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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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klar und heiter, wie das Mondlicht auf den Gewässern. Ich sehe Ehre, Glück und Erfolg auf jeder Welle des dunklen Abgrunds leuchten, in welchen ich am Ende versinken muß. Wie, soll ich also bei solchen Bestimmungen jenseits der Gefahr dieser selbst unterliegen? Meine Seele flüstert mir Hoffnung zu; freudig schwebt sie über die drohende Stunde hinweg; sie schwärmt in der Zukunft – ihr eigener Muth ist ihr bestes Vorzeichen. Wenn ich so schnell und so früh untergehen sollte, würden die Schatten des Todes mich umdüstern, und ich müßte das eisige Vorgefühl meines Geschicks empfinden. Meine Seele, die jetzt in mir so lächelt, würde in Bangigkeit und Düsternheit ihre Ahnung des fürchterlichen Orakels ausdrücken. Sie lächelt – sie gibt mir die Gewißheit meiner Rettung.«
    Als der Egypter sein Selbstgespräch in dieser Weise endete, stand er unwillkürlich auf. Er schritt hastig über den engen Raum dieser Flur hin, deren Gewölbe die Sterne waren, und schaute, an der Brustwehr stille stehend, noch einmal auf den grauen und düsteren Himmel. Die Kühle der Morgendämmerung drang erfrischend auf seine Stirne, und nach und nach gewann sein Gemüth seine gewöhnliche Ruhe wieder. Er schaute nicht länger nach den Sternen, die nach einander in die Tiefen des Himmels verschwanden, auf die weite Fläche unter ihm fielen nunmehr seine Blicke. Matt stiegen aus dem stillen Hafen der Stadt die Masten der Galeeren empor; das gewaltige Summen um jenen Markt der Üppigkeit und Betriebsamkeit war verstummt: keine Lichter, außer hie und da vor den Säulen eines Tempels oder aus den Säulengängen des verlassenen Forums, brachen die bleiche und schwankende Helle des kämpfenden Morgens. Aus dem Herzen der erstarrten Stadt, die so bald von tausend Leidenschaften erzittern sollte, drang kein Laut hervor; die Ströme des Lebens kreisten noch nicht; sie lagen noch verschlossen und starr unter dem Eise des Schlafes. Aus der ungeheuren Masse des Amphitheaters mit seinen sich über einander erhebenden steinernen Sitzen – zusammengeringelt wie ein schlummerndes Ungeheuer – erhob sich ein schwacher und geisterartiger Nebel, der über dem zerstreuten Laubwerk, das in seiner Nähe dunkelte, sich finster und immer finsterer sammelte. Die Stadt schien, was sie nach dem fürchterlichen Wechsel von siebzehn Jahrhunderten noch heute dem Reisenden scheint – eine Stadt der Toten. [Fußnote: Als Sir Walter Scott mit Sir William Gell Pompeji besuchte, war fast seine einzige Bemerkung: »Die Stadt der Todten – die Stadt der Toten!« ]
    Der Ocean selbst – ein heiterer, der Ebbe und Flut nicht unterworfener See – lag fast eben so still da, ausgenommen, daß aus seinem tiefen Schooß durch die Entfernung gedämpft, ein schwaches und regelmäßiges Gemurmel, wie der Athem seines Schlafes, herübertönte, während er, wie mit ausgestreckten Armen in das grüne und schöne Land hineingreifend, unbewußt die an seinem Ufer schlummernden Städte – Stabiä, Herkulanum und Pompeji – diese Kinder und Pfleglinge der Tiefen – an seine Brust zu drücken schien.
    »Ihr schlummert,« sprach der Egypter, während er düster über diese Städte, den Stolz und die Blüte Kampaniens hinschaute, »ihr schlummert; möchte es doch die ewige Ruhe des Todes sein! Was ihr jetzt seid, Juwelen in der Krone des Reiches, das waren einst die Städte des Nils! Ihre Größe ist von ihnen gewichen – sie schlafen unter ihren Ruinen – ihre Paläste und Tempel sind Gräber geworden – in dem Grase ihrer Straßen ringelt sich die Schlange – in ihren einsamen Hallen wärmt sich die Cidere. Nach jenem geheimnisvollen Gesetze der Natur, das den Einen erniedrigt, um den Andern zu erhöhen, seid ihr aus ihren Ruinen emporgestiegen – du stolzes Rom hast die Herrlichkeit des Sesostris und der Semiramis usurpirt – du bist ein Räuber, dich bekleidend mit deiner Beute! Und diese Städte hier – die Sklavinnen in deinem Triumphe – die ich, der letzte Sohn vergessener Monarchen, da unten erblicke, die Behälter deiner Alles durchdringenden Macht und Üppigkeit – ich verfluche sie, während ich auf sie hinabschaue! Die Zeit mag kommen, wo Egypten gerächt wird! wo das Roß der Barbaren im goldenen Hause Nero's gefüttert wird – und du, o Rom, die da den Wind mit Eroberungen besäet hast, sollst im Wirbelwind der Verödung ernten!«
    Nie schwebte den Träumen eins Malers oder Dichters ein feierlicheres oder unheimlicheres Bild vor, als der Egypter

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