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Die Lichtermagd

Die Lichtermagd

Titel: Die Lichtermagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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Stimme war Luzinde Balsam auf ihrer Seele. Dann schüttelte er halb verständnislos, halb bewundernd den Kopf. »Deine Reise muss ja dringend sein.«
    »Das ist sie«, sagte Luzinde. »Bitte, Herr Wenzel, Ihr müsst mich wieder mitnehmen. Ich kann Euch bezahlen, damit Ihr für Eure Umstände entlohnt werdet, ich -«
    Wenzel hob die Hand. »Euer Großonkel hatte bereits für die Reise bezahlt. Aber ich weiß nicht... Wir können sie auch zurück nach Pilsen bringen lassen.« Er sah fragend zu Seifert hinüber. Der zog die Stirn in Falten. »Herr Wenzel, was soll sie denn in Pilsen? Da können wir sie genauso gut nach Prag mitnehmen. Wenn es doch so dringlich ist …«
    »Ich weiß nicht«, sagte der. »Eine Stadt wie Prag scheint mir wenig geeignet für eine junge Frau ohne Schutz. Kennst du denn dort jemanden?«

    »Nein«, gestand sie. Doch es ärgerte sie, dass nun, da Gottschalk tot war, offenbar jeder die Verantwortung für sie übernehmen wollte. »Aber hier auch nicht.«
    »Ihr Juden seid einander doch sonst nicht so fremd«, meinte Seifert erstaunt.
    »Das stimmt.« Konnte sie den beiden die Wahrheit sagen? Doch sie wagte es nicht. Noch nicht. »Ich … finde in Prag schon jemanden. Es geht um Leben und Tod.«
    »Wessen Leben? Doch wohl nicht deins?«, fragte Wenzel.
    »Nein. Aber ändert das etwas? Ihr setzt Euer Leben doch auch für andere ein.«
    Der Ritter schwieg. »Hier kannst du jedenfalls nicht bleiben.« Er machte eine kleine Pause und musterte sie so intensiv, dass Luzinde unter dem Blick unruhig wurde. Schließlich schien er zu einem Entschluss gekommen zu sein. »In Prag kannst du auch nicht allein bleiben«, meinte er dann. »Aber da findet sich etwas.«
    »Danke, Herr Wenzel.« Doch sie war froh, als Wenzel sich bald wieder Seifert zuwandte. Sie schien vor dem Ritter nichts verbergen zu können.
    Als der Rest der Reisegruppe in Rokytzan eintraf, gewährte Wenzel ihnen eine kurze Pause, bevor man weiterzog. Luzinde atmete auf. Sie hatte es geschafft – es ging voran. Sie sah zu dem Ritter hinüber, der auf seinem dunklen Pferd das Schlusslicht bildete. Er sah fast grimmig aus, wie er da so ritt. Doch wenn man sich von der Fassade nicht täuschen ließ, sah man einem ernsthaften Mann ins sorgenvolle Gesicht. Mit einem Mal fragte Luzinde sich, ob sie wohl vollbringen könnte, was er mit einer solchen Selbstverständlichkeit tat – im Namen seines Königs für völlig fremde Menschen die Sicherheit zu gewährleisten. Das tat er mit einer Selbstverständlichkeit, die Luzinde Respekt abverlangte. In der Nacht in Pilsen hatte sie
nicht gedacht, dass sie sich auf dem Weg nach Prag so schnell wieder sicher fühlen würde. Jetzt musste sie es nur noch irgendwie zum König schaffen.
     
    Doch die Reise der wieder zusammengeführten Gemeinschaft endete schon am Abend abrupt, als Bruder Ambrosius am Rande der Straße zusammenbrach und nicht mehr aufstand. Man hatte Horowitz noch nicht erreicht, da der Mönch sich den ganzen Nachmittag nicht von seiner nächtlichen Zecherei erholt zu haben schien. Luzinde hatte ihm schließlich für einen Teil der Strecke ihren Platz auf Seiferts Händlerkarren abgetreten. Doch als Ambrosius zitternd an der Böschung liegen blieb, da wusste Luzinde, dass dies kein einfacher Kater war. Sie hatte durch ihren Umgang mit Kräutern in Pillenreuth ein bisschen was über Krankheiten gelernt. Und der Mönch war krank, sehr krank. Sie lief zurück und zögerte nur kurz. Man sollte sich von Kranken fernhalten, das wusste jedes Kind. Aber den Mann einfach so liegen zu lassen, kam nicht infrage.
    Sie nahm seine Hand und schob den Ärmel seines Bettelgewandes nach oben, um zu fühlen, wie weit die hitzigen Säfte vorgedrungen waren. Der Mann war heiß und zitterte doch am ganzen Körper, dass sie sich ernste Sorgen machte. Inzwischen waren auch die böhmische Frau und Seifert mit seinem Gehilfen Adam näher getreten und blickten ihr über die Schulter. Da die Kapuze verrutscht war und dem Mönch die Luft abschnürte, verschaffte sie ihm mit zitternden Händen ein wenig Erleichterung, indem sie die Schnur seiner Kutte öffnete.
    »Er hat ein schlimmes Fieber«, verkündete sie. »Soweit ich weiß, hilft Salbei, Bertram und Gundelrebe. Salbei habe ich vielleicht noch etwas dabei, alles andere müsste man zuerst suchen oder kaufen. Hier findet man vermutlich eher Eibisch, der tut es auch. Kennt sich jemand -«

    »Das ist der Schwarze Tod!«, stieß die böhmische Frau mit schwerem Akzent

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