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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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Kameraden zum Kerkermeister gestempelt habe. Ehe er jedoch sein Herz völlig ausgeschüttet, war Nydia mit einem tiefen Seufzer wieder zu sich gekommen.
    »Du seufzest über mein Mißgeschick, meine Blinde, gut, das ist doch einiger Trost; so lange Du anerkennst, was Du mich kostest, will ich mir Mühe geben, nicht zu zanken – es ist hart, schlimm behandelt, und nicht einmal bemitleidet zu werden.«
    »Sosia, wie viel brauchst Du noch, um Deine Freiheit zu erkaufen?«
    »Wie viel? – Nun, etwa zweitausend Sesterze.«
    »Die Götter seien gepriesen! Nicht mehr? Siehst Du diese Armbänder und diese Kette? – Sie sind wohl doppelt so viel werth. Ich will Sie dir geben, wenn –«
    »Versuche mich nicht; ich kann Dich nicht loslassen; Arbaces ist ein strenger und fürchterlicher Herr. Wer weiß, ob ich nicht den Fischen des Sarnus zur Speise dienen müßte? Ach! alle Sesterze in der Welt würden mich alsdann nicht mehr ins Leben zurückkaufen. Besser ein lebendiger Hund, als ein tödter Löwe!«
    »Sosia, Deine Freiheit! Überleg' es wohl; wenn Du mich hinausläßt – nur für ein einziges Stündlein! Laß mich um Mitternacht aus, und ich will, noch ehe der Tag graut, zurückkehren. Ja, Du kannst sogar mit mir gehen.«
    »Nein,« antwortete Sosia aufs Entschiedenste, "ein Sklave war dem Arbaces einmal ungehorsam, und nie mehr hörte man von ihm.«
    »Aber das Gesetz gibt dem Herrn keine Gewalt über das Leben seiner Sklaven.«
    »Das Gesetz ist sehr gütig, aber leider nicht eben so wirksam als artig; ich weiß, daß Arbaces das Gesetz immer auf seine Seite bekommt. Überdies, wenn ich einmal todt bin, welches Gesetz kann mich wieder ins Leben bringen?«
    Nydia rang die Hände: »Ist also keine Hoffnung vorhanden?« rief sie krampfhaft.
    »Keine zum Fortkommen, bis Arbaces die Erlaubnis ertheilt.«
    »Gut denn,« versetzte Nydia rasch, »Du wirst mir wenigstens nicht abschlagen, einen Brief von mir zu überliefern; dafür kann Dich Dein Herr nicht tödten.«
    »An wen?«
    »An den Prätor.«
    »An eine obrigkeitliche Person? – Nein! ich nicht – ich könnte da in einer Sache, von der ich nichts weiß, zur Zeugenschaft gezogen werden, und Sklaven verhört man nur auf der Folter.«
    »Verzeihung; ich meine nicht den Prätor – das Wort entschlüpfte mir unversehens; ich meinte eine ganz andere Person – den muntern Sallust.«
    »Ah so! Und was willst Du von ihm?«
    »Glaukus war mein Gebieter; er kaufte mich von einem grausamen Herrn und er, der allein gütig gegen mich war, soll jetzt sterben. Nie werde ich mich meines Lebens freuen, wenn ich ihn nicht in seiner letzten Stunde benachrichtigen kann, daß wenigstens ein Herz dankbar gegen ihn gesinnt ist; Sallust ist sein Freund, er wird mein Schreiben überliefern.«
    »Das thut er gewiß nicht. Glaukus wird zwischen jetzt und morgen genug zu denken haben, ohne daß man ihn auch noch mit dem Briefe eines blinden Mädchens beunruhigt.«
    »Wann,« versetzte Nydia aufstehend, »willst Du frei werden? – Du hast das Mittel in Deiner Gewalt; morgen wird es zu spät sein. Nie wurde Freiheit billiger erkauft; leicht, und ohne, daß man Dich vermißt, kannst Du das Haus verlassen, und kaum eine halbe Stunde brauchst Du fortzubleiben. Wegen einer solchen Kleinigkeit willst Du Deine Freiheit ausschlagen?«
    Sosia war sehr bewegt. Allerdings lastete die Stille überaus einfältig; aber was ging das ihn an? Um so besser für ihn; er konnte ja die Thüre verschließen, und wenn Arbaces je seine Abwesenheit erfuhr, so war das Vergehen nur ganz unbedeutend und konnte ihm nur einen kleinen Verweis eintragen. Aber sollte Nydia's Schreiben etwas mehr enthalten, als was sie vorgegeben – sollte es, wie er schlau vermuthete, von ihrer Haft sprechen – was dann? Doch Arbaces brauchte ja nie zu wissen, daß er den Brief überbracht habe. Im schlimmsten Fall war der Preis ungeheuer, die Gefahr gering, die Versuchung unwiderstehlich. Er zauderte nicht länger – er ging auf den Vorschlag ein.
    »Gib mir den Schmuck und ich will den Brief überliefern. Doch halt – Du bist eine Sklavin – Du hast kein Recht auf diese Sachen – sie gehören Deinem Herrn.«
    »Es sind Geschenke von Glaukus; er ist mein Herr, welche Wahrscheinlichkeit aber ist vorhanden, daß er sie je zurückfordert, und wer sonst weiß, daß sie in meinem Besitze sind?«
    »Genug, ich will Dir den Papyrus bringen.«
    In wenigen Minuten hatte Nydia ihren Brief vollendet, den sie aus Vorsicht griechisch – in der

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