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Die Liebe in Grenzen

Die Liebe in Grenzen

Titel: Die Liebe in Grenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Peters
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beschloss, meinen Irrtum nicht weiter zu kommentieren, damit die Peinlichkeit nicht noch größer wurde, und wandte mich ab, um das Haus zu verlassen.
    Â» Nun, wenn Sie schon einmal hier sind, können wir uns auch unterhalten « , hörte ich den Mann sagen. » Denn die Stelle gibt es, sonst hätte ja nichts davon in der Zeitung gestanden. «
    Ich hielt im Gehen inne, drehte mich wieder um und überlegte, ob ich ein weiteres Mal auf den Arm genommen werden sollte. Mein Gegenüber wertete mein Zögern aber als Zustimmung und setzte sich mit festem Schritt in Bewegung, sodass mir nichts anderes übrig blieb, als ihm bis zum Ende des Flurs zu folgen. Dort ließ er mich mit einer höflichen Verneigung durch eine schwarze Tür vorgehen, hinter der sich ein unglaublich chaotisches Büro mit einem riesigen alten Schreibtisch befand.
    Â» Setzen Sie sich doch « , sagte mein Begleiter, » und entschuldigen Sie die Unordnung. «
    In das wüste Durcheinander passte ich augenscheinlich so viel besser hinein als dieser groß gewachsene Vorzeigemann, dass ich wahrheitsgemäß antworten konnte: » Das stört mich überhaupt nicht. «
    Er räumte einen Stapel Aktenordner von einem Sessel, der vor dem Schreibtisch stand, knöpfte sein Jackett auf und nahm dann selbst hinter dem Tisch auf einem Stuhl Platz. Für den Heimleiterposten sieht er zu jung aus, überlegte ich, aber bei Männern eines bestimmten Typs irrte ich mich oft, was das Alter betraf. Wobei: Einen bestimmten Typ vertrat er nun auch nicht gerade. Noch nie war mir jemand unter dreißig begegnet, der sich auf diese Art kleidete. Selbst ich konnte erkennen, dass weder Schnitt noch Stoff seines Dreiteilers aus dieser oder der letzten Modesaison waren. Der Mann wirkte, als wäre er aus einer vergangenen Epoche gefallen. Allerdings sah er in seiner für einen Pädagogen oder Sozialarbeiter völlig unüblichen Aufmachung fantastisch aus: Ein Wirklichkeit gewordener Romanheld hätte er sein können, der große Gatsby, cremefarbene Cabrios mit Ledersitzen warteten vor seiner weißen Villa darauf, in Seide gehüllte Frauen zu chauffieren, die auf der Veranda träge an langstieligen Gläsern nippten und den Blick über den See schweifen ließen, wo Jachten schaukelten und weiße Schals im Abendwind wehten. In eine solche Kulisse hätte er hineingepasst, aber nicht ins oberhessische Heimwesen.
    Der aus der Zeit Gefallene legte die Unterarme auf die mit handschriftlichen Notizen, zerfledderten Pappmappen und Kaugummipapieren zugemüllte Schreibtischplatte und schaute mir, das Kinn leicht nach vorne geschoben, aufmerksam zu, wie ich mich auf der Kante des Polstersessels niederließ und dabei versuchte, weder die auf der Lehne gestapelten Zeitschriften ins Rutschen zu bringen noch eine auf der Sitzfläche achtlos zusammengeknüllte Strickjacke zu plätten, die eindeutig nicht meinem Gegenüber gehörte.
    Â» Sie wollen sich also bei uns bewerben. «
    Eine Feststellung, keine Frage, sodass ich mich nicht aufgefordert sah, mehr als mit einem Ja zu antworten. Ich war sowieso noch damit beschäftigt zu überlegen, was hier eigentlich vor sich ging. Irgendein Unterton in seiner Stimme störte mich, aber ich wollte den konfusen Ersteindruck, den er von mir hatte, nicht vertiefen. Und so reichte ich ihm den Ordner mit meinen Unterlagen, den ich aus meinem Rucksack herausholte. Während er darin blätterte, überlegte ich, weshalb er die Wangen zusammenkniff, als würde er das Bedürfnis, in ein Lachen ausbrechen zu wollen, überspielen.
    Nach einer Weile, die mir endlos vorkam, blickte er mich vieldeutig an. Danach legte er meinen Ordner zur Seite, wobei er seine rechte Hand besitzergreifend darauf ruhen ließ. Ich wartete, dass er das Gespräch begann, aber er hielt konstant seine blassblauen Augen auf mich gerichtet. Fast wie das Spiel, das Manu und ich früher gespielt haben, dachte ich. Wer zuerst lacht oder wegschaut, hat verloren. Ich schaute weg, schaute wieder hin, er schien nicht einmal geblinzelt zu haben. Nicht, dass mir sein Blick unangenehm gewesen wäre, aber die Situation machte mich zunehmend nervös. Hier war etwas anders als bei den Vorstellungsgesprächen, die ich sonst absolviert hatte, ich konnte dieses Andere nur nicht festmachen. Unverwandt heftete er seine Augen auf mich. Was starrte dieser Mensch mich so lange an? Weil

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