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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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die griechischen gewöhnt sein sollten. Ach! sollte man denn nur unter Männern Freiheit und Tugend vereinigt finden. Warum sollte die Sklaverei, die Euch zernichtet, als das einzige Mittel betrachtet werden, uns zu schützen? Ach! glaube mir, es war ein großer Irrthum der Männer, – ein auf ihr Schicksal traurig einwirkender Irrthum, – zu glauben, die Natur der Frauen sei (ich will nicht sagen, untergeordnet, es mag sein), aber so verschieden von ihrer eigenen, daß sie Gesetze für nothwendig hielten, welche die geistigen Fortschritte der Frauen so sehr hindern. Mochten sie nicht, indem sie dies thaten, Gesetze gegen ihre eigenen Kinder, welche die Frauen erziehen sollen, gegen die Gatten, deren Freundinnen und Rathgeber die Frauen oft sein sollen?«
    Plötzlich hielt Ione inne und über ihre Wangen ergoß sich das entzückendste Roth. Sie fürchtete, ihr Enthusiasmus möchte sie zu weit geführt haben; jedoch scheute sie den strengen Arbaces weniger, als den freundlichen Glaukus; den letzteren liebte sie, und bei den Griechen pflegte man den Frauen, wenigstens denen, die man am meisten achtete, nicht dieselbe Freiheit und Stellung in der Gesellschaft zuzugestehen, deren die Frauen in Italien genossen. Sie empfand daher einen Schauer der Freude, als Glaukus in ernstem Tone erwiderte: »Mögest Du immer so denken, Ione! Möge Dein reines Herz stets Dein zuverlässiger Führer sein. Ein Glück wäre es für Griechenland gewesen, wenn es den keuschen Frauen dieselben geistigen Reize gestattet hätte, durch welche die minder würdigen unter seinem Frauengeschlechte so berühmt geworden. Kein Staat sieht seine Freiheit, sein Wissen gefährdet, so lange Dein Geschlecht nur dem Freien zulächelt, nur den Weisen durch Beifall ermuntert.«
    Arbaces schwieg stille; denn es lag weder in seinem Plane, die Ansichten des Glaukus zu billigen, noch die der Ione zu tadeln, und nach einer kurzen und verlegenen Unterhaltung verabschiedete sich Glaukus von Ione.
    Als er fort war, rückte Arbaces seinen Stuhl näher zu der Neapolitanerin und sagte zu ihr in jenem milden und unterwürfigen Tone, unter dem er die Verschlagenheit und den Ungestüm seines Charakters so gut zu verbergen wußte: »Glaube nicht, meine süße Mündel, wenn ich Dich so heißen darf, daß ich dieser Freiheit Fesseln anlegen will, die sich durch Deine Wahl verherrlicht sieht, die aber, wenn sie auch nicht größer ist, als die der römischen Frauen, wenigstens mit sehr großer Umsicht gehandhabt werden muß, wenn sie von einer Unverheiratheten in Anspruch genommen wird. Fahre fort, die Lebenslustigen, die Glänzenden, die Weisen selbst zu Deinen Füßen zu ziehen; fahre fort, sie durch die Unterhaltung einer Aspasia und durch die Musik einer Korinna zu bezaubern; gedenke aber jener Lästerzungen, die den zarten Ruf eines Mädchens so leicht beflecken können, und gib, während Du Bewunderung erregst, dem Neide keine Veranlassung, über Dich zu triumphiren.«
    »Was meinst Du, Arbaces?« sagte Ione mit aufgeregter und zitternder Stimme; »ich weiß, Du bist mein Freund und wünschest nur meine Ehre und mein Glück. Was wolltest Du sagen?«
    »Dein Freund! Ach! wie aufrichtig! Darf ich als Freund, ohne Rückhalt und ohne Furcht, zu beleidigen, sprechen?«
    »Ich bitte Dich darum.«
    »Wie hast Du die Bekanntschaft dieses jungen Wollüstlings, dieses Glaukus, gemacht? Hast Du ihn schon oft gesehen?«
    Während Arbaces dieses sagte, heftete er seinen Blick auf Ione, als ob er in das Innerste ihrer Seele dringen wolle.
    Vor diesem Blicke mit sonderbarem Schrecken, den sie sich nicht erklären konnte, zurückbebend, antwortete die Griechin verwirrt und zaudernd: »Er wurde bei mir als ein Landsmann meines Vaters, und, ich darf wohl sagen, als der meinige, eingeführt. Ich kenne ihn erst seit etwa Tagen; aber wozu diese Fragen?«
    »Verzeihe mir,« sagte Arbaces; »ich glaubte, Du kennest ihn schon länger. Ein elender Prahlhans!«
    »Wie! Was meinst Du damit? Wozu diesen Ausdruck?«
    »Ach, laß es gut sein; ich will Deinen Unwillen gegen einen Menschen, der eine so hohe Ehre nicht verdient, nicht aufregen.«
    »Ich beschwöre Dich, sprich. Womit hat Glaukus geprahlt, oder vielmehr, in wiefern glaubst Du, daß er beleidigt habe?«
    Arbaces, den Zorn unterdrückend, den die letzten Worte der Ione bei ihm erregten, fuhr fort: »Du kennst sein Treiben, seine Genossen, seine Sitten. Gastmähler und Würfel sind seine einzige Beschäftigung – wie könnte er aber

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