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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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Säule von einer Seite zur andern; das dunkle Haut der Göttin wankte und fiel von seinem Fußgestell, und während sich der Egypter über sein beabsichtigtes Opfer beugte, traf ihn die Marmormasse gerade zwischen Schulter und Nacken. – Dieser Schlag streckte ihn, wie ein Todesstreich, plötzlich, ohne Schrei, ohne Bewegung oder Lebenszeichen auf den Boden hin, anscheinend durch dieselbe Gottheit zermalmt, die er gottloserweise belebt und angerufen hatte.
    »Die Erde hat ihre Kinder beschützt,« sprach Glaukus, auftaumelnd, »gesegnet sei die fürchterliche Zuckung; lasset uns die Fürsorge der Götter verehren.«
    Er half auch dem Apäcides aufstehen, und richtete sodann das Gesicht des Egypters aufwärts; es schien von der kalten Hand des Todes bereits erfaßt zu sein; Blut strömte aus den Lippen des Egypters über das prächtige Gewand und schwer entsank er Glaukus' Armen, während der rothe Blutstrom sich langsam über den Marmor ergoß. Von Neuem erbebte die Erde unter ihren Füßen; sie mußten sich an einander halten; doch hörte die Erschütterung so schnell auf, als sie gekommen war; sie verweilten nicht länger hier; Glaukus trug Ione leicht in seinen Armen und eilends verließen sie diesen unheiligen Ort.
    Kaum hatten sie jedoch den Garten betreten, als sie von allen Seiten auf fliehende, ungeordnete Gruppen von Mädchen und Sklaven stießen, deren festliche und schimmernde Gewänder zu den feierlichen Schrecken dieser Stunde einen höhnischen Gegensatz bildeten; sie schienen die Fremden nicht zu beachten, und waren offenbar nur mit ihrer eigenen Furcht beschäftigt. Nach sechszehn Jahren der Ruhe noch drohte dieser brummende und treulose Boden von Neuem Zerstörung. Aus jedem Munde hörte man nur das Geschrei: » das Erdbeben! das Erdbeben! « Unbelästigt durch ihre Mitte gehend, eilten Apäcides und seine Gefährten, ohne das Haus zu betreten, eine der Alleen hinab, und gingen durch eine kleine offene Thüre; und da saß auf einem kleinen Hügel, über welchen die dunkelgrünen Aloën ihr Düster verbreiteten, die gebeugte Gestalt von dem vollen Lichte des Mondes beleuchtet, das blinde Mädchen – sie weinte.

Drittes Buch.
    Hellen Scheines leuchte du Selene,
Dich beschwört mein leises Zaubersingen,
Hekate, auch Dich, die Höllgengöttin:
Führe Du uns, Dein blutig Mahl zu suchen
Unter Gräbern, zittern selbst die Hunde.
Hekate, Dich grüß ich: Hilf vollenden,
Mache mir den Zauber stark wie Kirkes,
Die Medeas stark und Perimedes.
Theocr. Idyll. II. 10.
     

Erstes Kapitel.
Das Forum der Pompejaner – Der erste rohe Mechanismus, vermittelst dessen die neue Weltepoche bewerkstelligt wird.
    Es war noch früh am Mittag und das Forum mit Geschäftigen sowohl, als mit Müßiggängern angefüllt. Wie heutzutage in Paris, so lebten damals in den Städten Italiens die Menschen fast ganz außerhalb ihrer Häuser; die öffentlichen Gebäude, das Forum, die Säulengänge, die Böden, und selbst die Tempel konnten als ihre eigentliche Heimath betrachtet werden. Es war daher nicht zu verwundern, daß sie diese beliebten Versammlungsplätze so prachtvoll ausschmückten; bildeten sie doch für sie gewissermaßen einen Gegenstand häuslicher Zuneigung, sowie nationalen Stolzes. Und belebt war in der That zu jener Zeit der Anblick, den das Forum zu Pompeji darbot! Auf seinem breiten, aus großen Marmorplatten gebildeten Pflaster waren verschiedene Gruppen versammelt, in jener energischen Unterhaltungsweise begriffen, die jedem Wort eine Geberde beifügt, und die noch heute das unterscheidende Merkmal der Völker des Südens ist. Hier saßen in sieben Buden auf einer Seite der Kolonnade die Geldwechsler, glänzende Münzhaufen vor sich aufgethürmt, und Seemänner und Kaufleute in bunten Trachten, drängten sich um ihre Buden. Auf der andern Seite sah man mehr Männer in langen Togen [Fußnote: Die Rechtsgelehrten und die Klienten nämlich, wenn sie ihren Patronen aufwarteten, behielten die Toga selbst dann noch bei, nachdem diese bei der übrigen Bevölkerung außer Gebrauch gekommen war. ] einem stattlichen Gebäude zueilen, wo der Magistrat die Gerechtigkeit verwaltete; diese Herren waren Advokaten, täthig, plaudernd, scherzend und witzelnd, wie man sie noch heute in Westminster finden kann. In der Mitte des Platzes stunden mehre Statuen, unter welchen die majestätische Gestalt des Cicero die beachtungswertheste war, auf Piedestalen. Um den Hof herum lief ein regelmäßiger und symmetrischer Säulengang nach

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