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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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Julia, ich kenne Deinen Namen und Stand, komm! vertraue Dich mir an, schöne Nebenbuhlerin der jüngsten der Najaden!«
    Die eitle Julia war, wie wir bereits gesehen, nicht leicht zu erschrecken; die Schmeichelei des Arbaces verfehlte ihres Eindruckes nicht und gerne willigte sie ein, Nydia bis zu ihrer Rückkehr hier warten zu lassen; diese selbst aber drängte sich keineswegs auf. Sobald sie nämlich die Stimme des Egypters vernahm, schien ihr all der Schrecken, den sie vor ihm empfand, in die Seele zurückzukehren, und sie war deshalb nur erfreut zu hören, daß sie nicht mit ihm zu gehen habe. Sie begab sich nach dem Hause zurück und wartete in einem der Dienstbotenzimmer auf die Rückkehr des Arbaces und der Julia. Vielfach und bitter waren die Gedanken dieses armen Mädchens, während sie in ihrer ewigen Finsternis dasaß. Sie dachte an ihr eigenes, trauriges Loos, ferne von dem Lande ihrer Geburt, ferne von der sanften Pflege, die einst die Frühlingsschauer ihrer Kindheit sänftigte, des Tageslichtes beraubt, nur Fremde zu Führer ihrer Schritte – elend durch das einzige sanfte Gefühl ihres Herzens – liebend, aber ohne Hoffnung, ausgenommen den matten und unheiligen Strahl, der ihr Gemüth durchzuckte, als ihre thessalische Phantasie über die Kraft der Liebeszauber und die Gaben der Magie nachdachte!
    Die Natur hatte in das Herz dieses armen Mädchens Samen von Tugenden ausgesäet, die nie zu reifen bestimmt waren; die Lehren des Unglücks sind nicht immer heilsam; bisweilen mildern und bessern sie, aber eben so oft verhärten und verkehren sie nur. Wenn wir uns vom Schicksal rauher behandelt sehen, als unsere Umgebung und in unserem eigenen Thun einen gerechten Grund für diese Strenge nicht erkennen, so werden wir nur zu geneigt, die Welt für unsere Feindin zu halten, uns in Trotz zu hüllen, gegen unser milderes Selbst anzukämpfen, und uns den dunkleren Leidenschaften hinzugeben, die durch das Gefühl erlittenen Unrechts so leicht in Gährung kommen. Die von Natur in Nydia's Brust so reichlich wohnenden Gefühle der Milde und Freundlichkeit waren dadurch, daß man sie frühe in die Sklaverei verkaufte, einem schmutzigen Zuchtmeister preisgab, und daß sich endlich ihre Lage nur änderte, um ihr Loos noch mehr zu verbittern, erstickt und vernichtet. Ihr Gefühl für Recht und Unrecht wurde durch eine Leidenschaft verwirrt, der sie sich so thörichterweise hingegeben, und dieselben glühenden und tragischen Regungen, die wir bei den Frauen der klassischen Zeit, einer Myrrha, einer Medea finden – Regungen, die die ganze einmal der Liebe hingegebene Seele gewaltsam fortrissen – herrschten und tobten in ihrer Brust.
    Die Zeit verging; endlich trat ein leichter Schritt in das Gemach, wo Nydia sich noch immer ihren düsteren Betrachtungen überließ.
    »Oh, Dank sei den unsterblichen Göttern!« sagte Julia, »ich bin zurück, ich habe jene fürchterliche Höhle verlassen; komm Nydia, wir wollen sogleich weiter.«
    Erst als sie in der Sänfte waren, sprach Julia wieder.
    »Oh,« rief sie zitternd, »welch eine Scene, welch fürchterliche Zauberformeln und das Leichengesicht der Hexe! Aber reden wir nicht davon. Ich habe den Trank erhalten – sie steht mir für die Wirkung. Meine Nebenbuhlerin wird seinem Aug' sofort gleichgültig werden und ich, ich allein werde der Abgott des Glaukus sein!«
    »Glaukus,« rief Nydia.
    »Ja, Mädchen, ich sagte Dir zwar anfänglich, es sei nicht der Athener, den ich liebe – aber ich sehe nun, daß ich Dir vollkommen trauen darf – es ist der schöne Grieche!«
    Was waren nunmehr Nydia's Gefühle! sie hatte zugelassen, ja sogar mitgewirkt, Glaukus von Ione abzuziehen; aber nur, um mit der ganzen Kraft der Magie seine Liebe, noch hoffnungsloser für sie, auf eine Andere überzutragen. Ihr schwellendes Herz war dem Ersticken nahe, sie schnappte nach Luft; in der dunklen Sänfte aber bemerkte Julia die Aufregung ihrer Begleiterin nicht, sondern schwatzte mit rascher Zunge ein Weites und Breites über die versprochene Wirkung ihres erworbenen Schatzes und ihren bevorstehenden Triumph über Ione, indem sie von Zeit zu Zeit plötzlich zu den Schrecken des eben verlassenen Schauplatzes, zu der regungslosen Miene des Arbaces und seiner Gewalt über die fürchterliche Saga abschweifte.
    Unterdessen gewann Nydia die Herrschaft über sich selbst wieder; ein Gedanke durchzuckte sie; sie sollte im Zimmer Julia's schlafen – konnte sie sich des Trankes nicht bemächtigen?
    Sie

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