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Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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Prior wusste, dass es sinnlos war zu versuchen, seinen Vetter von seinem Vorhaben abzubringen. Ein Friedrich Spee von Langenfeld gehorchte nur Gott und seinen Vorgesetzten.
    Und Letzteren auch nicht immer unwidersprochen.
    »Es tut mir Leid, da kann ich dir nicht helfen. Du wirst dein Buch schreiben, so oder so, und wenn sie dich dafür auf den Scheiterhaufen bringen, nicht wahr?«
    »Wenn ich dadurch auch nur ein paar wenige Menschen rette, bin ich dazu bereit!«
    Arnold von Waldlois glaubte ihm das unbesehen. Wer nach Indien wollte, obwohl er wusste, dass sie dort schon genug Missionare abgeschlachtet hatten, ließ sich von der Aussicht auf den eigenen Tod nicht abschrecken. Und wer sich halbtot auf eine Kanzel schleppte, dem war ein einmal gefasster Vorsatz nicht so einfach auszureden.
    »Eine Imprimatur…«, wandte der Prior vorsichtig ein.
    »Eine Druckerlaubnis des Ordens?« Spee verzog das Gesicht zu einem schiefen Lächeln. »Die wäre zwar eine Absicherung, doch das kann ich getrost vergessen. Schließlich bin ich nicht so berühmt wie mein hochverehrter Mitbruder Adam Tanner und sie haben schon bedeutend harmlosere meiner Schriften nicht freigegeben.«
    »Anonym?«
    »Ja, das scheint vorerst der einzige Weg zu sein. Aber ich muss aufpassen, damit es mir nicht ergeht wie Cornelius Loos!«
    »Loos? Wer ist das?«
    Spee erzählte, wie sie in Trier eines Tages auf den Flade-Prozess zu sprechen gekommen waren, wonach ihn der Stiftsherr Johannes Linden beiseite genommen und ihm geheimnisvoll zugeraunt hatte, er solle mal in der Jesuitenbibliothek nach einem Buch suchen, das mit einer Widmung von einem gewissen Bartholomäus Bodeghemius versehen sei und den Titel »De vera falsa – oder ficta – magia«
    trage.
    »Und? Hast du es gefunden?«
    »Ja!«
    »Weiter! Erzähl!«
    »Seine Arbeit war umsonst. Noch während des Druckes kamen sie ihm auf die Schliche, zwangen ihn zur Abbitte und bei Del Rio steht, er sei in den Niederlanden im Gefängnis gestorben. Sein Freund Linden wusste auch nichts Genaueres, außer dass er noch ein anderes Werk in einem Versteck in einer Kirche geschrieben hat.«
    Der Prior sah eine Weile gedankenverloren ins Leere. »Also gut! Du schreibst das Buch und ich höre mich nach einem verschwiegenen Drucker um. Darf ich dir noch einen Rat geben?«, fragte er und sprach ohne eine Antwort abzuwarten weiter. »Schreib es so, dass es für alle Konfessionen gilt, schließlich stehen die lutherischen und calvinistischen unseren katholischen Obrigkeiten beim Hexenbrennen in nichts nach!«
    Spee nickte und erhob sich. »Übrigens«, sagte er wie beiläufig, »der Bruder Pförtner war heute Morgen bei mir. Er will jetzt von sich aus an den Exerzitien teilnehmen und die Generalbeichte ablegen!« Er lächelte verschmitzt. »Wie mir scheint, ist ihm ernst damit. Er hat gesagt, er habe auch schon ein paar Pfund abgenommen!«
    Draußen rieb sich der Sturm immer noch ungestüm an den Klostermauern.

    13

    Irgendetwas stimmte nicht. Obwohl er die Augen geschlossen hatte, spürte er, dass er nicht allein im Raum war. Angestrengt horchte er auf ein Geräusch, aber nichts regte sich. Durch die geschlossenen Lider drang die Helligkeit des Morgens und er musste für einen Moment überlegen, wo er überhaupt war.
    Irgendwo zwischen Arcachon und Bordeaux, doch wie der kleine Weiler mit dem langen Namen hieß, wollte ihm nicht mehr einfallen. War auch gleichgültig, der Ort bestand aus lediglich drei kleinen Gehöften und die einzige Bedeutung, die er für ihn hatte, war, dass er hier für eine Nacht ein billiges Quartier gefunden hatte. Sein schlafverhangener Blick tastete sich langsam die nach Lavendel duftende Bettdecke entlang und kroch dann ohne Hast nach oben. Am Fußende des Bettes stand ein dicker Polizist mit einem martialischen Schnurrbart und starrte unbeweglich auf ihn herab.
    George Lincoln beschloss, erst einmal herzhaft zu gähnen und so zu tun, als ob es das Alltäglichste sei, den Tag unter polizeilicher Aufsicht zu beginnen.
    »Bonjour!«, sagte er dann freundlich und räkelte sich scheinbar wohlig in seiner Schlafstatt. Der Wachtmeister knurrte erst etwas Unverständliches und forderte ihn dann in harschem Amtston auf, unverzüglich aufzustehen und ihm seine Papiere zu zeigen. Das war leichter gesagt als getan. Mit dem Aufstehen hatte Burr zwar keine Probleme, doch was die Papiere anging, sah es schon anders aus. In Verona, wo er zu einem Spottpreis einige wertvolle Chorbücher erstanden hatte,

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