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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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dorischer Ordnung, und da nahmen Manche, die durch ihr Geschäft frühe hierher geführt wurden, die leichte Mahlzeit ein, welche damals ein italienisches Frühstück ausmachte, und sprachen sehr lebhaft von dem Erdbeben der vorigen Nacht, während sie Stücke Brod in ihre Becher mit verdünntem Weine tauchten. Auch in dem offenen Raume gewahrte man mehre Krämer, die hier ihr Gewerbe ausübten. Da zeigte Einer einer Dame seine schönen Bänder, ein Anderer rühmte einem stattlichen Pächter die Trefflichkeit seiner Schuhe; ein Dritter, eine Art von Buden-Restaurateur, wie wir sie noch jetzt in den italienischen Städten so häufig finden, versorgte manchen hungrigen Magen mit warmen Speisen aus seinem kleinen ambulanten Ofen; während – scharf charakterisirender Gegensatz, und sprechendes Bild der Vereinigung materiellen und intellektuellen Lebens jener Zeit – dicht dabei ein Schulmeister seinen verwirrten Zöglingen die Anfangsgründe der lateinischen Grammatik erklärte. [Fußnote: Im Museum zu Neapel befindet sich ein wenig bekanntes Gemälde, das eine Seite des damaligen Forums zu Pompeji darstellt und mir bei gegenwärtiger Beschreibung die wesentlichsten Dienste leistete. ] Eine Galerie über dem Seitengang, zu der man auf kleinen hölzernen Treppen emporstieg, hatte auch ihre Gäste, obgleich, da hier hauptsächlich die eigentlichen Geschäfte des Ortes abgemacht wurden, ihre Gruppen einen ruhigeren und ernsteren Anblick darboten.
    Dann und wann trat die Menge unten ehrfurchtsvoll auf die Seite, wenn ein Senator auf dem Wege zum Jupitertempel (der eine Seite des Forums einnahm und den Versammlungsort der Senatoren bildete) vorbeiging, denjenigen seiner Freunde und Klienten, die er aus der Menge erkannte, mit prahlerischer Herablassung zuwinkend. Unter den heitern Kleidungen der bessern Stände sah man auch die kräftigen Gestalten der benachbarten Pächter, wie sie nach den öffentlichen Getreidemagazinen sich begaben. Hart bei dem Tempel gewahrte man den Triumphbogen und die lange, mit Menschen angefüllte Straße jenseits desselben; in einer Nische des Bogens spielte ein Springbrunnen munter in den Sonnenstrahlen, und über dem Karnieß dunkelte, im lebhaften Gegensatz zu dem freundlichen Sommerhimmel, die eherne Reiterstatue Caligula's. Hinter den Buden der Wechsler stund jenes Gebäude, das jetzt das Pantheon genannt wird, und eine Schaar ärmerer Pompejaner trat mit Körben unter dem Arm durch die enge, in das Innere führende Vorhalle und drängte sich nach einer Plattform zwischen zwei Säulen, wo diejenigen Nahrungsmittel, welche die Priester vom Opfer erübrigt hatten, zum Verkaufe ausgeboten wurden.
    An einem der für die öffentlichen Angelegenheiten der Stadt bestimmten Gebäude, waren Werkleute mit den Säulen beschäftigt, und von Zeit zu Zeit hörte man den Lärm ihrer Arbeit aus dem Gesumse der Menge hervorthönen; – die Säulen sind bis auf den heutigen Tag unvollendet!
    Alles dies zusammengenommen, ging nichts über die Mannigfaltigkeit in der Tracht, dem Stand, dem Benehmen und den Beschäftigungen der Menge; nichts über die Regsamkeit, die Munterkeit, die Thätigkeit, die beständig ringsherum herrschende Lebensbewegung. Man sah da all die tausend Zeichen einer erhitzten und krankhaften Civilisation, wo das Vergnügen und der Handel, der Müßiggang und die Arbeit, die Geldgierde und die Ehrsucht ihre bunten und rauschenden, aber gleichwohl harmonischen Ströme in ein großes Meer ergossen.
    Den Stufen des Jupitertempels gegenüber stand mit gefalteten Armen und gerunzelter und verachtender Stirn ein Mann von etwa fünfzig Jahren. Sein Anzug war besonders einfach, nicht sowohl dem Stoffe nach, als vielmehr durch den Mangel all der Verzierungen, die von den Pompejanern jeden Standes getragen wurden, theils aus Liebe zum Schaugepränge, theils auch, weil diese Verzierungen meist in diejenigen Formen gebracht waren, die als die wirksamsten gegen die Angriffe der Zauberei, wie gegen den Einfluß des bösen Auges [Fußnote: Dieser Aberglaube, dessen ich im vorliegenden Werke mehr als einmal gedacht habe, dauert in Großgriechenland mit kaum verminderter Kraft noch immer fort. Ich erinnere mich, daß eine Dame aus Neapel vom höchsten Rang und von einem Geist und einer Bildung, wie man sie unter den vornehmen Italienern beiderlei Geschlechtes selten trifft, in einem Gespräche mit mir plötzlich die Farbe wechselte und eine reiche und sonderbare Bewegung mit ihren Fingern machte. »Mein

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