Die Lichtermagd
riber is und es hinter de Higel schafft, dann komen se meglicherweis nit hinterher. Des is de falsche Richtung.«
»Ich weiß nit«, begann der mit Abraham Angesprochene. »Ir habt nur den Fischlein. Wolt er wirklich so durch Behmen?«
»Meglicherweis sind de Geselen da hinten nit auf der Suche nach uns«, meinte Gottschalk. »Kann aber doch sein. Hauptsache, einer komt durch. Aber wer solten sicher geen, damit irgendjemand weiterfehrt. Und wen wer alle durchkomen, seen wer uns am Hof des Keniks und lachen dariber.«
»Wer nimt welchen Weg?«, fragte Abraham. Schweigen fiel über die kleine Gruppe.
»Wer geen nach Altdorf«, beschloss Gottschalk schließlich.
»Aber das ist der gefehrlikste Weg!«, protestierte Josef. »Wenn einer nach Prak muss, dann doch du, Gottschalk!«
»Wer geen nach Altdorf. Und dabei bleibt’s.« Abraham beschloss, in das Wäldchen zu fliehen, während sich Josef und seine Leute über das Flüsschen ins Hinterland begeben wollten, um dann in einem Bogen auf die Route zurückzukehren. Der Abschied fiel den Männern sichtlich schwer. Josef bot Gottschalk noch zwei Knechte an, die auf ihn aufpassen sollten, doch der lehnte ab. »Wirst se selbst brauchen, Josef«, schloss er, doch Luzinde ahnte, dass er die zum Kampf ausgebildeten Männer nicht unbedingt an seiner Seite wissen wollte. Zu dritt wären sie unauffälliger. Und so trennten sich die drei Wagen bereits am ersten Tag ihrer Reise.
Fischlein setzte den Falben mit der Gerte in einen strammen Trab. Sie hatten den längsten Weg durch offenes Gelände vor sich. Das hieß, sie mussten sich beeilen. Mit ein wenig Glück suchten die Bewaffneten nach drei zusammen reisenden Wagen und würden die einzelnen Gefährte nicht beachten. Doch Luzinde wollte nicht darauf hoffen, dass die Kriegsleute so dumm wären. Wenn Ulman sie anführte, würde das sicher nicht geschehen.
Ungefähr ein halbes Stundenglas später – Luzinde konnte es nicht genau sagen – war der Falbe durch die sanfte Steigung des Geländes bereits so abgekämpft, dass Fischlein ihn im
Schritt gehen ließ. Die Magd setzte sich an die Rückseite des Wagens und lugte an dem Vorhang aus Wachstuch vorbei nach hinten hinaus. Sie wollte gewarnt sein, wenn ihnen jemand folgte. »Geht es nicht schneller?«, fragte sie besorgt.
»Nit, wenn das Tir heut Abend noch atmen sol«, grunzte Fischlein angespannt. Auch ihn schien die erzwungene Langsamkeit unruhig zu machen.
Des Öfteren glaubte Luzinde, Bewegungen wahrgenommen zu haben; bildete sich eine Reitergruppe ein, die mit gezogenen Klingen heranpreschte, wie man es sich von den Sarazenen erzählte – doch wenn sie dann blinzelte, dann war die Landschaft leer. Als sie wieder etwas zu sehen meinte, zögerte sie, rieb sich die schmerzenden Augen und schaute noch einmal hin. Der gefleckte Punkt sah anders aus, als sie erwartet hatte. Und kleiner. Doch als sie ihn kurz beobachtete, stellte sie fest, dass er sich bewegte. »Sie kommen.«
Gottschalk steckte nun auch den Kopf durch die Wachsplane und nickte grimmig. »Ja, de komen.«
Fischlein trieb den Falben unsanft in einen Galopp. Im Joch zu galoppieren war schwierig und das Gefährt schwer; doch offenbar übertrug sich die Spannung auch auf das müde Tier, denn es protestierte nur kurz.
Luzinde beobachtete die Geschwindigkeit der herannahenden Reiter mit wachsender Unruhe. »Das reicht nicht. Sie holen uns über kurz oder lang ein!«
»Was sol’n wer den machen?«, fragte Gottschalk verzweifelt. »Wer kennen nit weglaufen, aber kempfen kennen wer auch nit.«
»Sicher kennen wer kempfen!«, gab Fischlein vom Kutschbock zurück.
»Nit gegen so file«, erwiderte Gottschalk. »Aber es bleibt uns nits. Wer missen es farsuchen.«
Luzinde sah einen weiteren Moment lang auf die herannahende Gruppe. Dann schüttelte sie den Kopf. »Nein. Es gibt einen dritten Weg.«
»Je welchen denn?«
»Wir können ein Lager aufschlagen.«
Einen Augenblick sah Gottschalk sie an, als hätte sie den Verstand verloren. Oder las Luzinde Misstrauen in seinen Augen? »Warum soln wer den blos lagern, Meidel?«
»Weil sie das von ihrer Beute nicht erwarten.Wir werden sie täuschen müssen.«
Verstehen und Anerkennung schlichen sich in Gottschalks Blick. »Fischlein, such ein Lager!«
»Ein was?« Die Stimme des Knechtes überschlug sich fast.
»Ein Lager«, wiederholte Gottschalk. »Des Tir muss ze Atem komen.«
»Is euch ein Donerwurm ins Hirn gekrochen?«, fluchte Fischlein panisch.
»Wir
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