Die Liebe deines Lebens
klappte ich ihn auf, fand aber nur eine Reihe hingekritzelter Wörter, einige ausgeixt, andere unterstrichen, und merkte schnell, dass es sich keineswegs um einen Abschiedsbrief, sondern um einen Heiratsantrag für Maria handelte, den Adam bis zur Perfektion umgeschrieben und einstudiert hatte.
Ein Handy-Vibrieren lenkte meine Aufmerksamkeit ab. Das Telefon lag neben Adams frischen Sachen, die er sich bereitgelegt hatte. Nach einer Weile hörte das Vibrieren wieder auf, und auf dem Display erschien die Meldung
Siebzehn verpasste Anrufe
. Kurz darauf klingelte es erneut.
Maria.
Ohne weiter darüber nachzudenken, fasste ich einen Entschluss und nahm den Anruf an.
Ich war mitten im Gespräch, als ich merkte, dass die Dusche nicht mehr lief, dass ich sie genau genommen schon eine ganze Weile nicht mehr gehört hatte. Als ich mich, das Handy immer noch am Ohr, umwandte, sah ich Adam an der Badezimmertür stehen, ein Handtuch um die Hüfte geschlungen, vollkommen trocken, mit wütendem Gesicht. Vermutlich beobachtete er mich schon eine ganze Weile. Ich entschuldigte mich hastig und beendete das Gespräch.
Ehe er die Chance hatte, über mich herzufallen, sagte ich: »Du hattest siebzehn verpasste Anrufe auf deinem Handy, da dachte ich, es wäre vielleicht ganz gut, wenn ich drangehe. Außerdem brauche ich, wenn das mit uns funktionieren soll, uneingeschränkten Zugang zu deinem Leben. Ohne Kompromisse. Keine Geheimnisse.«
Ich hielt inne, um mich zu vergewissern, dass er mich verstanden hatte. Zumindest widersprach er nicht.
»Das war Maria. Sie war beunruhigt und hatte Angst, du könntest noch mal versucht haben, dir etwas anzutun. Immerhin macht sie sich schon seit über einem Jahr Sorgen um dich, und sie hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass sie nicht zu dir durchdringt. Sie sagt, deshalb habe sie dann irgendwann Sean um Hilfe gebeten und wollte mit ihm überlegen, was sie zusammen für dich tun können. Erst hat sie sich gegen ihre Gefühle gewehrt, aber dann hat sie sich doch in Sean verliebt. Seit sechs Wochen sind sie zusammen, aber sie wollten dir wirklich nicht weh tun. Maria sagt, sie wusste einfach nicht, wie sie es dir sagen soll, sie dachte, du bist sowieso schon deprimiert, und jedes Mal, wenn sie mit dir reden wollte, war gerade irgendwas Schlimmes passiert – erst ist deine Schwester aus Irland weg, dann kam die Nachricht mit deinem Vater. Letzte Woche wollte sie sich mit dir treffen, aber da hattest du gerade deinen Job verloren. Es tut ihr leid, dass du die Sache mit ihr und Sean auf diese Weise erfahren hast.«
Ich beobachtete, wie Adam das alles verdaute. Er war wütend, man konnte fast sehen, wie es unter der Oberfläche brodelte. Aber ich sah auch seine Verletzlichkeit, er wirkte zerbrechlich, zart, ich sah, dass sein Herz gebrochen war und er sich nur mit Mühe aufrechthielt.
Ich fuhr fort. »Sie war ziemlich pikiert, dass ich an dein Handy gegangen bin, beinahe wütend, weil sie nicht wusste, wer ich bin. Sie meinte, nach den sechs Jahren, die sie mit dir zusammen war, würde sie alle deine Freunde kennen. Sie war eifersüchtig.«
Allmählich schien Adams Zorn nachzulassen, als kühle ihn der Gedanke ab, dass Maria eifersüchtig war.
Ich zögerte ein wenig, den Rest noch hinzuzufügen, ging das Risiko aber ein und hoffte, dass es sich auszahlen würde. »Sie hat gesagt, sie kennt dich gar nicht mehr richtig. Dass ihr früher so viel Spaß zusammen hattet, dass du lustig und spontan warst. Aber dann ist irgendwie der Funke in dir erloschen.«
Die Tränen traten ihm in die Augen, aber er hustete, schüttelte den Kopf, und schon war der toughe Kerl wieder da.
»Wir werden dich wieder hinkriegen, Adam, das verspreche ich dir. Wer weiß, vielleicht erkennt Maria dann den Mann wieder, in den sie verliebt war, und verliebt sich von neuem in ihn. Wir finden diesen Funken wieder, ganz bestimmt.«
Weil ich ihm Zeit zum Nachdenken geben wollte, zog ich mich zurück, kaute auf meinen Nägeln herum und wartete. Ungefähr zwanzig Minuten später erschien Adam an der Tür, vollständig angezogen, mit klaren Augen, in denen keine Spur von Verzweiflung zu erkennen war.
»Wollen wir frühstücken gehen?«
Am Buffet im Speisesaal gab es eine Riesenauswahl, und die meisten Gäste gingen mehrmals hin und her, um möglichst viele Dinge zu probieren. Wir dagegen setzten uns mit dem Rücken zu der ganzen Pracht und begnügten uns mit einer Tasse schwarzem Kaffee und ansonsten leeren Tischsets.
»Du
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