Die Liebe einer Frau
eingetaucht ist. Wie das Seegras, das unter der Wasseroberfläche hin und her wogt. Schau hinunter, schau hinunter – schau, wie das Seegras im Wasser wogt, es lebt, doch es durchbricht nie die Oberfläche. Und so muss ihr weibliches Wesen in seinem männlichen Wesen leben. Dann wird sie glücklich sein und er stark und zufrieden. Dann wird ihnen die wahre Ehe gelungen sein.
Kath sagt, sie findet das blöde.
Sie macht sich an die Begründung. »Er redet doch von Sex, ja?«
»Nicht nur«, sagt Sonje. »Von ihrem ganzen Leben.«
»Ja, aber Sex. Sex führt zu Schwangerschaft. Ich meine, normalerweise. Also bekommt March ein Kind. Wahrscheinlich noch weitere. Und um die muss sie sich kümmern. Wie kann sie das, wenn ihr Geist unter der Meeresoberfläche hin und her wogt?«
»Das ist allzu wörtlich genommen«, sagt Sonje in leicht überlegenem Tonfall.
»Entweder kannst du dir Gedanken machen und Entscheidungen treffen, oder du kannst es nicht«, sagt Kath. »Zum Beispiel, das Baby greift nach einer Rasierklinge. Was machst du? Sagst du bloß: Ach, ich werde einfach hier schweben, bis mein Mann nach Hause kommt, und dann kann er sich den Kopf zerbrechen, das heißt, unseren Kopf, ob das eine gute Idee ist?«
Sonje sagt: »Das ist jetzt aber auf die Spitze getrieben.«
Ihrer beider Stimmen sind scharf geworden. Kath ist forsch und spöttisch, Sonje ernst und eigensinnig.
»Lawrence wollte keine Kinder«, sagt Kath. »Er war eifersüchtig auf Friedas Kinder aus erster Ehe.«
Sonje schaut zwischen ihren Knien zu Boden und lässt Sand durch ihre Finger rieseln.
»Ich glaube einfach, es wäre schön«, sagt sie. »Ich glaube, es wäre schön, wenn eine Frau das könnte.«
Kath weiß, dass etwas schiefgegangen ist. Etwas stimmt nicht an ihrem Argument. Warum ist sie so wütend und aufgebracht? Und warum hat sie das Thema gewechselt und über Kinder geredet? Weil sie ein Kind hat und Sonje nicht? Hat sie das über Lawrence und Frieda gesagt, weil sie den Verdacht hegt, dass es teilweise auch bei Cottar und Sonje so ist?
Wenn eine Frau auf der Grundlage von Kindern argumentiert, um die sie sich kümmern muss, ist sie aus allem raus. Unangreifbar. Aber wenn Kath das tut, will sie etwas vertuschen. Sie kann den Teil über das Seegras und das Wasser nicht ertragen, sie hat das Gefühl, an unklarem Protest zu ersticken. Also denkt sie dabei an sich selbst und nicht an Kinder. Sie selbst ist genau die Frau, über die Lawrence herzieht. Und sie kann das nicht geradeheraus zugeben, denn es könnte Sonje auf den Verdacht bringen – und nicht nur Sonje, sondern auch Kath selbst –, dass Kaths Leben an einer Verarmung leidet.
Sonje, die in einem anderen ärgerlichen Gespräch gesagt hat: »Mein Glück steht und fällt mit Cottar.«
Mein Glück steht und fällt mit Cottar.
Diese Feststellung hat Kath erschüttert. Sie hätte das nie von Kent gesagt. Sie wollte nicht, dass es auch auf sie zutraf.
Andererseits sollte Sonje nicht denken, sie sei eine Frau, die es in der Liebe nicht geschafft hatte. Die sie nicht angestrebt hatte, der sie nicht angeboten worden war, die Unterwerfung in der Liebe.
II
Kent erinnerte sich an den Namen der kleinen Stadt in Oregon, in die Cottar und Sonje gezogen waren. Oder in die Sonje gezogen war, am Ende jenes Sommers. Sie war dorthin gegangen, um Cottars Mutter zu versorgen, während Cottar sich auf eine weitere seiner als journalistische Dienstreisen getarnten Vergnügungsfahrten in den Fernen Osten begeben hatte. Nach seiner Chinareise war ein reales oder eingebildetes Problem mit seiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten aufgetaucht. Er hatte geplant, sich nach seiner Rückkehr mit Sonje in Kanada zu treffen und vielleicht auch seine Mutter dorthin zu holen.
Es bestand nicht viel Aussicht, dass Sonje immer noch in der Stadt lebte. Höchstens vielleicht die Mutter. Kent sagte, dass es sich nicht lohnte, dafür anzuhalten, aber Deborah sagte: Warum nicht, wäre doch interessant, das herauszufinden? Und eine Nachfrage auf dem Postamt erbrachte eine Wegbeschreibung.
Kent und Deborah fuhren aus der Stadt heraus und durch die Sanddünen – Deborah saß am Steuer wie meistens auf dieser langen, gemächlichen Reise. Sie hatten Kents Tochter Noelle besucht, die in Toronto lebte, und seine beiden Söhne von Pat, seiner zweiten Frau – den einen in Montreal und den anderen in Maryland. Sie waren ein paar Tage bei alten Freunden von Kent und Pat geblieben, die jetzt in einer bewachten
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