Die Lichtermagd
zusammen im
Klarissenkloster gesehen. Sie hoffte, dass das umgekehrt für ihn nicht galt. Der Mann ließ nun seinen Blick über Fischlein schweifen, über die Feuerstelle, das Tier …
»Heh, Mann, wie heißt du?«, bellte er dann Fischlein an.
Der Knecht antwortete wie befohlen nicht, doch er wurde sichtlich unruhig.
»Herr, sein Name ist Thomas«, sprang Luzinde ein.
»Braucht er ein Weib, um für ihn zu reden?«, brachte der Kerl hervor, und die Reiter hinter ihm lachten.
»Vergebung, Herr«, sprach sie unterwürfig. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie durfte ihn jetzt nicht misstrauisch machen! »Er ist stumm. Ich rede immer für ihn.«
Der Anführer warf Fischlein beinahe einen mitleidigen Blick zu. »Was für ein Schicksal. Was macht dein Mann?«, fragte er Luzinde.
»Er – er ist Feinschmied, Herr«, log Luzinde. Das erklärte Fischleins grobe Statur, gleichzeitig aber auch den bescheidenen Wohlstand des Wagens. Der Mann auf dem Pferd blickte skeptisch drein, und ihr brach der Schweiß aus. Sie musste ihn überzeugen, musste einen dichten Teppich aus Lügen weben, den er nicht hinterfragen würde …
»Wir kommen aus Lindelberg, Herr«, plapperte sie das Erste, was ihr einfiel. »Der Vater ist krank, sehr krank. Er hat die Gicht. Wir müssen noch bis Castel, Herr, und wir haben gar keine Ahnung, wo das liegt. Wisst Ihr zufällig, wo das Kloster ist? Man sagt, sie würden dort wahre Wunder tun und könnten den Vater gesundmachen. Er kann kaum noch stehen, und jeder Stoß des Wagens tut ihm weh, er -«
»Halt die Luft an, Weib«, knurrte der Söldnerführer nun. »Ansgar, schau mal in den Wagen.«
»Mach ich, Ludewich!« Der Angesprochene lenkte sein Pferd hinüber zu dem Gefährt und schob die Wachsplane beiseite.
Luzinde schloss kurz die Augen und betete, dass Gottschalk darin alle verräterischen Stoffe und Gepäckstücke – wie den kleinen klappbaren Reisekerzenleuchter aus Holz – unter sein Lager gestopft hatte.
»Wir wissen, dass wir nach Osten müssen«, begann sie wieder. »Durch Altdorf durch, und darüber hinaus. Ihr – Ihr habt nicht zufällig denselben Weg?«
»Ich hab gesagt, du sollst die Klappe halten!«, fuhr Ludewich sie an.
»Hier ist ein Greis, Ludewich«, rief Ansgar nun herüber. »Die räuchern hier drin rum, so dass ich kaum was sehen kann, aber den Greis, den seh ich.«
»Es ist der Vater von meinem Mann, Herr, wie ich sagte«, hob Luzinde wieder an. »Wenn Ihr uns begleiten könntet, nach Castel, dann wär die Reise viel schneller und sicherer, Herr, und wir müssten uns nicht mehr so viele Sorgen -«
»Schnauze!«, schrie Ludewich nun. Dann wandte er sich an Fischlein. »Mann, bei so einem Weib stumm zu sein ist ja eine echte Strafe!« Der Knecht zuckte nur ergeben mit den Schultern.
»Wir suchen ein paar Juden, die hier unterwegs sind. Ein Karren, vermutlich mit Bewaffneten dabei. Habt ihr die Leut gesehen?«, fragte Ludewich dann.
»Juden?«, fragte Luzinde mit aufgesetzter Ahnungslosigkeit. »Mit Waffen? Ist das denn erlaubt?«
»Natürlich nicht, du dumme Gans. Deswegen suchen wir sie ja.«
Ein Gefühl des Triumphes überflutete sie. Der Mann glaubte ihr. Er glaubte ihr wirklich. »Nein, Herr«, gab sie zurück. »Gesehen haben wir sie nicht. Ist wohl auch besser so, wenn sie mit Knüppeln durch die Länder ziehen!«
»Kannste wohl laut sagen, Weib«, sagte Ludewich. Dann
stockte er misstrauisch. »Woher weißte denn, dass sie mit Knüppeln bewaffnet sind?« Einer seiner Männer griff seinen Streitkolben fester.
Luzinde hätte sich für diesen Fehler ohrfeigen mögen. Mit einem Wort hatte sie alles aufs Spiel gesetzt. »Ich hab mal welche gesehen, Herr, die hatten Knüppel dabei. Dachten, sie kämen so davon, haben gesagt, es wär doch keine Waffe, sondern – ich weiß nicht – ein Werkzeug oder so. Ich hab mich mächtig gefürchtet, damals.Verdammtes Judenpack«, stieß sie schnell aus. Ludewich musterte sie mit kaum verhohlenem Misstrauen. Noch einmal ließ er seinen Blick über das Lager schweifen. »Ich hoffe, Ihr gebt’s denen ordentlich, wenn Ihr sie erwischt, Herr!«, setzte sie noch hinterher. Fischlein vor ihr ballte die Hand zur Faust. Sie hoffte, er würde sich beherrschen können.
»Los«, bellte der Söldnerführer. »Und du«, er wies auf Luzinde, »solltest lernen, wann man die Klappe zu halten hat.« Damit wandte er sein Pferd. Insgeheim gab Luzinde dem Kerl sogar Recht.
Als sie den Trupp nach Norden verschwinden sahen, atmete Luzinde
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