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Die Liebe ist eine Insel

Die Liebe ist eine Insel

Titel: Die Liebe ist eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudie Gallay
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Das Fenster geht auf den Palast, ganz unten befinden sich die Gärten.
    Die Badezimmertür steht offen, die weißen Handtücher hängen ordentlich da.
    Einen Augenblick lang lockt sie die große Badewanne mit den schäumenden Produkten, den Cremes und Shampoos. Sie atmet die Parfums ein.
    Auf einem Tisch stehen Lilien und Gladiolen in einer Vase, auf dem Kopfkissen liegen Bonbons.
    Sie setzt sich auf das Bett.
    »Du bist berühmt«, sagt sie.
    »Deswegen hat man nicht weniger Sorgen.«
    Sie telefoniert, lässt zwei Tabletts mit Knabberzeug kommen. Salzig, süß, und Getränke. Das Tablett auf dem Bett. Sie setzen sich gegenüber.
    »Fünf Jahre vergehen schnell«, sagt Odile.
    Sie bedient sich, betrachtet die Decke und den Kronleuchter aus farbigem Glas. Mit weit aufgerissenen Augen.
    »Ich könnte hier nicht schlafen, es ist einfach zu schön!«
    Sie isst ein Petit Four.
    »Bezahlst du das Zimmer?«
    Die Jogar bricht in Gelächter aus.
    »Nein.«
    »Wenn meine Jungs das sehen könnten! Wohin fährst du in Urlaub?«
    »An einen See in Italien. Urlaub langweilt mich, die spielfreien Tage und all das …«
    »Wie heißt der See?«
    »Lago Maggiore.«
    Odile betrachtet das Gesicht der Jogar, ihre Augen. Sie zieht die Augenbrauen hoch.
    »Erinnerst du dich, sonntags waren wir immer traurig und Weihnachten krank.«
    »Das hat sich nicht geändert.«
    Odile nickt.
    Die Jogar zündet sich eine Zigarette an, raucht und betrachtet die Decke.
    »Und mein Vater?«
    »Wie, dein Vater?«
    »Hast du ihn wiedergesehen?«
    »Nein, schon lange nicht mehr.«
    »Weißt du, wie es ihm geht?«
    »Ich habe nicht gehört, dass es ihm schlecht geht. Wirst du ihn besuchen?«
    »Ich bin zu seinem Haus gegangen und habe geläutet, er war nicht da.«
    Odile legt sich auf das Bett. Sie liegen nebeneinander. Teilen sich die Zigarette.
    »Ich dachte, es sei verboten, in den Zimmern zu rauchen.«
    »Ist es auch.«
    Sie rauchen weiter. Alles ist ruhig. Die Straßengeräusche dringen kaum zu ihnen herauf.
    »Als meine Mutter starb, war ich in Amerika«, sagt die Jogar.
    »Du musst nicht darüber sprechen.«
    »Ich wollte es dir nur sagen. Ich habe es erst bei meiner Rückkehr erfahren. Deswegen war ich nicht auf der Beerdigung.«
    Sie erinnert sich an die Nachricht, die ihr Vater auf dem Anrufbeantworter hinterlassen hatte. »Deine Mutter ist heute gestorben.«
    Eine weitere Nachricht zwei Tage später. »Wir haben deine Mutter heute Morgen beerdigt.«
    Eine kühle, distanzierte Stimme. Ein Anruf zu Hause. Er hätte sie auf ihrem Handy anrufen können, sie hätte geantwortet, sie hätte es gewusst. Sie wäre gekommen.
    »Odile?«
    »Ja …«
    »Ich glaube, er hat es absichtlich getan … Er hätte ahnen können, dass ich nicht da war, dass ich die Nachricht zu spät bekommen würde. Ich traue ihm das zu.«
    Odile antwortet nicht.
    Die Jogar hat ihren Vater ihr Leben lang geliebt und gehasst. Sich ihm gegenüber immer schuldig gefühlt.
    »Wenn ich nicht hier bin, geht es mir gut, und wenn ich zurückkomme …«, sagt sie.
    Sie liegen noch eine ganze Weile so nebeneinander, reden, schweigen, machen sich am Ende über sich selbst lustig und singen mit lachenden Augen Lago Maggiore .
    Dann steht die Jogar auf. Sie nimmt ihre Tasche. Die Truppe hat einstimmig beschlossen zu spielen.
    »Ich muss gehen!«
    Sie geht zur Tür, kommt zurück, umarmt Odile. Ein dicker Kuss.
    »Du kannst ein Bad nehmen, den Rest aufessen. Im Kühlschrank stehen Getränke … Nimm die Bonbons für deine Jungs und nimm auch die Blumen mit! Mach, wozu du Lust hast, und zieh die Tür zu, wenn du gehst.«

D ie Jogar spielt um siebzehn Uhr.
    Anschließend kehrt sie ins Hotel zurück.
    Das Zimmer ist gemacht worden. Es gibt keine Spuren von Odile mehr.
    In der Vase neue Blumen.
    Sie bestellt etwas Hochprozentiges, egal was. Der Kellner kommt mit einem Tablett, ein Whisky und Post.
    Die Jogar setzt sich auf den Bettrand, die nackten Füße auf dem Boden.
    Sie schaltet den Fernseher ein, zappt durch die Kanäle, und macht ihn wieder aus. Schlägt ein Buch auf, blättert ein paar Seiten um. Unfähig zu lesen, steht sie auf und betrachtet ihren nackten Körper im Spiegel.
    Sie nimmt ein fast kaltes Bad.
    Sie schläft. Als sie aufwacht, ist es dunkel. Sie zieht eine beige Leinenhose und ein kurzärmeliges Hemd an. Unten lungern ein paar Journalisten herum. Auf der Straße reges Treiben. Zwei Clowns auf der Esplanade.
    Léo Ferré hat dort gesungen, im Théâtre du Chêne-Noir. Er kam auf

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