, bitte Du für Dich selbst,« sagte die hochmüthige Julia, »ich beuge mich nicht herab, die Neapolitanerin um eine Gunst anzusprechen.«
»Gut, sei es so; ich will Dich jetzt verlassen, meine Bitte vorbringen, die mir zuversichtlich gewährt wird, und bald wieder zurückkehren.«
»Thu' das und Dein Bett soll in meinem eigenen Zimmer bereitet werden.«
Hierauf verließ Nydia die schöne Pompejanerin.
Auf ihrem Rückweg zu Ione begegnete sie dem Wagen des Glaukus, dessen muthige, bäumende Rosse die Bewunderung der ganzen vollgedrängten Straße fesselten.
Freundlich hielt er einen Augenblick an, um mit den Blumenmädchen zu sprechen.
»Du blühst ja wie Deine Rosen, meine niedliche Nydia, und wie befindet sich Deine schöne Gebieterin? – hoffentlich wieder erholt von den Folgen des Gewitters?«
»Ich habe sie heute Morgen noch nicht gesprochen,« antwortete Nydia, »aber –«
»Aber was? tritt ein wenig zurück – Du bist zu nahe bei den Pferden.«
»Aber glaubst Du, Ione werde mir erlauben, den heutigen Tag bei Julia, der Tochter Diomeds, zuzubringen? Sie wünscht es und war stets gütig gegen mich, als ich noch wenige Freunde hatte.«
»Mögen die Götter Dein dankbares Herz segnen! ich will die Erlaubnis auf mich nehmen.«
»Darf ich auch die Nacht dort bleiben und erst morgen zurückkehren?« fragte Nydia, vor dem Lobe zurückbebend, das sie so wenig verdiente.
»Wie es Dir und der schönen Julia beliebt. Empfiehl mich ihr; – und halt, Nydia, wenn Du sie sprechen hörst, so merke Dir den Unterschied ihrer Stimme gegen die Silbertöne Ione's. Vale! «
Seine Lebensgeister gänzlich erholt von den Ereignissen der vergangenen Nacht – seine Locken im Wind wehend – sein elastisches Herz freudig aufschlagend bei jedem Sprung seiner parthischen Rosse, – ein
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