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Die Liebe des letzten Tycoon

Die Liebe des letzten Tycoon

Titel: Die Liebe des letzten Tycoon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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herein. Die beiden Eimer des Negers waren voll, und schließlich ging er mit ihnen über den Strand zur Straße, ohne zu ahnen, dass er eine ganze Branche ins Wanken gebracht hatte.
    Stahr und Kathleen kehrten zum Haus zurück, und sie versuchte, gegen seinen vorübergehenden Blues anzugehen.
    »Armer alter Sambo«, sagte sie.
    »Was?«
    »Nennt ihr sie nicht armer alter Sambo?«
    »Wir nennen sie gar nicht groß was.« Und nach einer Pause: »Sie haben ihre eigenen Filme.«
    Vor dem Heizofen im Haus zog sie Schuhe und Strümpfe an.
    »Kalifornien gefällt mir jetzt besser«, sagte sie absichtsvoll. »Ich glaube, mir hat ein bisschen der Sex gefehlt.«
    [154] »Aber das war wohl nicht alles?«
    »Du weißt, dass es nicht alles war.«
    »Es ist schön, bei dir zu sein.«
    Der Seufzer, mit dem sie aufstand, war so leise, dass er ihn nicht hörte.
    »Ich möchte dich jetzt nicht verlieren«, sagte er. »Ich weiß nicht, was du von mir denkst oder ob du dir überhaupt Gedanken über mich machst. Wie du dir wohl vorstellen kannst, ist mein Herz im Grab…« – er zögerte und überlegte, ob das wirklich so stimmte – »…aber du bist die attraktivste Frau, die mir seit einer halben Ewigkeit begegnet ist. Ich muss dich ständig ansehen. Welche Farbe deine Augen haben, könnte ich jetzt gar nicht mal genau sagen, aber dass die Welt sich vor ihnen in Acht nehmen muss, das weiß ich wohl…«
    »Hör auf, hör auf«, rief sie lachend. »Du bringst mich noch so weit, dass ich wochenlang nur noch vor dem Spiegel stehe. Mit meinen Augen hat es nichts weiter auf sich, es sind einfach Augen zum Schauen, ich bin eine denkbar normale Frau. Für eine Engländerin habe ich ganz passable Zähne…«
    »Du hast wunderschöne Zähne.«
    »…aber den Frauen, die ich hier sehe, kann ich nicht das Wasser reichen.«
    »Jetzt hör aber du auf! Was ich gesagt habe, ist die reine Wahrheit, und ich bin ein zurückhaltender Mensch.«
    Sie stand einen Augenblick da, ohne sich zu rühren, und dachte nach. Sie sah ihn an, sah in sich hinein, sah wieder ihn an – und gab das Nachdenken auf.
    »Wir müssen gehen«, sagte sie.
    [155] Als andere Menschen traten sie den Rückweg an. Viermal waren sie an diesem Tag über diese Küstenstraße gefahren, jedesmal ein neues Paar. Neugier, Trauer, Lust lagen hinter ihnen; dies war eine echte Rückkehr – zu ihrer beider Ich, ihrer Vergangenheit und Zukunft und der drohenden Gegenwart des Morgen. Sie solle näher an ihn heranrücken, bat er, was sie auch tat, aber sie spürten keine Nähe, denn dazu muss man das Gefühl haben, dass man enger zusammenwächst. Nichts bleibt, wie es ist. Er war drauf und dran, ihr vorzuschlagen, sie solle mit zu ihm kommen, in sein gemietetes Haus, und dort schlafen, aber das hätte sich vielleicht so angehört, als sei er einsam. Als der Wagen die Straße zu ihrem Haus hochfuhr, suchte Kathleen etwas hinter ihrem Sitzpolster.
    »Was hast du verloren?«
    »Vielleicht ist es rausgefallen.« Im Dunkeln tastete sie in ihrer Handtasche herum.
    »Was war es denn?«
    »Ein Briefumschlag.«
    »Wichtig?«
    »Nein.«
    Aber als Stahr vor ihrem Haus die Armaturenbrettbeleuchtung einschaltete, half sie ihm, die Polster herauszunehmen und noch einmal zu suchen.
    »Macht nichts«, sagte sie, als sie zur Tür gingen. »Wie ist deine Adresse, ich meine da, wo du wirklich wohnst?«
    »Nur Bel-Air. Keine Hausnummer.«
    »Wo ist Bel-Air?«
    »Es ist… so was wie ein Wohnviertel. Bei Santa Monica. Aber am besten rufst du mich im Studio an.«
    [156] »In Ordnung. Gute Nacht, Mr. Stahr.«
    » Mister Stahr«, wiederholte er betroffen.
    Sie verbesserte sich behutsam.
    »Also dann: Gute Nacht, Stahr. Besser so?«
    Ihm war, als habe sie ihn ein Stück weit weggeschoben.
    »Wie du willst.« Er weigerte sich, die Distanz zur Kenntnis zu nehmen, bewegte, ohne sie aus den Augen zu lassen, den Kopf hin und her wie sie, und gab ihr ohne Worte zu verstehen: ›Du weißt doch, was mit mir los ist.‹ Sie seufzte. Dann kam sie in seine Arme, und einen Augenblick gehörte sie wieder ganz ihm. Ehe sie sich anders besinnen konnte, flüsterte Stahr ein gute Nacht, dann drehte er sich um und ging zu seinem Wagen.
    Als er die Straße hinunterkurvte, horchte er in sich hinein, als müsste nun gleich zum ersten Mal ein Stück eines unbekannten Komponisten erklingen, fremdartig, eindringlich und kraftvoll. Gleich musste das Thema kommen, aber weil es jedesmal ein anderer Komponist war, würde er es nicht sofort als

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