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Die Liebe ist eine Insel

Die Liebe ist eine Insel

Titel: Die Liebe ist eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudie Gallay
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Anzeichen von Ermüdung.«
    Sie betrachtet erneut den Haken.
    »Dann sind die alten Männer also nicht gestorben?«
    »Nein.«
    Sie zieht den Schuh wieder an und bindet die Schnürsenkel zu.
    »Haben Sie alles gelesen?«, fragt sie und deutet auf das Heft.
    »Alles.«
    »Und?«
    »Er konnte gut schreiben …«
    »Ist das alles?«
    »Was soll ich dir sagen?«
    Sie steht auf und holt ihren Rucksack, kehrt ganz dicht an den Bühnenrand zurück, die Fußspitzen ragen ins Leere. Ihr Fotoapparat schlägt gegen ihre Seite.
    »Tatsächlich haben Sie meinen Bruder nur ein paar Tage zu spät angerufen. Haben Sie deswegen aufgehört, Bücher zu veröffentlichen?«
    »Vielleicht …«
    Sie geht, verschwindet hinter dem Vorhang.
    Er hört ihren Schritt, der sich entfernt, die Tür zum Gang, die geöffnet und wieder geschlossen wird.
    Er bleibt eine ganze Weile allein auf seinem Platz sitzen. Anamorphose war ein Text, der ihn nicht mehr losgelassen hatte. Als er von Selliès’ Tod erfahren hatte, war er wie erstarrt neben dem Telefon sitzen geblieben. Das Manuskript hatte auf seinem Schreibtisch gelegen, er hatte darin geblättert und nicht mehr gewusst, was er damit machen sollte. Es zu veröffentlichen war unmöglich geworden. Den Text eines toten Autors veröffentlicht man nicht. Er hatte überlegt, ihn in einer Schublade aufzubewahren. Er hatte ihn noch einmal gelesen. Sich auf etwas anderes zu konzentrieren war ihm unmöglich gewesen.
    Er hatte beschlossen, es seiner Mutter zurückzuschicken. Er hatte sie angerufen. Sie hatte gesagt, sie wolle es nicht, er könne es verbrennen.
    Er hatte es ihr trotzdem zurückgeschickt. In einem Umschlag. Den Umschlag in den Postkorb gelegt, sollte sie damit machen, was sie wollte, es vergessen oder verbrennen, ihr Problem.

D ie Vorstellung läuft bereits seit einer halben Stunde, als die Streikenden auf die Bühne des Chien-Fou stürmen. Es sind zwanzig, draußen stehen noch mal so viele.
    Sie sprechen von Solidarität.
    Odon ist wütend.
    »Wir sind bereits solidarisch!«
    Er macht sich Vorwürfe. Er hätte die Türen abschließen sollen, doch sein Theater ist stets ein freier, offener Raum gewesen.
    Der Ton wird lauter.
    Einige Zuschauer pfeifen. Manche stehen auf, wollen gehen, sie verlangen ihr Geld zurück. Andere bleiben, betrübt, fatalistisch.
    »Was tun wir?«, fragt Jeff.
    »Was sollen wir deiner Meinung nach tun?«
    Julie und die Jungs gehen unter die Dusche.
    »Der heutige Abend ist im Eimer, aber morgen spielen wir bei geschlossenen Türen«, sagt Odon, als sie zurückkommen.
    Julie streitet sich mit Damien.
    Damien geht, wohin, sagt er nicht. Julie folgt ihm mit den Augen.
    »Für heute ist es gelaufen«, sagt sie.
    Ein Mädchen mit langen Haaren erwartet Yann auf dem Platz.

O don hat einen Tisch im Restaurant de la Manutention reserviert. Marie hat gesagt, dass sie kommen würde, aber sie ist nicht da, ihr Teller steht am Ende des Tisches.
    »Ein merkwürdiges Mädchen«, sagt Julie und blickt zu Maries leerem Platz.
    Greg will nicht, dass der Kellner ihren Teller mitnimmt.
    Yann spricht in sein Handy, er gibt seine Meinung über den Zufall kund, hört eine Nachricht ab.
    Damien ist nicht da.
    Streikende gehen zwischen den Tischen hindurch, sie tragen schwarze Armbinden. Julie sagt, sie werde morgen zu ihrer Versammlung kommen.
    »Morgen versuchen wir zu spielen«, sagt Odon.
    Flyer verteilen, proben und leben, wenn noch etwas Zeit bleibt.
    Sie streiten sich deswegen. Es ist ein Festival, bei dem das Schlimmste möglich ist, ausgezeichnete Stücke werden totale Flops, und miserable Aufführungen sind ausverkauft.
    Sie versuchen über andere Dinge zu reden. Über die Zukunft. Über Stücke, die sie auf dem nächsten Festival spielen könnten. Yann sagt, Porno laufe gut.
    Marie kommt lautlos, setzt sich auf ihren Platz. Sie bestellt einen Salat. Die Unterhaltung geht weiter. Auf der Tischdecke beißt eine Gottesanbeterin den runden Kopf ihres Männchens ab. Sie frisst ihn. Das Männchen hängt immer noch hinten an ihr.
    Greg ist angewidert.
    Marie beugt sich vor.
    »Das ist der Instinkt«, flüstert sie. »Wenn man seinem Instinkt folgt, ist man nie schuldig.«
    »Trotzdem …«
    »Sie tut das für ihre Jungen, dadurch bekommen sie Proteine.«
    Sie spricht sehr leise.
    »Und er ist einverstanden, sich auffressen zu lassen, damit sie ihre Ration bekommen?«
    »Er ist einverstanden … aber wenn er die Wahl hat, wählt er ein Weibchen, das nicht mehr hungrig ist.«
    Er hört

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