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Die Lichtermagd

Die Lichtermagd

Titel: Die Lichtermagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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aus Holz und lehnten sich bereits schief aneinander. Der kleine Platz in der Mitte des Ortes besaß immerhin eine hölzerne Kirche. Nur wenige Menschen verweilten draußen, dazu war das Wetter zu unwirtlich. Die wenigen, die sie sah, eilten mit festem Ziel in eines der Häuser. Luzinde kam es so vor, als würde jeder sie mehr oder weniger unfreundlich anstarren. Eine alte Frau lehnte am Fenster und glotzte nur.
    Luzinde kam an einem Fuhrgespann vorbei, an das zwei Männer, der Kleidung nach Knechte, gerade das Geschirr zweier
schwerer Kaltblüter reparierten. Der Karren war ein geschlossener Kastenwagen mit einer verketteten Tür an der Rückseite. Die Knechte nickten ihr zu. Sie grüßte zurück. Sollte sie sie ansprechen? Immerhin wirkten sie weder verschlossen noch feindselig, und sie war hier fremd.
    »Heda!«, rief da der eine, der ihr Zögern offenbar bemerkt hatte. Also hielt Luzinde inne. »Ich grüße Euch, Herrschaften«, sprach sie vorsichtig. »Ist dies der Ort Rokytzan?«
    Die beiden blickten einander an. »Das ist Rokytzan, wohl wahr«, sagte dann der andere. Sie sprachen beide mit schwerem Akzent.
    »Danke«, sagte sie beinahe enttäuscht, denn das bedeutete, dass Horowitz vermutlich noch in einigen mühevollen Wegstunden Entfernung lag.
    »Reist Ihr allein?«, fragte der Erste.
    »Nein«, eilte Luzinde sich zu sagen. »Ich … ich treffe jemanden.«
    »Ach so«, meinte der zweite. »Sonst hätten wir Euch vielleicht mitnehmen können. Wo wollt Ihr denn hin?«
    »Prag«, erwiderte sie zögernd. War dies eine Möglichkeit, schneller voranzukommen?
    »Schau an«, meinte der erste Knecht erstaunt. »Da fahren wir auch hin! Und wir haben noch Platz, nicht, Pavel?«
    »Oh ja«, lachte der Angesprochene.
    »Das ist ja eine Fügung des Herrn«, gab Luzinde zurück. »Dann könntet Ihr mich ein paar Meilen mitnehmen?«
    »Ich dachte, du triffst jemanden?«
    »Ich … treffe jemanden in Horowitz«, redete sie sich heraus.
    Der eine rief dem anderen in der böhmischen Sprache etwas zu, und sie lachten.
    Irgendetwas im Ton der Männer ließ Luzinde innehalten. Sie nahm den Kastenwagen näher in Augenschein. Es gab ein paar
Schlitze in dem Holz, ansonsten konnte man nicht hineinschauen. Wurden darinTiere transportiert? Aber nein, die konnte man auch anbinden, und man musste sie nicht hinter Schloss und Riegel befördern. Dann fiel ihr der Gestank von Kot und Urin auf, und ihr wurde ganz mulmig zumute. War dies ein Hurenwagen? Oder waren die Männer Frauenhändler?
    Die Magd wich instinktiv einen Schritt zurück, denn in ihr verkrampfte sich alles. Sie sah sich um und erblickte ein Schild mit einem Krug darüber. Ein Gasthaus! Dort wären Menschen. In deren Gegenwart würden die Kerle sicher das Interesse an ihr verlieren! Kaum war sie einen weiteren Schritt zurückgewichen, ließ der eine Knecht die Arbeit fallen, an der er gewerkelt hatte, und glich die Distanz zu ihr mit einem Sprung wieder aus. »Nu«, sagte er. »Wir unterhalten uns gut, oder? Musste doch nicht gleich weglaufen, nicht?«
    »Ich … lasst mich in Ruhe, Herrschaften«, bat sie und versuchte, ihrer Stimme einen festen Ton zu verleihen.Wie dumm sie gewesen war! Offensichtlich sprachfremd und allein unterwegs, hielten die beiden sie für eine leichte Beute. Und sie rechneten sich vermutlich völlig richtig aus, dass ihr hier niemand beistehen würde. Warum auch? Sie sah aus wie eine Jüdin, um die die Christen sich nicht scheren würden.
    »Na, stell dich nicht an«, sagte der Erste. »Je weniger du dich wehrst, desto weniger tun wir dir weh.«
    »Tu nicht so, als wärste eine Ehrbare«, sagte der andere. »Ehrbare Frauen reisen nicht allein.«
    Luzinde befeuchtete ihre Lippen mit der Zunge. Sie wich ganz langsam zurück, denn sie wusste, sobald sie sich umdrehen würde, um zu rennen, würden die beiden laufen. Mit Gottschalk und Fischlein wäre ihr das nicht passiert, und mit Ritter Wenzel an ihrer Seite sicher auch nicht. Was also tun? Wie sich vor den beiden schützen? Wie ihnen begreiflich machen,
dass es besser für sie war, sie nicht zu rauben? Das ging nur, wenn sie ihnen Angst machte.
    »Ich … ich mache mir keine Sorgen um mich«, begann sie vorsichtig.
    »Ach so? Meinst du, wir werden uns an dir stoßen?«, grinste der zweite Knecht.
    »Ich mache mir Sorgen um Euch.« Sie richtete sich ein wenig auf und versuchte, eine selbstsichere Pose einzunehmen. »Glaubt Ihr wirklich, ich reiste allein, wenn ich schutzlos wäre?«
    »Vermutlich

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