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Die Liebe atmen lassen

Die Liebe atmen lassen

Titel: Die Liebe atmen lassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Schmid
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Beziehungen der Liebe, Freundschaft, Kooperation, Funktion, auch des Streits wachsen die Chancen für etliche verlässliche und viele zusätzliche Bezugspunkte, die den Einzelnenstabilisieren, da sein Wohl und Wehe nicht mehr von einer einzigen Beziehung abhängig ist. Verarmte Konstellationen geben den Beteiligten das Gefühl, ihnen entgehe das Leben, während ein reiches Netz die Erfahrung von Fülle verbürgt und mit vielfältigen Zusammenhängen ganze Sinnfelder erzeugt. Der verlässliche Rahmen einer Konstellation gibt Halt, und in der Vertrautheit und Geborgenheit, die jeder Einzelne in ihr empfindet, wird der freie Austausch von Energien möglich, während es energetisch ungleich aufwändiger, somit kräftezehrender ist, Beziehungen immer wieder neu zu knüpfen und sie womöglich doch bald wieder zu verlieren. Lösen die haltenden Beziehungen einer Konstellation sich auf oder werden sie mutwillig aufgelöst, wird den Beteiligten oft erst hinterher klar, wie viel Sinn und Orientierung sie damit im Leben verloren haben.
    Sympathien begünstigen den Zusammenhalt einer Konstellation, Antipathien stellen ihn in Frage, und doch kann es nie nur Sympathien geben. Sympathien wie Antipathien verfestigen sich in Gewohnheiten des Umgangs miteinander und führen zu Kaskaden von Reaktionen aufeinander: Jeder Einzelne verhält sich in diesem Rahmen so, wie es ihm selbstverständlich zu sein scheint, und so richtet er beispielsweise, ohne weiter darüber nachzudenken, das Wort an den Anderen, um ein Gespräch mit ihm zu beginnen, aber dann diese Reaktion: »Das ist doch Unsinn, was du da sagst!« So unüberlegt wie das erste Wort ist diese Abweisung, die vielleicht nicht so gemeint ist, aber was darauf folgt, folgt mit Zwangsläufigkeit: »Wenn du mir so kommst …«, und ein Wort ergibt das andere: »Fang’ nicht wieder damit an!« Jeder unvorhergesehene Vorfall und Zufall fügt sich rasch in vorhersehbare Verhaltensmuster ein, die dem Raster der Beziehungenentsprechen, regelmäßig ist das so. Es ist die Eigentümlichkeit einer Konstellation, dass Menschen sich geradezu dem Zwang ausgesetzt sehen, auf immer gleiche Weise, an der Schwelle zum immer Selben, aufeinander reagieren zu müssen. So groß ist die Beharrungskraft von Konstellationen, so sehr ist der Einzelne in sie eingespannt, dass er dem Grundmuster des Verhaltens wieder und wieder folgen muss. Auch sehr alte Grundmuster kommen stets von Neuem zum Vorschein, sodass etwa die früh erfahrene Konstellation des Kindergartens, mit dem typischen Heischen nach Aufmerksamkeit der kleinen Ichs, der hingebungsvollen Pflege von Empfindlichkeiten, dem kleinlichen Streit, viel später in Gruppen von Erwachsenen wieder erkennbar wird, in allen Bereichen und auf allen Hierarchieebenen.
    Unsichtbare Strukturen weisen dem Einzelnen eine Rolle zu, die ihn dies sagen lässt und jenes nicht, dies für bedeutsam, richtig und wahr halten lässt, jenes nicht. Ein regelrechter Korridor der Ermöglichung setzt bestimmte Möglichkeiten des Fühlens, Denkens, Sagens und Tuns frei und begrenzt Abweichungen. Die Konstellation funktioniert wie ein »Diskurs« im Sinne Michel Foucaults ( Die Ordnung des Diskurses , 1970), der dabei allerdings übergreifende Konstellationen ganzer Kulturen und Gesellschaften zu bestimmten Zeiten im Blick hatte, in die einzelne Konstellationen mit einer weit kleineren Zahl von Beteiligten eingebettet sind. Ist das Grundmuster einer Konstellation bekannt, lässt sich jedoch auf Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten schließen, mit denen in ihr zu rechnen ist. Nicht alles, was möglich ist, ist auch wahrscheinlich, und nicht alles, was wahrscheinlich ist, muss wirklich werden, aber die Dinge folgen gerne der angelegten Ordnung, sodass sich in Konstellationen vieles wie von selbst ergibt. OhneWissen der Beteiligten vollzieht sich die Ordnung durch sie hindurch und wirkt auf sie zurück, ermutigt oder verunsichert sie, bestärkt oder behindert ihre Entfaltung, bringt Empfindungen von Geborgenheit oder Heimatlosigkeit in ihnen hervor, lässt sie erkranken oder gesunden, untergehen oder in der Auflehnung dagegen neue Kraft finden.
    Im Guten wie im Schlechten gräbt sich die bestehende Konstellation tief in den Einzelnen ein, graviert Sorgenfalten auf seine Stirn oder Spuren des Lächelns in seine Augenwinkel. Sich davon befreien zu wollen, ist nicht gut möglich in nichtmodernen Kulturen, in denen Religion, Tradition und Konvention die Konstellationen vorgeben, in

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