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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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verächtlichen Blicken.
    »Und dieses gesunkene Wesen hat noch menschliche Regungen,« dachte er, »noch immer kauert sie über der Asche desselben Feuers, das den Arbaces verzehrt – so sind wir Alle! geheimnisvoll ist das Band dieser sterblichen Leidenschaften, das den Größten mit dem Kleinsten verbindet.«
    Er antwortete nicht, bis die Alte sich wieder etwas erholt hatte. Bald aber saß sie, obwohl sich hin- und herbewegend, wieder auf ihrem Stuhl, die gläsernen Augen auf die Flamme heftend und große Thränen auf den bleichen Wangen.
    »Deine Geschichte ist allerdings eine schmerzliche,« sagte Arbaces, »aber solche Leidenschaften ziemen sich nur für die Jugend; das Alter sollte unsere Herzen gegen Alles außer uns verhärten; wie jedes Jahr dem Schalthier eine weitere Schuppe hinzufügt, so sollte auch jedes Jahr das Herz ummauern und bekrusten. Schlag' Dir diese Tollheiten aus dem Kopf und höre mich jetzt an! Bei der Rache, die Dir theuer war, befehle ich Dir, mir zu gehorchen! Dieser Knabe, den ich mir aus dem Wege räumen möchte, hat meine Plane durchkreuzt – trotz meiner Zauberkünste; – dieses Ding von Purpur und Stickerei – von Lächeln und Liebäugeln – ohne Seele und ohne Geist – mit keinem Vorzug als dem der Schönheit – verflucht sei es – dieses Insekt – dieser Glaukus – ich sag' es Dir, beim Orkus und bei der Nemesis! er muß sterben!«
    Bei jedem Worte seine Wuth steigernd, ging der Egypter, seine Schwäche und seine sonderbare Gefährtin, ja Alles außer seiner rachsüchtigen Wuth vergessend, mit großen und hastigen Schritten in der düstern Höhle auf und ab.
    »Glaukus, sagtest Du, mächtiger Meister,« rief plötzlich die Hexe, und ihr dunkles Auge glühte bei dem Namen von der wilden Rachsucht, wie sie der Einsame und Gemiedene selbst bei der Erinnerung an kleinere Beleidigungen so häufig fühlt.
    »Ja, so heißt er; aber was thut der Name zur Sache? Möge er nach drei Tagen, von heute an, nicht mehr als der eines Lebenden genannt werden!«
    »Höre mich,« sprach jetzt die Hexe, wie aus einem kurzen Traume erwachend, worein sie nach den letzten Worten des Egypters gesunken war, »höre mich! ich bin Dein Geschöpf und Deine Sklavin; schone mich! wenn ich dem Mädchen das gebe, wovon Du sprichst, einen Trank, der das Leben des Glaukus zerstört, so werde ich gewiß entdeckt – der Todte findet immer seine Rächer. Noch mehr, Du fürchterlicher Mann! wenn Dein Besuch bei mir ausgekundschaftet wird – wenn Dein Haß gegen Glaukus bekannt ist, so möchtest Du wohl Deiner mächtigsten Zauberkünste bedürfen, um Dich selbst zu schützen.«
    »Ha,« sprach Arbaces, plötzlich innehaltend; jetzt erst nämlich trat ihm – ein Beweis jener Blindheit, womit die Leidenschaft selbst das schärfste Auge schlägt – die Gefahr, der er sich durch diese Art der Rache aussetze, vor seinen gewöhnlich so behutsamen und umsichtigen Geist.
    »Aber,« fuhr die Hexe fort, »wenn ich statt dessen, was dem Schlage des Herzens ein Ende setzt, das gebe, was das Gehirn versengt und verbrennt – was den, der es trinkt, zu den gewöhnlichen Geschäften des Lebens unbrauchbar macht – zu einem verworfenen, rasenden, umnachteten Wesen – was den Verstand in Narrheit und Jugend in kindisches Wesen verwandelt – wird da Deine Rache nicht in gleichem Maße befriedigt, Dein Zweck nicht in gleichem Grade erreicht?«
    »O Hexe! nicht länger die Dienerin, sondern die Schwester des Arbaces, mit ihm in einem Range stehend – wie erfinderischer ist doch Weiberwitz selbst in der Rache, als der unsrige! Wie viel schrecklicher als der Tod ist solch ein Loos!«
    »Und,« fuhr die Hexe fort, ihrem abscheulichen Plane nachdenkend, »hiebei ist nur wenig Gefahr, denn unser Opfer kann auf zehntausend Arten, welche die Menschen nicht auskundschaften können, wahnsinnig geworden sein. Er kann in den Weinbergen eine Nymphe gesehen [Fußnote: Dem volkstümlichen Aberglauben der Alten zufolge wurde Jeder, der eine Nymphe sah, wahnsinnig. ] – oder der Wein selbst auf ihn diese Wirkung hervorgebracht haben, ha, ha! Die Menschen untersuchen solche Sachen, bei welchen die Götter unmittelbar eingewirkt haben können, nie so genau. Und laß auch das Schlimmste geschehen – laß es bekannt werden, daß ein Liebeszauber die Ursache gewesen sei – nun so ist ja Wahnsinn eine gewöhnliche Wirkung solcher Tränke und selbst die Schöne, die ihn gereicht, wird deshalb Nachsicht finden. Mächtiger Hermes, habe ich Dir

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