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Die Lichtermagd

Die Lichtermagd

Titel: Die Lichtermagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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bis ihr ins Freie kommt. Zum Schluss müsst ihr ein wenig klettern. Und mit etwas Glück begegnet euch Asriel auf seinem Rückweg. Schaffst du das?« Bel nickte blass.
    Luzinde und Rebekka zogen die bewusstlose Frau ein paar Stufen die Treppe hoch, zwängten sich selbst hinein und ließen die Truppe an sich vorbeiziehen. Rosa blieb mit ihren Kindern stehen. »Meinst, der Ysaac wird’s iberleben?«
    Luzinde mied den Blick der Freundin.Wenn sie ihr Hoffnungen machte, würde sie gar auch noch bleiben wollen. »Ich weiß nicht, Rosa«, sagte sie dann ehrlich. »Nathan und die anderen geben ihr Bestes, um die Gefangenen aus dem Loch zu befreien. Aber ich fürchte, sie werden genug damit zu tun haben, ihr eigenes Leben zu schützen.«
    Die rundliche Frau nickte blass. »Dank dir, Luzinde. Ich werd’s dir nie vergessen.«
    »Sorg dafür, dass es deinen Kindern gutgeht, Rosa.« Die liebe Frau nickte und verschwand in der Dunkelheit. Mose ging als Letzter.
    »Ir wolt da raus?«
    »Ja.«
    »Dann kom ich mit.«
    »Mose, des get nit«, erwiderte Rebekka eindringlich.
    »Aber des is gefehrlich!«, meinte er. »Wir sind von da gekomen! Der Zotenberg ligt miten im Herzen des Unheils. De erschlaken jeden, der nur nach einem Jidenen ausschaut!«
    Rebekka nahm seine Hände und küsste sie. »Du pass auf Bel und die andern auf. Jemand mus des tun. Ich hol den Jakob. Die Luzinde hilft mir ja.«
    Mose sah unentschlossen zu Luzinde hinüber. Als diese nickte,
verabschiedete er sich widerstrebend von seiner Frau und folgte den anderen.
    »Meglicherweis war das ein dummer Gedanke«, sagte Rebekka. »Er kennt uns helfen …«
    »Es ist besser so, Rebekka. Die anderen werden Mose dort brauchen. Er wird sie beruhigen und kann sie zum Waldrand bringen.«
    »Hast sicher Recht.« Die Jüdin hatte Angst. Luzinde erging es nicht besser. »Komm. Wir müssen -«
    »Altrud?« Aus Richtung der Stufen hinter ihnen erklang die Stimme eines Mannes. »Altrud, Weib, wo steckste!«
    Luzinde und Rebekka sahen sich nur an, auf die Frau, die schwer atmend zu ihren Füßen lag. Sie zogen sie wieder ein Stück in den Gang hinein. Dann hasteten die beiden in die Dunkelheit. Hinter ihnen wurde das Rufen lauter.
    Als Luzinde aus dem Keller herausstieg, fiel sie Wenzel in die Arme. »Jakob ist weg. Ist er an dir vorbeigekommen?«
    »Nein. Hier ist er nicht raus, solange ich an der Tür war. Aber ich habe vorhin etwas hinten in der Küche gehört. Dort stand das Fenster offen. Vielleicht ist er dort hinaus.«
    »Wir müssen ihn finden«, stieß Luzinde aus. »Und Wenzel, jemand hat uns dort unten gesehen.«
    »Die anderen?«
    »Ich habe ihnen den Weg beschrieben und sie losgeschickt. Aber wenn jemand die Gänge entdeckt,Wenzel, dann bekommen wir niemanden mehr hinaus.«
    »Dagegen können wir nun auch nichts mehr tun. Das musste früher oder später geschehen. Wir müssen nehmen, was Gott uns gibt. Asriel wird sicher weitermachen, so lange es geht. Aber du hast Recht, wir müssen los. Wegen Jakob. Und zum Kloster.«
    Rebekka, Luzinde und Wenzel schulterten das wenige Gepäck,
das sie besaßen, und hasteten hinaus in die kalte Dezemberluft.
    Obwohl umgeben von Häusern und Mauern kam Luzinde sich in den Gassen schrecklich entblößt vor. Besorgt sah sie hinüber zu der Rauchwolke, die wie ein Pfeil auf jenen Teil Nürnbergs deutete, in dem momentan die Hölle wüten musste. So viele Menschen würden dort heute sterben, weil – ja, warum? Sie wusste es nicht mehr. Gleichzeitig war sie froh zu wissen, dass es bereits so viele Flüchtlinge bis draußen vor die Stadt geschafft hatten. Sie zumindest würden leben. Und das war zu einem Großteil nur dem zornigen alten Nathan und seinen Leuten zu verdanken, die ihre Häuser – ihre Heimat – nicht kampflos aufgeben wollten. Sie schickte ein Stoßgebet zum Herrgott, dass sie diesen Schritt nicht bereuen mussten. Sie würden jede Hilfe brauchen, die sie bekommen konnten.
    Der Weg zum Zotenberg war gar nicht weit. Doch Gottschalks altes Haus lag tatsächlich mitten im Herzen des Geschehens. Luzinde verwünschte sich nun dafür, die Spielerei mit dem Frosch überhaupt angefangen zu haben. Herr, Gott, beschütze den kleinen Jakob!, bat sie stumm. Es durfte nicht sein, dass die Familie nach dem Großvater nun auch noch den Sohn verlor.

KAPITEL 29
    Romer war nicht der Erste an dem Haus, an dessen Türrahmen eines dieser jüdischen Behältnisse genagelt war: Jemand hatte die Kapsel bereits mit einem kräftigen Hieb zerschlagen.

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