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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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hiezu bestimmte Teufel, der zu den fetteren gehörte, und sich jetzt, nachdem er schon zweimal den Weg zu Ione's Haus zurückgelegt, zu einem dritten Ausfluge (wohin, wußten nur die Götter) verdammt sah, keuchte, sein Schicksal beklagend, hinter ihr her und betheuerte feierlich bei Kastor und Pollux, er glaube, das blinde Mädchen besitze die Flügel des Merkurs, so wie die Gebrechen des Kupido.
    Nydia bedurfte übrigens seines Beistandes nur in geringem Grade, um ihren Weg zu dem bei dem Volke so beliebten Isistempel zu finden; der Raum vor demselben war jetzt leer, und sie gelangte ohne Hindernis bis zu dem heiligen Gitter.
    »Es ist niemand hier,« sagte der fette Sklave; »was oder wen willst Du? Weißt Du nicht, daß die Priester nicht im Tempel wohnen?«
    »Rufe nur,« sagte sie ungeduldig, »Tag und Nacht wacht immer wenigstens ein Flamen am Altare der Isis.«
    Der Sklave rief, aber es kam Niemand.
    »Siehst Du Niemand?«
    »Niemand.«
    »Du irrst Dich; ich höre einen Seufzer – sieh noch einmal nach.«
    Erstaunt und brummend warf der Sklave seine schweren Augen umher, und erblickte nun vor einem der Altäre, deren Überbleibsel noch heute den engen Raum ausfüllen, eine dem Anscheine nach in Betrachtung versunkene Gestalt.
    »Ich sehe eine Figur,« sagte er, »und nach den weißen Kleidern ist es ein Priester.«
    »O Flamen der Isis,« rief Nydia, »Diener der ältesten Gottheit höre mich!«
    »Wer ruft?« sprach eine leise, melancholische Stimme.
    »Eine, die einem Mitgliede Deiner Körperschaft nicht gewöhnliche Nachrichten mitzutheilen hat; ich komme, Orakel auszusprechen, nicht um sie zu befragen.«
    »Mit wem willst Du sprechen? Dies ist keine Stunde für Dein Gesuch; gehe fort und störe mich nicht länger, die Nacht ist den Göttern geweiht, der Tag den Menschen.«
    »Mir däucht, ich kenne Deine Stimme; Du bist der, den ich suche, obwohl ich Dich nur einmal reden gehört habe. Bist Du nicht der Priester Apäcides?«
    »Der bin ich,« erwiderte der Priester, vom Altare aufstehend und dem Gitter sich nähernd.
    »Du bist es! Gepriesen seien die Götter!« Mit der Hand winkte sie dem Sklaven, sich Etwas zurückzuziehen, und dieser, der natürlich dachte, nur irgend ein religiöser, vielleicht mit der Sicherheit Ione's in Verbindung stehender Grund könne Nydia in den Tempel geführt haben, gehorchte und setzte sich in einiger Entfernung auf den Boden nieder.
    »Stille!« sagte sie, indem sie leise und schnell sprach; »bist Du wirklich Apäcides?«
    »Wenn Du mich kennst, so kannst Du Dir doch wohl meine Gesichtszüge zurückrufen.«
    »Ich bin blind,« antwortete Nydia, »meine Augen liegen in meinem Gehör, und das erkennt Dich; schwöre übrigens, daß Du es bist.«
    »Ich schwöre es bei den Göttern, bei meiner rechten Hand und bei dem Monde.«
    »Pst! Sprich leise – neige Dich näher herab – gib mir Deine Hand: kennst Du den Arbaces? – Hast Du Blumen zu den Füßen des Todten niedergelegt? – Ach, Deine Hand ist kalt – höre doch! – Hast Du das fürchterliche Gelübde abgelegt?«
    »Woher bist Du und woher kommst Du, blasses Mädchen?« sprach Apäcides erschrocken; »ich kenne Dich nicht, an Deiner Brust hat dieses Haupt nicht gelegen; ich habe Dich nie zuvor gesehen.«
    »Aber Du hast meine Stimme gehört; doch lassen wir das. Wir Beide müssen uns schämen, diese Erinnerungen zurückzurufen. Höre einmal, Du hast eine Schwester.«
    »Sprich, sprich, was ist mit ihr?«
    »Du kennst die Festmahle des Todten, Fremdling – es macht Dir vielleicht Vergnügen, daran Theil zu nehmen – würde es Dir aber auch gefallen, wenn Deine Schwester daran Theil nähme? – Würde es Dir gefallen, wenn Arbaces ihr Wirth wäre?«
    »Oh, Götter, er wagt es nicht! Mädchen, wenn Du Deinen Spott mit mir treibst, so zittere. Ich zerreiße Dich in tausend Stücke.«
    »Ich rede die Wahrheit, und während ich spreche, ist Ione in den Hallen des Arbaces – Du weißt, ob in diesem erstenmale Gefahr liegt! Lebe wohl! Ich habe mein Amt erfüllt.«
    »Halt, halt,« rief der Priester, mit seiner mageren Hand über die Stirne fachend, »wenn das wahr ist, was kann geschehen, um sie zu retten? Man wird ich dort nicht einlassen, und ich kenne auch nicht alle Irrgänge jenes verwickelten Palastes. O Nemesis! meine Strafe ist gerecht.«
    »Ich will jenen Sklaven entlassen, sei Du mein Führer und Gefährte; ich will Dich zu der geheimen Thüre des Hauses führen, und Dir das Einlaßwort zuflüstern. Nimm eine

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