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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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schlau gerathen?«
    »Dafür sollst Du zwanzig Jahre länger leben,« entgegnete Arbaces, »ich will von Neuem die Epoche Deines Schicksals ins Angesicht der blassen Sterne schreiben – Du sollst dem Herrn des brennenden Sinnes nicht umsonst dienen. Und hier, Saga, mit diesen goldenen Werkzeugen grabe Dir eine wärmere Zelle in dieser traurigen Höhle – ein einziger mir erwiesener Dienst soll Dir mehr eintragen, als tausend Prophezeihungen, die Du den staunenden Bauern aus Sieb und Schere verkündest.«
    Mit diesen Worten warf er eine schwere Börse auf den Boden, die den Ohren der Hexe nicht unmusikalisch erklang; denn wenn die Alte auch die Bequemlichkeiten des Lebens verschmähte, so fand sie doch Wonne in dem Bewußtsein, die Mittel zu deren Erwerbung zu besitzen.
    »Lebewohl,« sagte Arbaces, »laß es nicht fehlen; überwache die Sterne, während Du Deinen Trank bereitest. – Du wirst die erste sein unter Deinen Schwestern am Wallnußbaum, [Fußnote: Das aus dem ältesten Zeiten der berühmte Stelldichein der Hexen bei Benevent. Die geflügelte dabei befindliche Schlange, lange ein Gegenstand abgöttischer Verehrung in jener Gegend, erhielt wahrscheinlich ihre Weihe durch egyptischen Aberglauben. ] wenn Du ihnen sagst, Hermes, der Egypter, sei Dein Gönner und Freund. Morgen Nacht sehen wir uns wieder.«
    Er verzweifelte nicht länger, um das Lebewohl oder die Danksagungen der Hexe anzuhören, sondern trat mit raschem Schritte in die mondhelle Luft hinaus und eilte den Berg hinab.
    Die Hexe, die ihm bis zur Schwelle gefolgt war, stund lang am Eingang der Höhle, seiner entweichenden Gestalt starr nachschauend; und wie das bleiche Mondlicht auf ihre hageren Formen und ihr todtenähnliches, aus den schrecklichen Felsen hervorragendes Gesicht niederströmte, da schien es, als sei in der That ein Wesen, das übernatürliche Zauberkraft besitze, dem finstern Orkus entwichen und das vorderste Glied der Geisterschaar stehe an seinen schwarzen Thoren, und fordere vergebens den Flüchtling zur Rückkehr auf, oder seufze fruchtlos, mit ihm ziehen zu dürfen.
    Dann kehrte die Hexe langsam in die Höhle zurück, hob stöhnend die schwere Börse auf, nahm die Lampe, und schritt in den entferntesten Winkel ihrer Zelle, wo sie ein schwarzer und plötzlich hervortretender Gang angähnte, der nur ganz in der Nähe sichtbar war, da ihn rings herum vorspringende und scharfe Felsen einschlossen. Sie machte mehrere Schritte vorwärts auf diesem düstern Pfad, der sich allmählig abwärts senkte, als ob er in die Eingeweide der Erde führe, hob sodann einen Stein auf und legte ihren Schatz in ein unter demselben befindliches Loch, das, wie der Schein der Lampe zeigte, bereits Münzen von verschiedenem Werthe zu enthalten schien, die ihr die Leichtgläubigkeit oder Dankbarkeit ihrer Besucher eingetragen hatte.
    »Ich betrachte euch gerne,« sagte sie zu den Geldstücken sich wendend, »denn bei eurem Anblicke fühle ich, daß ich in der That mächtig bin. Und ich soll noch zwanzig Jahre länger leben, um euren Vorrath zu vermehren? O du großer Hermes!«
    Sie legte den Stein wieder an seine Stelle und verfolgte ihren Pfad noch einige Schritte weiter, bis sie vor einer tiefen, unregelmäßigen Spalte in der Erde stehen blieb. Als sie sich hier niederbeugte, hörte sie sonderbar rollende, dumpfe Töne in der Ferne, während von Zeit zu Zeit mit lautem und widrigem Geräusch, gerade als würde Stahl auf einem Rade geschliffen, Säulen eines dunklen Rauches hervorstiegen und sich in Schneckenlinien durch die Höhlen hinzogen.
    »Die Schatten sind thätiger als gewöhnlich,« sagt die Hexe ihre grauen Locken schüttelnd, und als sie in die Höhle hineinsah, gewahrte sie weit unten den Schimmer eines langen Lichtstreifens von einem glühenden aber dunkeln Roth. »Sonderbar,« sagte sie zurückschaudernd, »erst seit zwei Tagen ist dieses dumpfe, tiefe Licht sichtbar – was kann es bedeuten?«
    Der Fuchs, der seiner Gebieterin auf dem Fuße nachgefolgt war, stieß ein furchtbares Geschrei aus und kroch nach dem innern Theil der Höhle zurück. Ein kalter Schauder ergriff die Hexe selbst bei dem Klageruf des Thieres, der, da er anscheinend keinen äußern Grund hatte, nach dem Aberglauben jener Zeit für ein böses Omen gehalten wurde. Sie murmelte ihren Gegenzauber und schwankte in ihre Höhle zurück, wo sie inmitten ihrer Kräuter und Beschwörungsformeln die Befehle des Egypters zu vollziehen Anstalt traf.
    »Er nannte mich

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