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Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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die Überfahrt nicht überlebt. Vier Tage waren sie in einer Flaute gelegen und bestimmt hatte niemand von der Besatzung die Deckplanken abgekühlt.
    George Lincoln stand auf, um sich abseits einen schattigen Platz zu suchen, da er das weinerliche Lamentieren und Stöhnen eines dicken, backenbärtigen Tabakhändlers aus den Südstaaten nickt mehr ertragen konnte.
    »Stellen Sie sich vor, Sie müssten jetzt noch über fünfzig Tage auf dem Schiff sein wie unsere Vorfahren. Wir sind nur acht Tage auf See und in ein paar Tagen wieder an Land. Wir haben genug frisches Trinkwasser und werden gut verpflegt! «, hatte er noch freundlich zu ihm gesagt, worauf ihn der Mann nur verständnislos angesehen hatte.
    Burr konnte kein Mitgefühl aufbringen für Leute, die vor Selbstmitleid zerflossen und so damit beschäftigt waren, sich selbst zu bedauern, dass sie ihre Umwelt kaum mehr wahrnahmen. Er hatte als erst Sechsjähriger während des Bürgerkriegs einige Zeit in einem Feldspital verbracht, wohin sein Vater als Feldarzt abkommandiert gewesen war. Seine Mutter Jane und sein siebzehnjähriger Bruder William gingen bei der Verwundetenpflege zur Hand, während er selbst Botengänge erledigte oder den Patienten Gedichte vorlas, was aufgrund seines Alters ziemliches Erstaunen hervorrief. Doch schon zu seinem sechsten Geburtstag hatte sich der kleine Burr, vor die Wahl zwischen Schaukelpferd und Rollschuhen gestellt, für etwas ganz anderes und Billigeres entschieden, nämlich die »Kleine Geschichte Griechenlands« von Smith.
    Die Wochen im Lazarett hatten George Lincoln geprägt und er hatte beobachtet, dass fast immer diejenigen mit den geringsten Verletzungen die lautesten Jammerer waren und damit ihren Mitmenschen das Leben noch schwerer machten, als es ohnehin war.
    Seine Eltern waren tiefreligiöse Baptisten, die Nächstenliebe nicht nur predigten, sondern sie lebten, und die größte Sorge seines Vaters war, eines seiner Kinder könnte den Glauben verlieren. Ihr Vorbild bestimmte George Lincolns Denken und Handeln bis zum heutigen Tag und so kramte er im schmalen Schatten der Schiffsaufbauten in dem großen Sack neben sich, in den er kurz vor seiner Abreise seine gesamte unerledigte Korrespondenz gestopft hatte. Wahllos zog er ein Schreiben heraus. Ein gewisser Harold Puntigam hatte eine Frage zu einem Kometenschweif, den er beobachtet haben wollte. Das nächste Kuvert war gewichtig und enthielt ein Buchmanuskript mit der Bitte um eine Beurteilung. Eine Mistress Gaspery wollte etwas über einen Hexentrank wissen. Dazwischen fand er Schreiben einer Versicherung, Bankauszüge, den Brief einer verzweifelten Frau, die sich wegen ihrer Eheprobleme an ihn wandte, und mindestens fünf Schreiben, deren Absender ihn mehr oder weniger offen um Unterstützungen irgendeiner Sache baten. Aus Cambrigde kam eine Anmahnung wegen eines längst überfälligen Beitrags zur Geschichte des Mittelalters und ein Michael Taylor aus Washington wollte etwas zu einem neuen Hämorrhoidenmittel wissen. Burr war ob der postalischen Flut hie und da der Verzweiflung nahe, brachte es aber nicht übers Herz, einen Brief unbeantwortet zu lassen, selbst wenn seine wissenschaftliche Arbeit darunter zu leiden hatte.
    Ein Matrose stellte den gewünschten runden dreibeinigen Eisentisch vor ihm ab. Burr ließ sich in den ebenfalls bereitgestellten Sessel aus chinesischem Rohr fallen, legte den Block mit Briefpapier vor sich und suchte dann in der Tiefe seiner Aktentasche, die ebenfalls alles Mögliche beherbergte, nach seinem Füllfederhalter, auf dessen Schaft der Schriftzug
    »Waterman« eingraviert war. Er selbst wäre nie auf den Gedanken gekommen, sich ein solches Schreibgerät zuzulegen, da er lieber Grafitstifte oder herkömmliche Federhalter benutzte, aber einer der Studenten hatte ihm ein Exemplar als Dank für einen Themenvorschlag für eine Dissertation geschenkt. Dieser Louis Waterman war eigentlich
    Versicherungsvertreter und hatte sich seine Erfindung erst vor kurzem patentieren lassen; nun war er dabei, sich eine goldene Nase zu verdienen. So hatte es ihm jedenfalls sein Schüler erklärt und Burr musste nach anfänglichen Bedenken eingestehen, dass diese Erfindung einen wirklichen Fortschritt darstellte. Sie war auf jeden Fall besser als die Schreibmaschinen, eiserne Ungetüme, die auch in der Universität bereits Einzug gehalten hatten und in denen er keinen Vorteil sehen konnte, außer vielleicht, dass man, wenn man mehrere Blätter mit

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