Die Liebe ist ein Dieb und der Pirat der Träume (German Edition)
der die Beziehung beendet. Ich will, dass der andere es tut. Vermeidung von Verantwortung, verstehst du?“
„Nein.“
„Pass auf, wenn jemand mich sitzen lässt, kann ich der passive Rezipient sein, was äußerst bequem ist. Ich kann einfach sagen: ‚Was sollte ich machen? Es war seine Entscheidung.‘ Aber wenn ich jemanden sitzen lasse und dann feststelle, dass er eigentlich doch toll gewesen ist, und ich folglich einen Fehler gemacht habe, oder noch schlimmer: Ich lasse jemanden sitzen und treffe ihn dann ein Jahr später wieder und er ist noch fitter als vorher, dann würde ich mir doch sagen: ‚Verdammt, Chad, du kannst ja nicht einmal deinem eigenen Urteil vertrauen, du hast es echt versaut‘, und ich müsste mit dieser unangenehmen Erkenntnis leben. Ich würde anfangen, an mir zu zweifeln. Ich will nicht an mir zweifeln, Kate. Das macht das Leben noch komplizierter, zur Pussy noch mal. Ich bräuchte einen Seelenklempner. Also vermeide ich gewisse Arten von Verantwortung.“
„Aber was ist, wenn du jemanden erwischst, der ebenfalls keine Verantwortung übernehmen will und wenn der die Beziehung auch nicht beendet.“ Ich dachte da vor allem an Federico und seine Art, wie eine Klette an jemandem zu hängen. „Bleibt ihr dann für immer zusammen?“
„Irgendwann gehen sie alle, Kate, das ist die einzige Konstante in diesem Leben. Niemand bleibt für immer.“ Er räusperte sich. „Also, lass uns wieder über diese alte Klavierspielerin reden.“
„Beatrice.“
„Wie auch immer. Was wäre, wenn Beatrice nicht geheiratet hätte, es aber dann auch als Pianistin zu nichts gebracht hätte und schließlich arm wie eine Kirchenmaus auf der Straße gelandet wäre? Oder wenn sie ihn geheiratet und in irgendeiner Form in England weiter Klavier gespielt hätte, nur um nach ein paar Jahren festzustellen, dass sie doch gar nicht so gut war? Sie hätte sich und ihr Talent falsch eingeschätzt, sie hätte zugeben müssen, dass sie sich selbst etwas vorgemacht hatte, als sie geglaubt hatte, Konzertpianistin werden zu können, und demzufolge wäre ihr Leben ihr auf einmal pussymäßig bedeutungslos vorgekommen. Sie hätte angefangen, sich zu fragen: Wer, zum Teufel, bin ich eigentlich? Warum, zum Teufel, bin ich hier? Ich tauge doch zu gar nichts. Was, zum Teufel, soll das alles bedeuten? Verstehst du? Wir alle suchen nach dem Sinn, Kate. Wir alle müssen uns durch etwas anderes definieren. So wie du dich zurzeit dadurch definierst, dass du kreuzunglücklich bist und daran glaubst, dass die Liebe dir deine Träume gestohlen hat. Das ist deine Entscheidung. So als ob du keine Verantwortung übernimmst, und zwar in dem Sinn, dass du das begrenzte Leben, das du dir selbst zugestehst, selbst bestimmst, weil du so tust, als hättest du ohnehin keine pussymäßige Kontrolle darüber. Verstehst du?“
Ich war mir nicht sicher.
„Niemand will Verantwortung übernehmen, Kate. Wir tun es bis zu einem gewissen Grad, indem wir entscheiden, welchen Job wir machen wollen, mit wem wir ins Bett gehen, wie viele Schulden wir auf unserem Kreditkartenkonto anhäufen und indem wireinmal im Jahr unsere Nanny besuchen, um sicherzustellen, dass sie uns in ihrem Testament nicht vergisst. Aber alles andere, nein, vielen Dank. Nur die Martin Luther Kings dieser Welt wollen sich und die Kraft ihrer eigenen Macht testen. Niemand sonst würde mit revolutionären Ideen aufwarten, würde Veränderungen anstoßen, würde irgendetwas Besseres versprechen, aus Angst, die Versprechungen nicht erfüllen zu können, aus Angst, dass es sich als Fehlschlag herausstellen könnte. Millionen folgten Gandhi, richtig? Aber niemand, zur Pussy, will Gandhi sein. Hast du kapiert?“
„Äh …“
„Kate, Beatrice ist nicht die Einzige. Du bist ebenfalls verantwortlich für all den Scheiß, der in deinem Leben gerade außer Kontrolle geraten ist, einschließlich der Tatsache, dass ich bis zu einem gewissen Grad Kontrolle über deine Karrierechancen ausüben kann. Übrigens, da wir gerade beim Thema sind, ich erwarte eine Kopie dieses Artikels bis morgen Mittag auf meinem Schreibtisch, und wenn ich Schreibtisch sage, meine ich natürlich meinen E-Mail-Eingang, und mit einer Kopie meine ich ein digitales Format.“ Er legte auf.
War Beatrice wirklich selbst verantwortlich für ihr eigenes Verderben? Wenn ja, dann konnte man nicht die Liebe dafür verantwortlich machen. Dann hatte die Liebe ihr gar nichts gestohlen. Dann gab es kein versäumtes
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