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Die leuchtende Stadt

Titel: Die leuchtende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey A. Carver
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Realität entstellte, auf der das Funktionsanalysesystem des Antriebs beruhte; sie verfingen sich in Raumzeit-Feldern, die einander überlappten und von einem unergründlichen Etwas auf einem fernen Planeten ins All projiziert wurden. Etwas Derartiges hätte eigentlich nicht passieren dürfen. Aber es war passiert. Der Interstellarantrieb war gefangen in einem sich immer weiter zusammenziehenden Netz, unfähig, sich selbst daraus zu befreien. Die Antriebseinheit, nicht einmal mehr in der Lage, sich selbst abzuschalten, war aus dem Orbit hinuntergezogen worden in eine tödliche, spiralförmige Sturzbahn …
    Der Sturzflug war abgefangen worden – von denselben Kräften, die ihn bewirkt hatten. Nachdem das Raumschiff die Atmosphäre durchstoßen hatte, krachte es bei der Notlandung nicht auf die Planetenoberfläche; teilweise noch im Normalraum, teilweise nicht mehr, materialisierte es sich dort: viele Meter über dem Meeresspiegel dieses planetaren Ozeans. Die Wucht des abgefangenen Aufpralls jedoch war heftig genug, um kritische Systeme des Antriebs zu zerstören, aber nicht heftig genug, um alle Passagiere des Raumschiffes zu töten. Für eine ganze Weile blieb das Raumschiff an der Wasseroberfläche; es sank nur langsam; Zeit genug, um Überlebende zu evakuieren und Teile der Ausrüstung und Versorgungsgüter zu bergen. Erst dann versank es in den Wellen und ließ eine Armada von Flößen und behelfsmäßigen Booten zurück, die mit aller Kraft versuchten, die Küste zu erreichen.
    Der Interstellarantrieb aber blieb im Todesgriff der fremdartigen Macht, die das Raumschiff von seinem Sternenflug geholt und zum Sterben verurteilt hatte. Selten nur, sporadisch kam es in Bewegung, rutschte dabei immer näher an die Macht heran. Und die Passagiere, die auf der Suche nach einer neuen Heimat mit dem Raumschiff durch die Galaxis gereist waren, verschwanden über das Wasser. Manchmal hörte die Antriebseinheit, wie die Schiffbrüchigen schwache, flüsternde Notrufe absetzten. Bald schienen sie nicht einmal mehr dieselben Leute zu sein. Als sie zurückgekommen waren, später, sehr viel später, um das Wrack auszuschlachten, war ihre Zahl merklich geschrumpft, und sie hatten nicht einmal den Versuch unternommen, mit der Seele der Antriebseinheit zu sprechen.
    War es Bedauern, das sich in die Bilder einschlich – oder eher Trauer? War es eine Reflexion der Wesen, die den Antrieb geschaffen hatten, oder interpretierten Char und Bandicut lediglich etwas in die Bilder hinein?
    Bandicut glaubte etwas zu hören – eine Stimme. Die von Char?
    ///Ich habe nichts gesagt.///
    Dann sprach die Stimme wieder. Sie benutzte keine Worte. Die Translatorsteine jedenfalls fanden weder eine Übersetzung, noch eine sinngemäße Übertragung. Aber Bandicut spürte, wie die Steine Sehnsucht aufsteigen ließen, damit er verstehe. Es war ein dröhnender Laut, auf- und absteigend, als versuche jemand auf einem Kontrabass eine menschliche Stimme nachzuahmen. Zuerst war Bandicut davon überzeugt, den Laut nur in seiner Gedankenwelt gehört zu haben; jetzt aber schien das Dröhnen sich durch das Wasser fortzupflanzen, ihn zu umgeben, seine Haut zum Kribbeln zu bringen.
    Und dann verklang es.
    /Hast du das auch gehört? Weißt du, was das war?/
    ///Ich habe versucht, es herauszufinden –
warte, ich fühle etwas in unserer Nähe,
viel näher an uns!
Spürst du es auch?///
    Bandicut gab sich Mühe, hörte auf, sich allein auf den Interstellarantrieb zu konzentrieren; er löste sich von ihm und ließ seine Gedanken schweifen. Da war tatsächlich etwas da draußen, eine Präsenz, schwächer, kleiner. Sie stand außerhalb seiner Verbindung mit dem Interstellarantrieb. Aber sie fühlte sich lebendig an: verwirrt, verängstigt.
    ///Kannst du es sehen – richtig, mit deinen Augen?///
    Bandicut blinzelte. Er war so versunken gewesen in den Kontakt mit der Antriebseinheit, dass er nahezu jedes Gespür für Körperlichkeit, auch für seine eigene verloren hatte. Die Lichtintensität veränderte sich ständig, schwoll an, nahm ab, verzerrt durch den Kern des Interstellarantriebs. Langsam drehte er sich um sich selbst. In einer Sekunde schien die Antriebseinheit einen gewölbten Durchgang um ihn herum zu generieren, in der nächsten sah er genau vor sich nur einen fremdartigen glimmenden Punkt.
    Und dann sah er es jenseits des glimmenden Punktes driften, ein Schatten, nichts als eine Silhouette, gekrümmt und sich drehend. Er brauchte einen Moment, um zu

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