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Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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Köter darauf!«, meinte Gertzen.
    Die drei schwiegen, lauschten in die Stille.
    »Übermorgen fahre ich nach Köln. Ich höre mich dort um und gebe euch baldmöglichst…«
    »Das muss aber ein großer Köter sein mit einer noch größeren Blase!«, brummte Löher und war mit ein paar Schritten beim Fenster, löste die beiden Riegel, riss es auf und versuchte in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Sehen konnte er zwar nichts, aber er hörte, wie sich jemand im Laufschritt entfernte.

    27

    Mattie Alexander Martin kroch hinaus in einen zauberhaften Morgen. Der Himmel war durchsichtig wie dünnes Glas, im Osten schimmerte ein schmaler Streifen in der Farbe einer reifen Honigmelone und vom Cayuga her wehte eine leichte Brise. Mattie, die aber alle nur Sandy nannten, abgeleitet von ihrem zweiten Vornamen, richtete sich auf, schloss die Augen, hielt ihren Kopf mit hochgerecktem Kinn in den warmen Wind und genoss das sanfte Streicheln durch ihr wuscheliges Haar.
    Der Geruch von Holzfeuer stieg ihr in die Nase, irgendwo klapperte Kochgeschirr. Nach und nach kam Bewegung in die Decken unter der Plane, die sie zwischen die Bäume gespannt hatten, schlaftrunkene Gesichter schnitten Grimassen in das Licht des neuen Tages. Es war ein spontaner Einfall von George Lincoln gewesen, die Nacht mit ein paar Freunden und einigen seiner Studenten im Freien zu verbringen. Mit Decken, Rucksäcken, Kochgeschirr und einer Gitarre waren sie einfach drauflosgezogen, waren gewandert, bis sie am späten Abend einen geeigneten Platz zum Schlafen gefunden hatten. In unmittelbarer Nähe des Lagers plätscherte ein Bach und an Brennholz war in den weiten Wäldern um den Cayuga kein Mangel.
    Sandy Martin reckte sich, sog tief die frische Luft ein. Ihr Kleid spannte sich über ihren festen Brüsten, deren Warzen sich für einen Augenblick wie kleine Karamellbonbons abzeichneten. Barfuß schlenderte sie im noch taufeuchten Gras hinunter zum Wasser, blieb dort stehen und blickte hinaus auf die funkentanzende Fläche, auf der sich ein paar dunkle Punkte mit kaum wahrnehmbarer Geschwindigkeit dem Ufer näherten.
    Wahrscheinlich Fischer, die ihren Fang einholten.
    George Lincoln hockte versunken auf seiner Decke, die Beine im Schneidersitz. Der halb geöffnete Rucksack lag neben ihm. Leise trat sie von hinten an ihn heran und sah ihm über die Schulter. Das war typisch für ihn und sie hätte sich gewundert, wenn es anders gewesen wäre. Bis hier heraus schleppte er seine Arbeit! Zwischen seinen Knien lag ein Buch, das er als Schreibunterlage benutzte, und sein Waterman-Füller flog über das Blatt. Sandy knickte einen langen Grashalm und fuhr damit leicht über Burrs Nacken.
    Unwillig schüttelte er den Kopf, um das vermeintliche lästige Insekt loszuwerden. Erst beim dritten Mal löste sich sein Blick vom Papier.
    Sandy lachte. »Du bist unmöglich! Kannst du auch einmal an etwas anderes denken als an deine Arbeit?«
    »Ich habe schon Holz gesammelt und Wasser geholt!«, verteidigte er sich. »Momentan mache ich bestimmt zehn Sachen gleichzeitig! Schon vor fast fünfzehn Jahren habe ich mich breitschlagen lassen, für die Serie ›Helden der Geschichte‹ einen Band über Karl den Großen zu verfassen«, redete er weiter und es klang beinahe entschuldigend, »er ist bis heute nicht fertig. Dazwischen kam der Streit über den Grenzverlauf zwischen Britisch Guyana und Venezuela, mit dessen Klärung ich ganze drei Jahre beschäftigt war, und jetzt hänge ich an einer Hexenjagd, die sich in Massachusetts, in Salem, zugetragen hat. Hör mal zu!«
    »Das tue ich ja schon die ganze Zeit!«, lächelte sie und fuhr ihm neckend mit dem Grashalm über die Wange.
    »In nicht einmal drei Monaten haben sie dort im Jahr 1692
    neunzehn Menschen hingerichtet. Was dabei interessant ist, sind die verschiedenen Vorstellungen über die Gestalt des Teufels. Der ›Hexenhammer‹, Binsfeld, Bodin und wie sie alle heißen beschreiben ihn als bösartig, aggressiv und Furcht erregend. Er denkt in großen Maßstäben, will die ganze Welt verderben, feiert mit seinen Anhängern orgiastische Gelage.
    Bei den Puritanern in Salem aber ist er eher ein kleiner Dieb, schleicht des Nachts um die Häuser, wobei er die Gestalt eines honorigen Mitbürgers annehmen kann. So beschreibt ihn auch Mathers, der sich als Spezialist in Hexereifragen hervortat und mit seinen Predigten zur Verbreitung der Raserei beitrug, sodass der Funke auf Cambridge, Boston und Ipswich übersprang. Also, auf der

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