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Die Liebe ist ein Dieb und der Pirat der Träume (German Edition)

Die Liebe ist ein Dieb und der Pirat der Träume (German Edition)

Titel: Die Liebe ist ein Dieb und der Pirat der Träume (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Garber
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doch sie hatte eindeutig Rhythmus im Blut.
    Am Ende des Abends wurde sie gebeten, mit einigen Percussion-Künstlern eine kleine Jamsession zu spielen, was das gesamte Publikum von den Stühlen riss und zum Tanzen brachte. Zum Schluss strahlte Beatrice vor Glück.
    Es bleibt festzuhalten: Die schönste Farbe dieser Erde ist das zarte Rosa auf Beatrice Van de Broecks Wangen am Abend, als sie an der Juilliard School ihren Auftritt hatte.
    Nach der Vorstellung warteten Beatrice und ich darauf, dass sich der Saal leerte, bevor wir uns noch einen Moment Zeit nahmen, um uns auf die wunderschöne Bühne zu setzen. Wir ließen den Raum auf uns wirken, die Bühne, den Geruch, damit Beatrice noch einmal all das in sich aufsaugen konnte, was sie vor all den Jahren aufgegeben hatte. Schweigend saßen wir da und schauten in den schwach erleuchteten Zuschauerraum mit seinen leeren Sitzen. Es war ein angenehmes Schweigen, bei dem niemand sich verpflichtet fühlte, etwas zu sagen, nur ich natürlich …
    „Beatrice, was meinen Sie, wie wäre Ihr Leben verlaufen, wenn Sie hier zur Schule gegangen wären?“
    Sie ließ sich für die Antwort einen Augenblick lang Zeit. Holte tief Luft. Überlegte.
    „Es ist nicht möglich, sich das vorzustellen, Kate. Und so langsam vermute ich, dass es einfach nicht mein Schicksal war.“
    „Was meinen Sie damit, Sie waren doch großartig heute Abend.“
    „Wenn es mein Schicksal gewesen wäre, Künstlerin zu werden, dann wäre mein Leben doch noch immer von der Musik bestimmt gewesen, oder? Selbst nachdem ich mich dagegen entschieden hatte, hierherzukommen. Zumindest hätte die Musik einen größeren Raum einnehmen müssen. Aber so war es nicht. Ich kehrte der Musik, unmittelbar nachdem ich die Entscheidung getroffen hatte, den Rücken. Dabei hätte ich doch bestimmt auch eine Möglichkeit in England finden können, um Musik zu studieren. Aber das habe ich nicht getan. Und die Entscheidung, ohne die Musik weiterzuleben, sie aufzugeben, habe ich ganz allein getroffen. Ich habe mich sozusagen selbst sabotiert und das Ende meiner vermeintlichen Musikkarriere selbst herbeigeführt. Es ist lustig, aber in mehr als sechzig Jahren habe ich es nie von dieser Seite aus betrachtet. Aber jetzt wird es mir klar. Die Jugendlichen sind hier, weil sie es mehr als ich wollten. Sie sind tapferer als ich. Was bin ich nur dumm, dass ich mein ganzes Leben lang geglaubt habe, ich wäre etwas, das ich gar nicht bin.“ Ihre Stimme wurde brüchig. „Was für eine dumme Frau bin ich doch.“ Sie holte ein kleines, mit Blumen besticktes Taschentuch aus ihrer Handtasche und tupfte sich die Augen. Wir saßen da, ohne Worte, ohne Musik. „Aber letztendlich habe ich doch noch hier gespielt, oder?“
    „Ja, Beatrice, das haben Sie. Und wundervoll noch dazu.“
    „Ich glaube, es wird Zeit, nach Hause zu fahren, Kate“, sagte sie und klopfte mir liebevoll aufs Knie, ehe sie aufstand und langsam von der Bühne ging.
    Auf dem Flug nach Hause brachte ich es nicht über mich, viel mit Beatrice zu reden, was ganz gut passte, da sie die ganze Zeit schlief. Also beobachtete ich sie stundenlang beim Schlafen, was diesmal definitiv einem Stalker ähnelte. Was hatte ich dieser armen alten Dame nur angetan? Konnte man Beatrices Erkenntnis, sich selbst sabotiert zu haben, auf uns alle übertragen? Selbst wenn wir uns in Umständen wiederfinden, die wir eigentlich hassen –hatten wir irgendwann die Wahl, entweder diese Umstände zu akzeptieren oder diese Veränderung nicht voranzutreiben? Hatten wir Angst davor, mehr Macht zu haben? Angst vor der Kontrolle, die wir über unser eigenes Leben haben? Angst davor, mehr Verantwortung zu übernehmen? Oder liegt es daran, dass wir, wenn wir mehr Verantwortung übernehmen würden, nur uns selbst die Schuld geben könnten, wenn etwas schiefläuft?
    Kaum waren wir in London gelandet, rief ich Chad an. Ich war mir nicht sicher, wie ich über Beatrices Besuch in New York berichten sollte. Was war, wenn Selbstsabotage der eigentliche Grund für all diese Verluste war?
    „Wir reden jetzt darüber, genau dreißig Sekunden lang, und dann verlieren wir kein Wort mehr darüber, ist das, zur Pussy noch mal, klar?“ Ich stellte mir vor, wie Chad auf und ab lief, während er sprach. „Wenn ich mit jemandem schlafe, weiß ich von vornherein, dass es zu nichts führt, richtig? Also, obwohl ich bereits eine Entscheidung getroffen habe, obwohl ich weiß, was ich will, will ich trotzdem nicht derjenige sein,

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