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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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würden einen Mann für den Löwen bekommen, und jetzt haben wir obendrein einen für den Tiger, ich wünschte nur, es wäre schon morgen!«
Juchheisa zum lustigen, lustigen Spiel!
Ein Wald von Gesichtern, ein endlos Gewühl!
Die Kämpfer so kühn, wie der Sohn der Allmäna,
Sie schreiten im Zug durch die stumme Arena.
Schwatzt, weil es noch Zeit ist, ihr werdet schon schweigen,
Wenn sie sich mit tödtlichem Armen umzweigen.
Tripp, trapp! sie schreiten im stolzen Gefühl,
Juchheissa zum lustigen, lustigen Spiel.«
     
    »Ein munteres Mädchen,« meinte Sosia.
    »Ja,« versetzte eifersüchtig der junge Handwerker, ein krausköpfiger, schöner Jüngling, »ja, die Weiber sind den Gladiatoren gut, wenn ich ein Sklave wäre, ich würde längst bei dem Lanista in die Schule gegangen sein.«
    »In der That?« versetzte Sosia höhnisch, »der Geschmack der Leute ist unterschiedlich!«
    Jetzt war die Menge an der ersehnten Stelle angelangt; aber da der Raum, in welchem die wilden Thiere verwahrt wurden, überaus klein und eng war, wurde jetzt das Drängen und Pressen der Einlaßsuchenden noch zehnmal heftiger. Zwei am Eingang stehende Diener des Amphitheaters verminderten das Übel sehr weislich dadurch, daß sie den Vordersten nur eine kleine Zahl Einlaßtäfelchen austheilten, und neue Zuschauer erst dann einließen, wenn die jedesmaligen Vorgänger ihre Neugierde befriedigt hatten. Unserem Sosia, der ein recht kräftiger Bursche war, und dem weder Schüchternheit noch feinere Lebensart besondere Bedenklichkeiten erregten, gelang es, als einer der Ersten hineinzukommen.
    Von seinem Gefährten, dem Handwerker, getrennt, fand er sich jetzt in einer engen Zelle, in der eine drückende Hitze herrschte, und die von einigen übelriechenden und flackernden Fackeln erleuchtet wurde.
    Die Thiere, die gewöhnlich in verschiedenen Behältnissen bewahrt wurden, waren jetzt zum größeren Ergötzen der Zuschauer in einem Raume versammelt, dabei aber immer durch starke, mit eisernen Stangen geschützte, Käfige von einander getrennt.
    Da waren sie also, die blutdürstigen und grimmen Wanderer der Wüste, die jetzt beinahe die Hauptpersonen dieser Geschichte geworden sind. Der Löwe, der – als von Natur weniger wild, denn sein Gefährte – durch Hunger zur Wildheit aufgereizt worden, schritt rastlos und trotzig in seinem engen Kerker hin und her: seine Augen funkelten vor Wuth und Hunger, und wenn er so bisweilen stillhielt und umherstarrte, so drängten sich die Zuschauer furchtsam zurück, und ihr Athem ward keuchender. Der Tiger aber lag ruhig und seiner ganzen Länge nach ausgestreckt in seinen Käfig, und beurkundete nur durch ein gelegentliches Spiel mit seinem Schweife oder ein langes, ungeduldiges Gähnen den Ärger über seine Haft oder die Freude über die zahlreiche Menge, die ihn mit ihrer Gegenwart beehrte.
    »Selbst im Amphitheater zu Rom habe ich kein grimmigeres Thier gesehen, als diesen Löwen,« sagte ein riesenhafter, nerviger Kerl, der zur Rechten Sosia's stund.
    »Ich fühle mich gedemühtigt, wenn ich seine Glieder ansehe,« versetzte zur Linken Sosia's eine schlankere und längere Gestalt, mit über der Brust gekreuzten Armen.
    Der Sklave schaute zuerst den Einen und hierauf den Andern an. » Virtus in medio ,« murmelte er vor sich hin. »Eine hübsche Nachbarschaft für Dich, Sosia – ein Gladiator auf jeder Seite!«
    »Gut gesprochen, Lydon,« versetzte der stämmigere Gladiator, »ich fühle dasselbe.«
    »Und zu denken,« bemerkte Lydon in einem Tone tiefer Rührung, »daß der edle Grieche, den wir vor wenigen Tagen noch so voll Jugend, Gesundheit und Heiterkeit vor uns sahen, jenem Ungeheuer zur Speise dienen soll.«
    »Warum nicht?« brummte Niger wild, »mancher ehrliche Gladiator wurde zu einem derartigen Kampfe von dem Kaiser gezwungen – warum nicht auch ein reicher Mörder durch das Gesetz?«
    Lydon seufzte, zuckte die Achseln und blieb still. Unterdessen lauschten die gewöhnlichen Zuschauer mit starren Augen und offenstehenden Lippen diesem Gespräche zu. Die Gladiatoren waren eben so gut, als die wilden Thiere Gegenstände des Interesses, – sie waren Geschöpfe von derselben Art. So schaute auch die Menge halb auf die einen, halb auf die andern, flüsterte sich ihre Bemerkungen zu und besprach die Ereignisse des morgenden Tages.
    »Ja, ja,« sagte Lydon, sich abwendend, »ich danke den Göttern, daß ich es nicht bin, der mit dem Löwen oder Tiger zu kämpfen hat. Selbst Du, Niger, bist ein

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