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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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fortzutragen. Er legte sie deshalb auf das Ruhebett und stellte sich mit erhobenem Dolche neben sie, indem er so den Kampf zwischen Glaukus und dem Egypter bewachte und sich zugleich bereit hielt, dem Arbaces seine Waffe in die Brust zu stoßen, wenn dieser in dem Kampfe siegen sollte. Es ist vielleicht nichts so fürchterlich auf Erden als der nackte Kampf der thierischen Kraft, ohne andere Waffen als die, welche die Natur der Wuth darbietet. Beide Gegner hatten sich jetzt, eng umfaßt, das Gesicht zurückgeworfen, die wilden Augen funkelnd, die Muskeln gespannt, die Adern geschwollen, die Lippen geöffnet, die Zähne über einander gebissen. Beide waren von mehr als gewöhnlicher Stärke, Beide von der unbarmherzigsten Wuth beseelt. Sie wanden und schlangen sich um einander; sie schwankten hin und her, sie rückten von einem Ende ihrer beschränkten Arena zum andern, stießen Töne der Wuth und der Rache aus; jetzt befanden sie sich vor dem Altar, jetzt am Fuße der Säule, wo der Kampf begonnen hatte; sie ließen sich los, um Athem zu holen, Arbaces an die Säule sich lehnend, Glaukus einige Schritte seitwärts tretend.
    »O ehrwürdige Göttin!« rief Arbaces, indem er die Säule umfaßte und seine Blicke zu dem heiligen Bilde erhob, das sie trug, »beschütze Deinen Auserwählten, verkünde Deine Rache gegen diese Kreatur eines aufgeschossenen Glaubens, die mit lüsternder Gewalt Dein Heiligthum schändet und Deinen Diener angreift.«
    Während er sprach, schienen die ruhigen und gewaltigen Züge der Göttin plötzlich Leben zu erhalten; durch den schwarzen Marmor glühte wie durch einen durchsichtigen Schleier in voller Helle eine hochrothe, schimmernde Farbe; um den Kopf spielten und zuckten kleine, bläuliche Flammen; die Augen wurden wie Bälle lebenden Feuers und schienen in vernichtender, nicht zu ertragender Wuth auf das Gesicht des Griechen gerichtet. Überrascht und erschreckt durch diese plötzliche und geheimnisvolle Antwort auf das Gebet seines Feindes und nicht frei von dem angestammten Aberglauben seines Volkes erblaßte Glaukus, Angesichts dieser sonderbaren und geisterhaften Belebung des Marmors – seine Knie schlugen an einander, von überirdischer Furcht ergriffen stund er entmuthigt, bestürzt und halb entmannt vor seinem Feinde. Arbaces ließ ihm nicht einen Augenblick Zeit, sich von seiner Betäubung zu erholen.
    »Stirb, Elender,« rief er, auf den Griechen losstürzend, mit einer Donnerstimme; »die erhabene Mutter fordert Dich als lebendes Opfer.« So in der ersten Bestürzung seiner abergläubischen Besorgnisse überrascht, verlor der Grieche – der Marmorboden war so glatt wie Glas – den Halt, glitt aus und fiel. Arbaces setzte den Fuß auf die Brust seines gefallenen Feindes; Apäcides jedoch, den sein heiliger Beruf, sowie seine Kenntnis des Arbaces allen wunderbaren Einmischungen mißtrauen gelehrt hatte, theilte die Entmuthigung seines Gefährten nicht. Er stürzte vorwärts und sein Dolch funkelte in der Luft. Der wachsame Egypter erfaßte den niederfahrenden Arm, ein Griff seiner mächtigen Hand entriß die Waffe der schwachen Brust des Priesters, und ein kräftiger Schlag streckte diesen zu Boden. Mit lautem und frohlockendem Geschrei schwang Arbaces den Dolch in die Luft. Glaukus sah seinem drohenden Geschicke mit ruhigem Blicke und mit der strengen und verachtenden Ergebenheit eines Gladiators entgegen – als in diesem fürchterlichen Augenblicke der Boden unter ihnen schnell und krampfhaft erbebte; – ein mächtigerer Geist, als der des Egypters war erschienen – eine riesenhafte und zerschmetterte Gewalt, vor der seine Leidenschaften und seine Künste plötzlich in ein Nichts versanken. Jener fürchterliche Dämon des Erdbebens erwachte und rührte sich, verächtlich lächelnd über den Zauber menschlicher List und die Bosheit menschlicher Wuth. Wie ein Titan, auf dessen Schultern Berge aufgehäuft liegen, erhob er sich aus langjährigem Schlafe, regte sich auf seinem bunten Lager, während die Höhlen unten stöhnten und zitterten unter der Bewegung seiner Glieder. Im Augenblick seiner Rache und Macht wurde derjenige, der sich für einen Halbgott hielt, in seinen wahren Stoff, in den Staub, erniedrigt. Ferne und weithin unter dem Boden lief ein dumpfes und polterndes Getöse – die Vorhänge des Zimmers bewegten sich wie von einem Sturmwind ergriffen – der Altar wankte – der Dreifuß drohte herabzufallen und hoch über dem Kampfplatze zitterte und schwankte die

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