Die Liebe deines Lebens
nichts aus meiner Simon-Conway-Erfahrung gelernt? Was hatte ich mit Adam gemacht? Auch er sah schrecklich aus. Hatte ich die ganze Arbeit, die er geleistet hatte, zunichte gemacht? Hatte ich ihn aus der Fassung gebracht und dafür gesorgt, dass er sich vor sich selbst ekelte? Hatte er durch meine Schuld so die Orientierung verloren, dass es ihn wieder zu der Brücke unter unserem Fenster trieb? Wie konnte ich ihn jetzt allein lassen? In diesem Zustand? Selbst wenn er mich darum bat?
»Es ist nicht … wir hätten nicht … ich hätte nicht …«, versuchte er den Einstieg zu finden. »Ich nehme die ganze Verantwortung auf mich«, sagte er schließlich. »Es tut mir leid, Christine. Ich hätte gestern Abend nicht … zu dir kommen sollen.«
»Nein, ich hätte es besser wissen müssen.« Ich schluckte, meine Stimme war heiser und klang wie aus weiter Ferne. »Du hast einen großen Tag vor dir – du bekommst Maria, du feierst deine Party, du teilst der Welt die aufregenden Neuigkeiten über deinen Job mit –, also mach dir keine Gedanken.« Dann sprach ich es für ihn aus: »Lass uns einfach vergessen, was passiert ist, und bitte …« – ich legte die Hand aufs Herz, und meine Stimme zitterte – »… bitte verzeih mir. Ich entschuldige mich von ganzem Herzen für das, was ich angerichtet habe. Ich war einfach …«
Nicht gut für dich? Zu bedürftig? Zu egoistisch, zu sehr mit meinen eigenen Bedürfnissen beschäftigt, wo ich doch eigentlich an dich hätte denken müssen?
Womit sollte ich anfangen?
Adam sah traurig aus.
»Es war falsch.« Ich versuchte krampfhaft, stark und positiv zu wirken, aber das war schwer, weil ich mich dumm und unbeholfen fühlte. »Sorry«, flüsterte ich und ging mit raschen Schritten zum Schlafzimmer. »Ich möchte dich nicht alleine lassen, falls …«
»Mir geht es gut«, unterbrach er mich. Er sah müde aus, aber ich glaubte ihm. Meine Anwesenheit würde ihm jetzt nicht helfen. Ich musste das Risiko eingehen.
»Sehen wir uns später?«, fragte er. »Bei der Party?«
Ich erstarrte. »Du willst immer noch, dass ich komme?«
»Selbstverständlich.«
»Adam, du brauchst wirklich nicht …«
»Ich möchte, dass du dabei bist«, fiel er mir mit fester Stimme ins Wort, und ich nickte. Jetzt konnte ich nur hoffen, dass Maria auftauchen würde, so dass er mich nicht brauchte, auch wenn er das im Moment allem Anschein nach für möglich hielt.
Zum Glück schaffte ich es, erst in Tränen auszubrechen, als ich in meiner Wohnung angekommen war.
Ich versteckte mich im Bett, ignorierte das Telefon, die Türklingel und die ganze Welt, zog mir die Decke über den Kopf und wünschte, ich könnte alles rückgängig machen. Das Problem war nur, dass ich mir nicht mal das von ganzem Herzen wünschen konnte, denn die letzte Nacht war so schön gewesen, so unglaublich. So etwas hatte ich noch nie erlebt – und es war mehr gewesen als nur guter Sex. Das natürlich auch, aber ich hatte eine Verbindung zwischen uns gespürt, und Adam war nicht nur zärtlich, sondern so zuversichtlich und selbstbewusst gewesen, als hätte er genau gewusst, dass das, was wir taten, gut und richtig war. Kein Moment des Zögerns, keine unverbindlichen Küsse oder Berührungen. Und wenn in mir irgendwann der Zweifel aufkeimte, reichte ein Blick von ihm, ein Kuss, um mir klarzumachen, dass es nicht nur richtig, sondern auch das Natürlichste der Welt war. Es war ganz anders als alle One-Night-Stands, die ich früher einmal gehabt hatte, es war Zärtlichkeit, es war Liebe, es war, als hätte unsere gemeinsame Geschichte unserem Tun eine echte Bedeutung verliehen, und es war wie ein Versprechen für die Zukunft. Oder Adam war im Bett einfach wahnsinnig gut – und ich ein Volltrottel.
Dass ich Telefon und Türklingel ignorierte, bedeutete allerdings nicht, dass es etwas zu ignorieren gab. Das wusste ich, denn ich hatte mein Handy mit unter die Bettdecke genommen und schaute immer wieder nach, weil ich ja wissen wollte, wen ich ignorierte. Niemanden. Es war Samstagmorgen, die meisten Leute waren noch im Bett oder mit ihrer Familie beschäftigt, und bestimmt nicht mit SMS . Nicht einmal Adam. Zum ersten Mal seit zwei Wochen war ich nicht mit ihm zusammen, und ich vermisste ihn schrecklich. Ich fühlte mich, als hätte mein Leben ein riesiges Loch.
Aber dann hörte ich plötzlich die Türklingel.
Mein Herz machte einen Freudensprung, und ich stellte mir vor, dass Adam vor meiner Tür stand, das Herz in
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