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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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halb schmerzliche, halb angenehme Aufregung zu mildern, die der Gegenstand ihres Gespräches veranlaßte – ein Gegenstand, bei dem es sich von Leben und Tod handelte.
    Ein junger Mann ging rasch an dem anmuthigen Säulengang des Fortunatempels vorüber, und zwar so rasch, daß er mit nicht geringem Ungestüm gegen die runde und imponirende Gestalt des ehrenwerthen Bürgers Diomed stieß, der gerade nach seiner Villa in der Vorstadt zurückkehrte.
    »Halt!« stöhnte der Kaufmann, indem er nur mit Mühe das Gleichgewicht wieder gewann, »hast Du keine Augen, oder glaubst Du, ich habe kein Gefühl? Beim Jupiter! Du hast mir den göttlichen Funken beinahe aus dem Leibe getrieben; noch ein solcher Stoß, und meine Seele wird im Hades sein.«
    »Ach, Diomed, bist Du's? Verzeih' meine Unachtsamkeit. Ich war ganz vertieft in Gedanken über die Wechselfälle des Lebens. Unser armer Freund Glaukus! Ach, wer hätte das geahnt!«
    »Allerdings; aber sag mir doch, Klodius, soll er wirklich vor den Senat gebracht werden?«
    »Ja; das Verbrechen ist, wie man sagt, so außerordentlicher Art, daß der Senat selbst darüber richten muß, und so werden die Liktoren den Angeklagten förmlich vorführen.« [Fußnote: Plin. Ep. II. 11. 12. v. 4. 13. ]
    »Er wurde also öffentlich angeklagt?« fragte der Kaufherr ferner.
    »Gewiß; wo bist Du denn gewesen, daß Du nichts davon hörtest?«
    »Nun, ich bin eben erst von Neapel zurückgekehrt, wohin ich gerade am Morgen nach seinem Verbrechen in Geschäften reiste. Das ist fürchterlich! Und er war noch denselben Abend, wo es geschah, in meinem Hause!«
    »Seine Schuld ist außer allem Zweifel,« sprach Klodius die Achsel zuckend, »und da derartige Verbrechen vor allen kleineren Vergehen vorgenommen werden, so wird man sich beeilen, das Urtheil noch vor den Spielen zu fällen.«
    »Den Spielen! Gute Götter,« antwortete Diomed mit einem leichten Schauder; »sollte man ihn zum Kampf mit den wilden Thieren verurtheilen – so jung, so reich!«
    »Allerdings; aber er ist eben ein Grieche. Wäre er ein Römer, so wäre es jammerschade. Diese Fremden hingegen kann man dulden, so lang sie im Glücke sitzen; wenn sie aber ins Unglück kommen, dürfen wir nicht vergessen, daß sie eigentlich Sklaven sind. Wir übrigens von den höhern Klassen sind immer mitleidig, und er käme gewiß ganz ordentlich weg, wenn er uns überlassen wäre; denn was liegt, unter uns gesprochen, an einem elenden Isispriester? Was an der Isis selbst? Aber das gemeine Volk ist abergläubisch, es schreit nach dem Blut des Tempelschänders. Es ist gefährlich, der öffentlichen Meinung nicht nachzugeben.«
    »Und der Gotteslästerer? Der Christ oder Nazarener oder wie er sonst genannt wird?«
    »Oh, der arme Hund! Wenn er der Cybele oder Isis opfert, wird er begnadigt – wo nicht, so kriegt ihn der Tiger. So vermuthe ich wenigstens; die Sache wird übrigens ja bald durch das Gericht entschieden werden. Während wir mit einander plaudern, ist die Urne noch leer. Selbst der Grieche kann dem tödtlichen Θ [Fußnote: Θ, der Anfangsbuchstabe von Θάνατος (Tod) der verurtheilende Buchstabe bei den Griechen, wie es das c (condemno) bei den Römern war. ] seines Alphabetes noch entgehen. Doch genug von diesem traurigen Gegenstand. Wie befindet sich die schöne Julia?«
    »Gut, denk' ich.«
    »Empfiehl mich ihr. Aber horch, die Thüre dort kracht in ihren Angeln, wer kommt heraus? Beim Bacchus! es ist der Egypter. Was kann er mit unserem hohen Freunde zu schaffen haben?«
    »Vermuthlich eine Unterredung über den Mord,« antwortete Diomed. »Aber was hält man denn für die Veranlassung zu dem Verbrechen? Glaukus sollte ja des Priesters Schwester heirathen.«
    »Ja, und Einige sagen, Apäcides habe seine Einwilligung zu der Verbindung versagt; deshalb ist vielleicht ein plötzlicher Streit zwischen ihnen entstanden. Glaukus war augenscheinlich betrunken, ja, in so hohem Grade, daß er, als man ihn aufhob, ganz bewußtlos war, und wie ich höre, noch immer nicht bei sich ist – ob in Folge des Weins, des Schreckens, der Reue, der Furien oder des Bacchanals, vermag ich nicht zu sagen.«
    »Der arme Tropf, hat er einen guten Anwalt?«
    »Den besten – Gajus Pollio, einen Advokaten von tüchtiger Beredsamkeit. Pollio hat alle heruntergekommene Patrizier und hochgeborene Verschwender von Pompeji gemiethet, um schäbige Kleider anzuziehen, umherzulaufen, ihre Freundschaft für Glaukus zu beschwören, und so wo möglich die

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