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Die Liebe ist eine Insel

Die Liebe ist eine Insel

Titel: Die Liebe ist eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudie Gallay
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Stirn ist rot. Ihre Sommersprossen haben sich ebenfalls vermehrt. Sie trägt ein tief ausgeschnittenes hautfarbenes T-Shirt. Um den Hals mehrere Ketten aus Türkisen.
    Als sie ihn bemerkt, winkt sie ihm zu. Er geht zu ihr. Seine Jacke ist zerknittert, er wirkt abgespannt. Er spürt die Blicke auf sich. Er weiß, dass Nathalie ihn nicht angerufen hätte, wenn es nicht ernst wäre.
    Er erkennt es in ihren Augen.
    Ein Mann begleitet sie. Er ist älter als Odon, an den Schläfen bereits leicht ergraut. Elegant. Er tritt beiseite, als Odon auf sie zukommt.
    Nathalie stellt sie einander vor.
    Odon merkt sich seinen Namen nicht.
    Nathalie entschuldigt sich bei ihren Freunden. Sie zieht ihn beiseite, in eine ruhige Ecke am Ende der Bar.
    »Ich habe auf dich gewartet«, sagt sie.
    Sie nehmen zwei Glas Champagner von einem Tablett und stützen die Ellbogen auf den Tresen.
    Nathalie betrachtet die Blasen, die golden aufsteigen und an der Oberfläche zerplatzen. Den Kopf etwas geneigt.
    »Wir haben ein Problem«, sagt sie.
    Das hatte sie, im gleichen Ton, auch gesagt, als sie von seiner Liaison mit Mathilde erfahren hatte. Wir haben ein Problem … Aber das war auf dem Kahn gewesen.
    »Wir haben einen Anruf in der Redaktion bekommen.«
    Sie umklammert ihr Glas, dreht es mit den Fingerspitzen.
    »Ist es so schlimm?«, fragt er.
    »Möglicherweise.«
    Er lässt sein Glas auf dem Tresen stehen.
    »Ich höre.«
    »Mathilde Monsols soll nicht die Autorin von Ultimes déviances sein. Angeblich handelt es sich um die überarbeitete Fassung eines Originaltextes von Paul Selliès, dem Autor, von dem du dieses Jahr ein Stück aufführst.«
    Odon starrt die Flaschenreihen auf den Regalen der Bar an. Er legt die Hand auf den Tresen. Dreht sich langsam um.
    Nathalie dreht sich ebenfalls um.
    Sie hält ihr Glas in der Hand, ohne zu trinken.
    »Da ist noch etwas«, sagt sie.
    Sie lässt ihren Blick gleichgültig über die Gäste gleiten.
    »Nicht ich habe diesen Anruf bekommen, sondern eine Praktikantin … Sie hat die Information an meine Sekretärin weitergegeben.«
    Sie lässt ihm Zeit zu verdauen, was sie gerade gesagt hat. Es in allen Einzelheiten und mit allen Konsequenzen zu begreifen.
    Sie lässt ihm auch Zeit, es abzustreiten.
    Sie kennen sich bald dreißig Jahre, das ist eine lange Zeit. Er hat sie manchmal belogen, aus Nachlässigkeit, oder um sie zu schützen. Eines Tages hat er sie schändlich betrogen, aus Liebe zu Mathilde.
    Und jetzt …
    Nathalie stellt ihr Glas ab.
    »Ich muss wissen, ob diese Information stimmt.«
    Sie wird ihm glauben. Sie will ihm glauben, ohne anzuzweifeln, was er sagt.
    Er kann sie anlügen.
    »Es stimmt«, sagt er schließlich.
    Vor ihr, neben ihr, überall gehen die Tabletts herum, leeren sich die Gläser.
    »Ich habe die beiden Personen, die Bescheid wissen, gebeten, nicht darüber zu sprechen, aber ich kann dir nicht garantieren, dass es nicht dennoch durchsickert.«
    Sie will nichts versprechen, was sie womöglich nicht halten kann.
    Er macht eine fatalistische Handbewegung. Nicht darüber sprechen, wie lange? Selbst wenn die Information in den nächsten Tagen nicht durchsickert, bleibt die Drohung dennoch bestehen.
    Das Gespräch des Abends ist der Abschied der Jogar, die stumme Standing Ovation, ein Publikum, das erschauert angesichts einer Frau auf der Bühne.
    Sie sollte eigentlich da sein.
    Man sucht sie. Stellt Fragen.
    »Odon?«
    »Mmm …«
    »Hast du eine Idee, wer angerufen haben könnte?«
    »Ich glaube ja …«
    Sie breitet die Hände aus, tritt von der Bar zurück. Die Druckerschwärze der Schlagzeilen.
    »In diesem Fall …«
    Sie legt eine sanfte Hand auf seinen Arm.
    »Ich hoffe aufrichtig, dass es nicht durchsickert.«
    Sie sehen sich an. Sie hatten sich leidenschaftlich geliebt. Das Leben war ihnen wie ein endloser wunderbarer Spaziergang vorgekommen.
    Sie zieht ihre Hand zurück.
    Vor ihm hatte sie nicht gewusst, was Eifersucht ist, er hat sie die Eifersucht gelehrt, gelehrt, eine Niederlage einzustecken. Heute könnte sie sich rächen, es wäre ganz einfach, eine Schlagzeile auf der ersten Seite würde genügen.
    Es ist weder Milde noch Verzeihen. Sie empfindet einfach keine Wut mehr.
    »Du hast es veröffentlicht. Wenn das durchsickert, wirst du durch den Dreck gezogen werden.«
    »Das ist nicht wichtig …«
    Sie lächelt. Also doch … Es wäre ihr lieber gewesen, es würde nicht stimmen, sie wäre nicht gezwungen, ihn zu retten.
    »Es darf keine weiteren Anrufe geben, ich

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