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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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Augenblicken gewann sie die Kraft zu antworten.
    »Stehe auf, Arbaces,« sagte sie endlich und überließ ihm noch einmal ihre Hand, die sie jedoch schnell wieder zurückzog, als sie den brennenden Druck seiner Lippen darauf fühlte. »Stehe auf, und wenn Du die Wahrheit sprichst, wenn es Dir Ernst ist mit Deinen Worten –«
    »Wenn!« sprach er zärtlich.
    »Wohlan denn, so höre mich; Du bist mein Beschützer, mein Freund, mein Erzieher gewesen; auf diese neue Rolle aber war ich nicht vorbereitet; glaube nicht,« fügte sie rasch hinzu, als sie seine schwarzen Augen von der Wuth der Leidenschaft funkeln sah, »glaube nicht, daß ich Dich verschmähe – daß ich nicht gerührt sei – daß ich mich nicht geehrt fühle durch diese Huldigung; aber sage – kannst Du mich ruhig anhören?«
    »Ja, und wären Deine Worte auch Blitze, die mich zerschmettern müßten.«
    » Ich liebe einen Andern ,« sprach Ione erröthend, aber mit fester Stimme.
    »Bei den Göttern – bei der Hölle –« schrie Arbaces, sich zu seiner vollen Höhe erhebend, »wage nicht, mir das zu sagen – wage nicht, mit mir Dein Spiel zu treiben – es ist unmöglich! – Wen hast Du gesehen, wen kennen gelernt? O Ione, das ist eine weibliche Ausrede; die Frauenlist spricht hier aus Dir – Du möchtest gerne Zeit gewinnen; ich habe Dich überrascht – ich habe Dich erschreckt. Verfahre mit mir wie Du willst – sage, daß Du mich nicht liebst, aber sage nicht, daß Du einen Andern liebst.«
    »Ach,« seufzte Ione, und brach sofort, erschreckt durch seine unerwartete Heftigkeit, in Thränen aus.
    Arbaces näherte sich ihr mehr – sein Athem glühte wild auf ihrer Wange, er schlang seinen Arm um sie – sie entriß sich seiner Umarmung. In diesem Kampfe fiel ein Täfelchen aus ihrem Busen auf den Boden. Arbaces gewahrte es und bemächtigte sich desselben – es war der Brief, den sie am Morgen dieses Tages von Glaukus erhalten hatte. Ione sank halb todt vor Schrecken auf das Ruhebett.
    Rasch flogen die Blicke des Arbaces über das Schreiben hin. Die Neapolitanerin wagte nicht, ihn anzuschauen; sie sah nicht die Todesblässe, die über sein Gesicht kam – gewahrte nicht das Runzeln seiner Stirne, nicht das Beben seiner Lippen, nicht den Krampf, der seine Brust hob.
    Er las ihn bis zu Ende und sagte dann, als der Brief seiner Hand entfiel, in einem Tone erheuchelter Ruhe: »Ist der Schreiber dieses Briefes der Mann, den Du liebst?«
    Ione schluchzte, aber antwortete nicht.
    »Sprich,« schrie er.
    »Er ist es – er ist es!«
    »Und sein Name – er steht hier – sein Name ist Glaukus.«
    Ione faltete die Hände und blickte rings umher, wie um Hülfe oder einen Ausweg zur Flucht zu suchen.
    »Höre mich also,« sagte Arbaces, seine Stimme zu einem Geflüster herabstimmend, »eher sollst Du in Dein Grab als in seine Arme sinken. Glaubst Du, Arbaces werde einen solchen Nebenbuhler dulden wie diesen erbärmlichen Griechen? Wie, glaubst Du, er habe das Reifen der Frucht überwacht, um sie einem Andern zu überlassen? Nein, liebes Närrchen, Du bist mein – ganz – allein mein – und so – so ergreife ich Dich und mache meine Rechte auf Dich geltend.
    Während er dieses sprach, schloß er Ione in seine Arme, und in dieser wilden Umschlingung lag die ganze Kraft weniger der Liebe, als der Rache.
    Der Ione aber gab die Verzweiflung übernatürliche Stärke; nochmals riß sie sich von ihm los – stürzte nach der Gegend des Zimmers, durch welches sie eingetreten, zog den Vorhang halb zurück; da erfaßte er sie; wiederum machte sie sich von ihm los und fiel, erschöpft und mit einem lauten Schrei an der Säule nieder, auf welcher das Haupt der egyptischen Gottheit stand. Arbaces hielt einen Augenblick ein, wie um Athem zu holen, und stürzte dann von Neuem auf seine Beute los.
    In diesem Augenblicke wurde der Vorhang rauh auf die Seite gerissen und der Egypter fühlte sich von einer zornigen und kräftigen Hand an der Schulter gepackt; er wandte sich um und erblickte die flammenden Augen des Glaukus und das blasse, abgelebte, aber drohende Gesicht des Apäcides vor sich.
    »Ha,« murmelte er, abwechslungsweise die Beiden anstarrend, »welche Furie hat Euch hieher gesandt?«
    »Ate,« antwortete Glaukus, und umschlang sofort den Egypter. Unterdessen erhob Apäcides seine bewußtlos daliegende Schwester vom Boden. Seine durch die langen und allzu starken Kämpfe erschöpften Kräfte reichten nicht hin, sie, so leicht und zart gebaut sie auch war,

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