Die Liebe kommt auf leisen Pfoten
die Tür und stürmte in die Wohnung. Sie fand ihren Opa im Wohnzimmer auf dem Fußboden liegend. „Oh Gott Opa, was ist denn passiert?“ Sie setzte sich gleich zu ihm runter und schob ein Kissen unter seinen Kopf.
„Ich bin hingefallen. Ich fürchte das Bein ist gebrochen“, sagte er schwach. „Es tut so weh, ich konnte nicht mal mehr zum Telefon kommen.“
„Wie lange liegst Du schon hier?“
„Ich weiß es nicht, aber bestimmt schon eine ganze Weile. Ich habe anfangs noch auf den Boden geklopft und gerufen, aber scheinbar sind hier alle stocktaub.“
Tanja war froh, dass ihr Opa über die Nachbarschaft schimpfte, es waren also noch genug Lebensgeister in ihm.
„Keine Sorge Opa, das kriegen wir wieder hin. Ich rufe jetzt erst einmal den Notarzt.“ Tanja wählte den Notruf. Sie schilderte, was passiert war und gab den Namen und die Adresse ihres Opas an. Danach nahm sie eine Decke vom Sofa und legte sie vorsichtig über ihren Opa. Sie sah ihm an, dass er starke Schmerzen haben musste, aber ihr Opa war nun mal noch vom alten Schlag und jammerte nicht. Trotzdem tat es ihr weh, dass sie ihm nicht helfen konnte. Während sie auf den Krankenwagen warteten saß sie neben ihm auf dem Boden und hielt seine Hand. „Soll ich Tante Sigi anrufen?“
„Ach, die soll bleiben, wo der Pfeffer wächst. Es kümmert sie doch eh nicht, wie es mir geht.“
„Ich weiß, aber immerhin wirst Du ins Krankenhaus müssen.“
„Na und? Wenn ich gestorben bin, wird sie es noch früh genug mitbekommen. Alles andere wird sie nicht interessieren.“
„Opa, jetzt hör auf. Du weißt, ich kann sie auch nicht leiden, aber das geht zu weit.“
Tanjas Tante Sieglinde wohnte zwar in der gleichen Stadt, kümmerte sich aber kaum um den alten Mann. Das Verhältnis zwischen Vater und Tochter war noch nie gut gewesen. Nach dem Tod von Tanjas Oma hatte Tante Sieglinde den Kontakt zum Vater dann so gut wie ganz abgebrochen.
„Meinetwegen“, gab der Opa nach, „aber erst wenn ich im Krankenhaus bin und es sicher ist, dass ich auch dort bleiben muss.“
„Versprochen.“
Als es klingelte, ließ Tanja die Sanitäter in die Wohnung. Der Notarzt war auch gleich mitgekommen und untersuchte ihren Opa.
„Ihr Großvater hat sich wahrscheinlich den Oberschenkel gebrochen. Wir werden ihn gleich ins Krankenhaus bringen müssen. Bei so einem Bruch besteht immer die Gefahr, dass der Patient innerlich stark blutet.“
„Kann ich noch irgendetwas tun?“, fragte Tanja, die sich mehr als hilflos vorkam.
„Sie könnten schon mal eine Tasche richten mit allem Nötigen, also Klamotten, Bademantel, Zahnbürste und so weiter. Er wird auf jeden Fall über Nacht im Krankenhaus bleiben müssen.“
Während der Arzt und ein Sanitäter ihren Opa weiter versorgten, holte der andere die Trage von unten. Mit geübten Handgriffen legten sie den Patienten dann auf die Trage und brachten ihn schließlich zum Rettungswagen. Tanja stieg noch einmal zu ihm und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. „Ich komme nach. Mach Dir keine Sorgen. Das wird schon wieder.“
Als der Krankenwagen weg fuhr schaute sie ihm nach und kämpfte mit den Tränen. Ihr war durchaus klar, was so ein Beinbruch für ihren Opa bedeuten konnte. Gerade bei älteren Menschen war das meist der Anfang von einem langen Leidensweg und die wenigsten waren danach wieder ganz die alten, wenn sie überhaupt wieder auf die Beine kamen.
Wieder zurück in der Wohnung richtete sie eine Tasche mit den notwendigen Utensilien. Da sie ihrem Opa auch hin und wieder im Haushalt half und auch seine Wäsche versorgte, musste sie nicht lange suchen, bis sie alles zusammen hatte.
Wieder fluchte sie laut während dem Autofahren. Der Weg bis zum Krankenhaus kam ihr ewig vor. Die Dame an der Anmeldung schickte sie weiter in die Notaufnahme. Dort wurde ihr mitgeteilt, dass ihr Opa gerade beim Röntgen war. So blieb ihr nichts anderes übrig als im Gang darauf zu warten, dass es was Neues gab. Es dauert auch nicht lange, bis er auf einem Bett wieder ins Behandlungszimmer geschoben wurde. Tanja sah den Pfleger im Zimmer fragend an.
„Sie können ruhig herein kommen“, sagte er freundlich und Tanja ging sofort zu ihrem Opa, der sehr müde und mitgenommen aussah. „Sie haben einen Oberschenkelhalsbruch, Herr Drexler“, wandte sich der Pfleger nun an ihren Opa, „alles weitere wird ihnen der Arzt erklären. Er müsste gleich kommen.“
„Na prima“, murmelte ihr Opa, „das hat mir gerade noch
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