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Die Liebe des letzten Tycoon

Die Liebe des letzten Tycoon

Titel: Die Liebe des letzten Tycoon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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und die Scheinwerfer entgegenkommender Autos blieben so lange auf einem Fleck stehen, bis sie jählings hell aufleuchtend an ihnen vorüberjagten.
    Sie hatten etwas von sich zurückgelassen und fühlten sich leicht und frei im Wagen. Durch eine Ritze sprühte Dunst, und Kathleen nahm mit einer zielbewussten, ruhigen Bewegung, die er gebannt verfolgte, den blaurosa Hut ab und legte ihn unter eine Segeltuchabdeckung auf den Rücksitz. Sie schüttelte die Frisur zurecht, und als sie merkte, dass Stahr sie ansah, lächelte sie.
    Das Restaurant Zum dressierten Seehund war nur ein Lichtschein aufs Meer hinaus. Stahr kurbelte ein Fenster herunter und hielt Ausschau nach Orientierungspunkten, aber nach wenigen Meilen lichtete sich der Nebel, und unmittelbar vor ihnen tauchte die Abzweigung auf, die zu seinem Haus führte. Hier draußen kam ein Mond hinter den Wolken hervor. Ein unruhiges Licht ging noch über das Meer.
    Das Haus hatte sich ein wenig wieder seinen Elementen angenähert. Sie tasteten sich zu den triefenden Balken eines Eingangs und über geheimnisvolle hüfthohe Hindernisse zu dem einzigen fertiggestellten Raum, der nach Sägespänen und nassem Holz roch. Als er sie in die Arme nahm, konnte im Halbdunkel einer gerade noch die Augen des anderen erkennen. Dann fiel sein Regenmantel zu Boden.
    »Warte«, bat sie.
    Sie brauchte eine Minute. Sie glaubte nicht, dass etwas Gutes daraus entstehen konnte, und auch wenn sie dennoch [145] glücklich und voller Lust war, brauchte sie diese Minute, um sich zu fragen, was hier geschah, um in Gedanken eine Stunde zurückzugehen und zu begreifen, wie es gekommen war. Sie wartete in seinen Armen und bewegte den Kopf hin und her wie zuvor, nur langsamer und ohne den Blick von ihm zu lassen. Dann merkte sie, dass er zitterte.
    Er merkte es zur gleichen Zeit und lockerte den Griff. Sie ließ ihn nicht zur Besinnung kommen, redete mit rauhen, eindeutigen Worten auf ihn ein und zog sein Gesicht zu sich heran. Dann kämpfte sie sich, noch immer stehend, mit den Knien aus etwas heraus, hielt ihn mit einem Arm fest und beförderte es mit einem Tritt neben den Mantel. Er hatte aufgehört zu zittern und hielt sie ganz fest, während sie sich zusammen hinknieten und auf dem Regenmantel ausstreckten.
    Danach lagen sie schweigend beieinander, und in seiner zärtlichen Liebe drückte er sie so eng an sich, dass an ihrem Kleid eine Naht platzte. Das leise Geräusch brachte sie in die Wirklichkeit zurück.
    »Ich helfe dir hoch«, sagte er und nahm ihre Hände.
    »Noch nicht. Ich habe mir gerade etwas überlegt.«
    Sie lag in der Dunkelheit und dachte wider alle Vernunft, dass es ein blitzgescheites, ein unermüdliches Kind werden würde, aber dann ließ sie sich hochhelfen… Als sie wieder eintrat, lag das Zimmer im Licht einer einsamen Glühbirne.
    »Archaisch, nicht?«, meinte er. »Soll ich es ausmachen?«
    »Nein, es ist hübsch so. Ich möchte dich sehen.«
    Sie setzten sich auf dem hölzernen Fenstersitz so gegenüber, dass sich ihre Fußsohlen berührten.
    [146] »Mir kommt es vor, als wärst du weit weg«, sagte sie.
    »Mir geht es genauso.«
    »Wunderst du dich?«
    »Worüber?«
    »Dass wir wieder zwei sind. Glaubst du… ich meine, hoffst du nicht immer, mit dem anderen eins zu werden, und merkst dann, dass es immer noch zwei sind?«
    »Ich habe das Gefühl, dass ich dir sehr nah bin.«
    »Ich dir auch.«
    »Danke dir.«
    »Danke dir. «
    Sie lachten.
    »Hast du das gewollt?«, fragte sie. »Gestern Abend, meine ich.«
    »Nicht bewusst.«
    »Wann mag es sich entschieden haben?«, grübelte sie. »Eben noch musst du so etwas überhaupt nicht haben, und gleich darauf ist dir klar, dass es kein Halten mehr gibt.«
    Daraus sprach deutlich Erfahrung, und er merkte überrascht, dass sie dadurch für ihn noch liebenswerter wurde. In seiner derzeitigen Stimmung, in der er sich heftig darum bemühte, die Vergangenheit wiedererstehen zu lassen, ohne sie zu wiederholen, fand er das gut und richtig so.
    »Ich bin wirklich ein ganz schönes Luder«, sagte sie, seinem Gedankengang folgend. »Deshalb bin ich wohl Edna nicht auf die Schliche gekommen.«
    »Wer ist Edna?«
    »Die Frau, die du mit mir verwechselt, die du angerufen hast. Meine frühere Nachbarin. Inzwischen ist sie nach Santa Barbara gezogen.«
    [147] »Willst du sagen, dass sie ein leichtes Mädchen war?«
    »Offenbar. Ein Callgirl, so nennt ihr das wohl.«
    »Eigenartig.«
    »Wenn sie Engländerin gewesen wäre, hätte ich es

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