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Die Lichtermagd

Die Lichtermagd

Titel: Die Lichtermagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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was?«, fragten Ulman und Hosto Stromer im selben Moment.
    Elisabeth lächelte frostig. »Keine Jüdin.«
    In der Stille der Schreibkammer konnte man jeden einzelnen Tropfen des Weines hören. Er leckte von der Tischplatte in eine stetig wachsende Lache auf dem Boden.
    »Keine Jüdin?«, fragte Ulman schließlich. »Was ist sie dann?«
    »Ich habe sie selbst nicht sofort erkannt.Aber wenn es sich bei dieser Luzinde um jene Magd handelt, die jüngst im Klarissen konvent einen Zusammenstoß mit Margaret Berainer hatte, dann ist sie eine Christin wie Ihr und ich, ganz, wie ihr damals sagtet«, erwiderte Elisabeth. »Obwohl – eher wie Ihr als wie ich. Sie ist von der Messe ausgeschlossen worden. Schon vor Jahren.«
    Ulman konnte kaum begreifen, was seine Tante da sagte. »Weshalb?«
    »Sie hat gesündigt. Mit einem Mann«, sie lächelte fein. »Ein Zug an ihr, der sich offenbar nicht gelegt hat. Nur ihm hat sie ein Kind geboren.«
    »Ein Kind«, wiederholte Ulman hohl. Das ergab alles keinen Sinn.
    »Leider war der Vater einer der Erben des einflussreichsten Mannes vor Ort – und so hat man mich gebeten, es wegzuschaffen.«
    »Wie es scheint, war deine Hure nicht ganz ehrlich zu dir, was?« Hosto grinste über das ganze Gesicht. »Na ja, das beruht ja wohl auf Gegenseitigkeit.«
    Ulman setzte sich auf einen Stuhl, denn seine Beine versagten ihren Dienst. Hatte er nicht eben Luzindes Seele berührt? Hatte er sich ihr nicht gerade so geöffnet, wie er das bei noch keinem Menschen getan hatte? Wie konnte sie ihn da belogen
haben? Wie konnte sie ein so völlig anderer Mensch sein, als der, den er noch vor wenigen Augenblicken in den Armen geborgen hatte? Plötzlich schien an ihr nichts mehr zum anderen zu passen.
    »Mir scheint«, fuhr Hosto Stromer fort, »dass du eine verdammt wichtige Lektion des Lebens noch lernen musst, mein lieber Ulman.« Er erhob sich, umrundete den Tisch und legte Ulman die Hand auf die Schulter.
    Ulman wich dem Blick des Onkels aus und unterdrückte den Impuls, ihm das Maul zu stopfen – mit einem Pergament, dem Stoff seines Wamses, einem Buch – egal. Er wollte den Vortrag nicht hören. Doch er zügelte sich.
    »Frauen sind wichtig«, fuhr Hosto fort. »Um Allianzen zu schmieden. Um Kinder zu bekommen. Um Konvente zu leiten«, er nickte Elisabeth zu. »Um die Einsamkeit zu vertreiben, wie Huren es tun.« Er machte eine Pause und drückte Ulmans Schulter. Und dann beinahe sanft: »Aber nicht so wichtig, dass man darüber den Kopf verlieren darf.«
    Ulman schwieg. Alle seine Gefühle rebellierten gegen diesen Grundsatz des Oheims. Er dachte an Luzinde, ihr weiches Haar, den Duft ihrer Haut …
    Hosto wandte sich Elisabeth zu. »Die Frage ist doch eher, ob wir diese unerwartete Neuigkeit für uns nutzen können, damit sie ihr Wissen nicht an Gottschalk weiterträgt. Wenn sie das nicht schon längst getan hat. Elisabeth, weißt du, wo sich ihr Kind befindet?«
    »Natürlich.«
    »Dann sollten wir vielleicht herausfinden, ob das Mädchen es zurück haben will. Und ob sie damit gefügig zu machen ist. Das wäre wohl deine Aufgabe, Ulman.«
    Bei dieser Vorstellung drohte sich Ulmans Magen umzudrehen. »Und wenn ich’s nicht tue?«

    »Dann bist du tatsächlich der Nichtsnutz, für den dich dein Vater gehalten hat, Ulman«, sprach Hosto Stromer schwer. »Und einen Nichtsnutz kann unsere Familie an ihrer Spitze nicht gebrauchen.«

KAPITEL 13
    Se ligt doch, wie’s den Krischten eben natirlik is!«, beschwor Judenrichter Eberlein die Runde. Gottschalk hatte neben seinem Sohn die Nachbarn Ysaac von Schesslitz und Nathan von Grevenberg sowie den Judenrichter in seine Schreibstube gebeten. Nathan, ein Geldverleiher in prachtvollem bodenlangen Überrock mit kostbaren Perlstickereien, war Gottschalks unmittelbarer Nachbar auf der anderen Seite.
    »Ich lüge nicht«, wiederholte Luzinde heute zum etlichen Male. Sie war es leid, sich zu verteidigen. Seit sie die Unterredung in der Laurentiuskirche mit angehört hatte, waren zwei Tage vergangen. Gestern hatte sie sich mit Ulman getroffen. Und obwohl der ihr geraten hatte, niemand anderen einzuweihen, hatte ihr Gewissen sie geplagt. Heute früh hatte sie mit Gottschalk darüber gesprochen. Der Alte hatte ihr zuerst gewissenhaft einige Fragen gestellt, dann mit seinem Sohn die Köpfe zusammengesteckt und schließlich die Herrschaften eingeladen, um die bedrückenden Nachrichten mit ihnen zu besprechen.
    »Warum solt’st denn zu uns komen, Schicksa? De kennst

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