Die Liebe deines Lebens
gesucht, nach positiven Gefühlen, nach Möglichkeiten, wie ich meine Beziehung retten, nicht wie ich sie beenden konnte, aber sobald mir der Gedanke in den Kopf gekommen war, dass ich einfach Schluss machen konnte, wollte er einfach nicht wieder verschwinden, vor allem nachts, wenn mich nichts mehr von meinen eigenen Problemen ablenkte. Für gewöhnlich befolgte ich die Vorschläge aus dem Buch, das immer auf meinem Nachttisch lag –
» 42 Tipps, wie man die Schlaflosigkeit besiegt«
–, mit dem Ergebnis, dass ich ein warmes Bad nahm oder den Kühlschrank putzte, mir die Nägel lackierte, Yoga machte, manchmal auch zwei oder drei Dinge auf einmal, meistens in den frühen Morgenstunden, um ein bisschen Ruhe zu finden. Manchmal half es auch schon, einfach in dem Buch zu lesen, bis mir die Augen weh taten und mir gar nichts anderes übrigblieb, als sie zuzumachen. Aber ich driftete nie sanft weg, wie das Buch es mir so verlockend in Aussicht stellte – das Gefühl der Schwerelosigkeit blieb aus, und ich schaffte es nicht, dem Schlummer langsam entgegenzuschweben. Erst war ich frustriert und erschöpft wach, dann schlief ich frustriert und erschöpft ein, aber nie erlebte ich dieses angenehm friedliche Gleiten von einer Welt in die nächste.
Obgleich mir klargeworden war, dass ich meine Ehe beenden wollte, dachte ich zunächst nie daran, tatsächlich Schluss zu machen. Die meisten Nächte lag ich im Bett und machte mir Sorgen, wie ich mit der Tatsache leben sollte, dass ich nicht glücklich war – bis mir dann irgendwann einfiel, dass ich das gar nicht unbedingt musste; ich konnte den Rat, den ich gelegentlich meinen Freunden gab, doch auch bei mir selbst anwenden. Daraufhin verbrachte ich endlose Nächte mit Wachträumen, phantasierte darüber, mit einem anderen Mann zusammen zu sein, mit einem, den ich wirklich liebte, mit einem, der mich wirklich liebte – wir wären eins dieser Paare, die den Eindruck erweckten, dass es zwischen ihnen mit jedem Blick und jeder Berührung funkte. Eine Weile stellte ich mir bei ungefähr jedem Mann, den ich anziehend fand, vor, wie es wäre, mit ihm zusammen zu sein, dann reduzierte sich meine Besessenheit mehr oder weniger auf die Männer, die irgendwie nett zu mir waren, einschließlich Leo Arnold, den Klienten, auf dessen Termine ich mich immer besonders freute. Leo bevölkerte inzwischen so viele meiner Phantasien, dass ich jedes Mal rote Wangen bekam, wenn er in mein Büro trat.
Inzwischen ist mir klar, dass unter all diesen Hirngespinsten die Panik lauerte – eine Angst, dass ich mir zu viel vorgenommen hatte, dass ich es unmöglich schaffen konnte, aber nachdem ich den Gedanken an eine Trennung zur Kenntnis genommen hatte, verfolgte er mich gnadenlos. Jedes winzige Problem zwischen Barry und mir blähte sich auf und wurde zu einem weiteren Anzeichen dafür, dass unsere Beziehung dem Untergang geweiht war. Zum Beispiel wenn er beim Sex mal wieder vor mir fertig war oder wenn er in Socken schlief, weil er immer kalte Füße hatte, oder wenn er seine abgeschnittenen Fußnägel in einer kleinen Schüssel im Bad sammelte und vergaß, diese in den Mülleimer zu leeren. Oder auch die Tatsache, dass wir uns kaum noch richtig küssten, bestenfalls ein flüchtiges Küsschen auf die Wange, dass seine Geschichten mich langweilten, dass ich nicht mehr die geringste Lust hatte, mir zum hundertsten Mal die Anekdoten über sein Rugbyteam anzuhören. Wenn ich mein Leben in Farben hätte beschreiben sollen, wie ich es in einem meiner Bücher gelernt hatte, dann war unsere Beziehung, die früher – zumindest in der Anfangsphase – lebendig und farbenfroh gewesen war, matt und stumpf geworden. Grau in Grau. Monoton. Ich war nicht so dumm zu glauben, dass die Flamme in einer Ehe ewig so hell und leidenschaftlich loderte wie in der Phase der ersten Verliebtheit, aber ich fand, sie sollte, wenn man noch nicht mal ein Jahr lang verheiratet war, doch zumindest gelegentlich aufflackern. Ich glaube, ich hatte mich ins Verliebtsein verliebt, und nun war meine Affäre mit diesem Traum vorbei.
In der Nacht, als ich im Penthouse des Gresham Hotels lag, türmten sich alle meine Sorgen mächtig in mir auf. Die Nervosität, weil ich Barry tatsächlich verlassen hatte, die damit einhergehenden finanziellen Probleme, der Gedanke, was die Leute jetzt von mir denken mochten, die Angst, nie wieder einen Mann kennenzulernen und den Rest meines Lebens einsam zu sein. Die Erinnerung an die
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