Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Liebe der anderen

Die Liebe der anderen

Titel: Die Liebe der anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederique Deghelt
Vom Netzwerk:
sich in Endlosschleife die improvisierte Szene vor meinem geistigen Auge ab. Ein Segen, dass die Kinder mich wieder mit ihren Spielen, ihren Zärtlichkeiten und ihrem Lachen empfangen. Wir waschen die Haare, wir weinen, wir haben Seife in den Augen und Schaum in den Ohren, wir klemmen uns die Finger in der Tür. Heute ist Vollmond! Die Stimmung ist überreizt. Pabloist nicht da. Er gibt Interviews zum Start seines neuen Films. Zwischen den einzelnen Terminen ruft er mich an.
    »Die blöde Kuh gerade hat überhaupt nix kapiert. Bestimmt hatte sie noch nie einen Freund … Und der Typ von
Mein Kino
mochte die Story zwar nicht, aber die Regiearbeit fand er gut. Schon komisch, die Geschichte einfach auszuklammern und nur den Rest zu beurteilen, oder? Die Kampagne ist erst am Anrollen, und ich habe schon so die Schnauze voll! Ich sage immer dasselbe, und bei denen, die den Film noch nicht gesehen haben, denke ich jedes Mal: Guckt ihn euch doch erst mal an, dann könnt ihr euch selbst ein Bild davon machen.«
    Ich versuche ihn aufzumuntern und verspreche, mit dem Schlafengehen auf ihn zu warten. In Wirklichkeit fühle ich mich immer noch nicht sehr wohl in unserem Alltag zu zweit. Mir scheint, ich stecke mehr Eifer hinein als nötig. Aber dann nehme ich mir solche Gedanken auch schon wieder übel. Liebe ist Liebe.
    Ich weiß nicht mehr, wie es um unsere Liebe bestellt ist. Liebe ich Pablo? Habe ich aufgehört, ihn zu lieben? Wollte ich vergessen, dass ich ihn nicht mehr liebe, oder wollte ich vergessen, um ihn wieder lieben zu können? Diese Fragen würde ich ihm gern stellen. Doch allein bei dem Gedanken, darüber zu reden, komme ich mir schon vor wie eine Verräterin. Und was meine Freunde angeht, weiß ich, dass sie nur neue Fragen aufwerfen würden. Diese Befürchtung verlässt mich nicht. Ich muss dringend allein zurechtkommen. Mir graut davor, mit all diesen Ungereimtheiten schlafen zu gehen. Außerdem habe ich Pablo versprochen, auf ihn zu warten.
    Wieder gehen mir Fetzen aus der Theaterszene durch den Kopf. Ich versuche mich zu erinnern, was ich sagte, was er sagte. Aber nein. François ist nicht das richtige Gegenüber. Selbst wenn ich eine Wahrheit ausgesprochen haben sollte, konnte er nicht auf meine Verzweiflung antworten, weil ernicht wusste, wovon ich sprach. Und wenn ich nur mit mir selbst gespielt habe, ohne eine Antwort zu erwarten? Gibt es einen Moment, wo die Fragen so weh tun, dass die Antworten keine Bedeutung mehr haben? Löst es bei den unterschiedlichsten Männern dieselben elementaren Verteidigungsreflexe aus, wenn sie mit der Wucht einer Unzulänglichkeit konfrontiert werden? Die Frau in dem Video kenne ich nicht. Sie lässt mir keine Ruhe. Ich habe Lust, François anzurufen, aber ich beherrsche mich. Wenn ich jetzt mit ihm rede, verliere ich die Nerven und erzähle ihm alles, das weiß ich. Und das möchte ich nicht. Anstatt die Situation zu vereinfachen, habe ich mir einen Geliebten zugelegt, was alles kompliziert, dabei erschien es mir im ersten Ansatz nur konsequent. Ich wollte verstehen, ich dachte, ich müsste »meine Freiheit« zurückerobern, um herauszufinden, ob ich tatsächlich diese angepasste Frau bin. Aber jetzt bin ich auch nicht schlauer als zuvor. Ich bin meinen Emotionen, meinem Verlangen und meinen Instinkten gefolgt und habe François machen lassen. Früher, vor zwölf Jahren oder vor vier Wochen, war ich nicht gerade ein Ausbund an Treue. Liebe war für mich vor allem ein Vergnügen. Rachegelüste waren mir völlig fremd, und niemals ging es mir darum, die Schwächen des einen Mannes mit einem anderen zu kompensieren. Das Schaulaufen der treuen Paare ringsum erfüllte mich mit Befremden. Von Anfang an warnte ich meine Liebhaber: Ich brauche Freiheit. Ich muss keine Leere ausfüllen, ich sammle Glück. Der andere hat nichts, was ihr nicht habt. Er ist ein anderer, und als solcher einmalig. Ich stieß auf völliges Unverständnis! Das Prinzip des beiderseitigen Vergnügens ohne jeden Zwang zur Exklusivität darf man als Frau nicht ungestraft proklamieren. Sofort musste ich mir vorwerfen lassen, wie ein Mann zu funktionieren, was schon ein starkes Stück ist! Soweit ich mich erinnere, war in meiner Lust zu leben und zu lieben das Programm eines glücklichen Lebens mit einem einzigenMann nie vorgesehen. Ich dachte immer, wahre Liebe könne nur zwischen zwei Menschen existieren, die einander ähneln und in diesen Dingen dieselbe Einstellung haben. Es erschien mir unerlässlich,

Weitere Kostenlose Bücher