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Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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Rheinbach einen zweiten Wohnsitz zuzulegen. Aber der Posten als Bürgermeister war eine kostspielige Angelegenheit und verschlang viel Geld.
    »Dieser verlauste Hund!« Hermann Löhers breite Nase zuckte im gelben Licht der Öllampe, ließ sie noch mächtiger erscheinen, als sie ohnehin war, und sein kleines, schmales Kinnbärtchen richtete sich auf wie ein Klappmesser. »Der Geck, dieser erbärmliche Läusehund mit seinem Schandmaul, er und der Heimbach! Ja, den Heimbach hat Gott gestraft!
    Seine Hand ist verdorrt, kaum dass er sitzen kann, und zum Gehen braucht er zwei Stöcke, an denen er unter Qualen seinen verschwürten Leib herumschleppt! «
    Im Haus Löher herrschte miserable Stimmung. Um den runden Tisch im Wohnzimmer saßen Kunigundes Mutter, genau genommen ihre Stiefmutter und inzwischen durch Moeden zwangsverwitwet, Richard Gertzen mit seiner Frau, das Ehepaar Löher mit den beiden ältesten Söhnen Hermann und Bartholomäus.
    »Ich bin im Gerücht, was soll ich machen?«, bestimmt zum fünften Mal wiederholte Löhers Schwiegermutter nun diesen Satz.
    »Sie brauchen Geld, schließlich muss der Geck von irgendwas seine Häuser zahlen, dem Moeden seine feiste Alte braucht neue Kleider und bei dir ist noch einiges zu holen!«, knurrte Löher grob.
    »Der Moeden wollte doch den Pfarrer Hubertus zu
    Meckenheim als Hexer hinrichten lassen, nachdem der mehrmals von der Kanzel herab die Prozesse als Mordprozesse bezeichnet hat!«, sagte Kunigunde nachdenklich.
    »Worauf ihm der Moeden seine fettesten Schafe und Hammel abschlachten und verbrennen ließ, was der Pfarrer nicht einfach so hinnehmen wollte und deshalb seine Predigten noch verschärfte!«, setzte Bartholomäus hinzu.
    Kunigunde nickte. »Aber der Fürst selbst hat sich dann vor ihn gestellt und ihnen persönlich jedes weitere Vorgehen gegen den Pfarrer verboten!«
    Der junge Hermann konnte dem Disput nicht ganz folgen und blickte ein wenig verwirrt vom einen zum anderen.
    »Deine Frau hat Recht!«, wandte sich Gertzen an Löher.
    »Jetzt sind sie eingeschüchtert und gewarnt. Der Moeden, der Geck und die beiden Flerzheimer Ja-und-Amen-Schöffen, der Achsenmacher und der Miller, werden sich hüten, dem Fürsten in nächster Zeit einen erneuten Anlass zu geben. Weißt du was? Ich sage euch, in Flerzheim werden sie jetzt aufhören, jedenfalls so lange, bis ein wenig Gras über die Sache gewachsen ist!«
    »Der Moeden geht so schnell nicht weg aus der Gegend!«
    »Das glaube ich auch!«, gab Gertzen zurück.
    Hermann Löhers Brauen schoben sich nach oben und seine großen Augen weiteten sich noch mehr. »Du meinst…«
    Stumm und schwer hing die Antwort in der Luft.
    »Er wird in Flerzheim etwas Ruhe geben, dafür seine Tätigkeit für einige Zeit hierher nach Rheinbach verlagern!«, sprach sie Kunigunde aus.
    Hermann Löher sprang hoch und lief wortlos auf und ab. »Ist dein Vetter noch da?«
    »Er wollte noch auf einen Schoppen bei mir
    vorbeikommen!«, erwiderte Gertzen nickend. Nach einem Blick zum Fenster meinte er: »Wahrscheinlich ist er schon bei uns zu Hause!«
    »Komm! Gehen wir!«, sagte Löher entschlossen und langte nach seiner Jacke hinter der Tür.
    Leicht, beinahe heiter legte sich der Abend über Rheinbach, der Juliwind raschelte leise in den Blättern der Bäume, schubste hoch oben kleine Federwölkchen übers Firmament, die ersten Sterne glitzerten wie goldene Sandkörner auf dunklem Samt. Wehmut überkam Hermann Löher. Wie oft waren er und sein Freund Johann Freylink an Abenden wie diesem draußen vor der Stadt gelegen, die Hände hinter dem Kopf verschränkt, hatten aufgeschaut, klein und winzig waren sie sich vorgekommen, und, ergriffen von der Macht des ewigen Schöpfers, hatten sie kaum zu atmen gewagt. Nachts, daheim im Bett, hatte er weitergeträumt, den Himmel mit Gottvater auf einer Wolke gefüllt und die Mutter Maria stieg langsam mit dem Jesukind im Arm auf der Sichel des Mondes stehend am Horizont empor. Aber die Träume hatten sich gewandelt. Kein Lächeln huschte im Schlaf mehr über seine Lippen, stattdessen stieß ihn Kunigunde in die Seite, wenn er wieder einmal heftig mit den Zähnen knirschte.
    »Ach, die Herren Löher und Gertzen!«
    Es war Jan Bewell. Löher fuhr merklich zusammen. Weniger, weil Bewell ihn aus seinen Gedanken gerissen hatte, sondern wegen dessen Aussehens. Zwar verlöschte die Dämmerung die Farben, verwischte die Konturen, trotzdem war auszumachen, dass Bewells Gestalt mehr Ähnlichkeit mit

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