Die Liebe des Highlanders
er und legte seine Hand über dem Schaltknüppel auf ihre.
Gwen sah ihn scharf an. »Was bist du? Ein Gedankenleser?«
Er lächelte matt. »Nein. Ich erinnere dich nur daran, dass du mir versprochen hast, so lange zu bleiben, bis du meinen Beweis gesehen hast. Ich dulde nicht, dass du mich jetzt im Stich lässt.«
»Was hast du vor? Willst du mich wieder anketten?«, fragte sie trocken.
Da er keine Antwort gab, betrachtete sie ihn eingehender. Lieber Himmel, der Mann sah gefährlich aus. Seine Augen blitzten silbrig; sie wirkten kalt und Furcht einflößend ruhig - ja, er würde sie wieder in Ketten legen. Für den Bruchteil einer Sekunde hätte man in dem unheimlichen Dämmerlicht meinen können, dass er wirklich aus dem Mittelalter kam und ein barbarischer Krieger war, der seinen Willen durchsetzte - nichts und niemand würde sich ihm in den Weg stellen.
»Ich habe nicht die Absicht, mein Wort zu brechen«, erklärte sie streng.
»Gut, denn das würde ich auch nicht zulassen.«
Sie fuhren weiter.
»Gefallen dir die Verse der Barden, Gwen?«
Sie sah ihn durchdringend an. »Man hat mir gelegentlich vorgeworfen, dass ich mich allzu gern mit Poesie beschäftige.« Mit romantischer Poesie, die im Hause Cassidy keinen Platz hatte.
»Würdest du mir eine Gefälligkeit erweisen?«
»Klar, warum nicht?«, entgegnete sie mit einem Seufzer, um den sie ein Märtyrer beneidet hätte. »Ich habe dir schon eine Million Gefälligkeiten erwiesen, da kommt es auf eine mehr oder weniger nicht an.«
Er lächelte schwach und sagte leise, aber deutlich: »Wo du hingehst, gehe ich auch hin, zwei Flammen züngeln aus einem Holz; die Zeit fliegt vorwärts und rückwärts; wo immer du bist, du wirst dich erinnern.«
Sie zuckte mit den Achseln. Der Anfang klang roman- tisch, der Rest war verwirrend. »Und was bedeutet das?«
»Hast du ein gutes Gedächtnis, Gwen Cassidy?«, wollte er wissen.
»Selbstverständlich.« O Gott, jetzt verlor er gan z und gar den Verstand.
»Dann wiederhole die Zeilen.«
Sie sah ihn an. Er war blass und todernst, und er hatte die Hände im Schoß zu Fäusten geballt. Nur um ihn zu beschwichtigen, bat sie ihn, die Zeilen noch einmal aufzusagen. Dann zitierte sie selbst die Verse ohne Fehler. »Aus welchem Grund soll ich mir das merken?«, erkundigte sie sich, als sie den Text dreimal hintereinander gesprochen hatte. Ab jetzt wäre er für immer in ihrem Gedächtnis gespeichert.
»Es macht mich glücklich. Danke.«
»Dich glücklich zu machen scheint mittlerweile meine Lebensaufgabe zu sein«, stellte sie fest. »Ist das auch so eine Sache, die mir erst mit der Zeit klar wird?«
»Wenn alles gut verläuft, nicht«, antwortete er, und sein Unterton jagte ihr einen eisigen Schauer über den Rücken. »Ich bete zu Gott, dass du es nie verstehen musst.«
Gwen lenkte voller Unbehagen das Gespräch auf andere Dinge. Während der restlichen Fahrt plauderten sie über Belanglosigkeiten, aber die Spannung wuchs. Er beschrieb ihr liebevoll seine Burg, zuerst die Umgebung und die Lage, dann das Innere und die jüngsten Neuerungen. Sie erzählte von ihrem geistlosen Job, äußerte aber nichts von Bedeutung. Gwen war darauf geeicht, nie zu viel preiszugeben: Je mehr ein Mann über sie wusste, umso weniger würde er sie mögen, und aus Gründen, die sie sich selbst nicht erklären konnte, wünschte sie sich, dass Drustan MacKeltar sie mochte. Beide schienen plötzlich bestrebt, die Stille zu füllen, um zu verhindern, dass sie mit Haut und Haaren von ihr verschlungen wurden.
Sobald sie sich dem Gipfel des Berges näherten, zitterten Gwens Hände, und als Drustan ihr das Haar aus dem Gesicht strich, merkte sie, dass es ihm nicht anders erging. Und eines wurde ihr klar: Er spielte nicht mit ihr. Er hoffte aufrichtig, seine Burg auf diesem Hügel vorzufinden, und gleichzeitig fürchtete er, dass sie nicht mehr da sein könnte. Vorsichtig spähte sie zu ihm hinüber und gestand sich widerstrebend ein, dass er weder unter Amnesie litt, noch irgendwelche eigenartigen Spielchen trieb. Er glaubte tatsächlich, das zu sein, was er behauptete. Diese Erkenntnis wirkte keineswegs beruhigend auf sie. Eine körperliche Verletzung würde verheilen, eine geistige Verwirrung dagegen war weitaus schwerer zu kurieren.
Sie wappnete sich innerlich und nahm den Fuß vom Gas, weil sie die Ankunft am Ziel hinauszögern wollte. Jetzt wünschte sie, sie wäre zu Fuß mit ihm gegangen; dann müsste sie der Wahrheit erst morgen ins
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