Die Liebe kommt auf leisen Pfoten
gefehlt.“
Tanja wusste nicht, wie sie ihn aufmuntern konnte. Sie hätte gerne tröstende Worte gefunden und das ganze heruntergespielt, aber ihr fiel nichts ein. Deshalb war sie froh, als der Arzt endlich durch eine Nebentür ins Zimmer kam und die Röntgenbilder auf einem Bildschirm aufrief.
„Da hatten Sie Glück im Unglück“, erklärte der Arzt. Tanja war gespannt, was nun kam, denn sie fand diese Begrüßung ein wenig unpassend. „Es ist ein unkomplizierter Bruch und es wurden auch keine größeren Blutgefäße erwischt. Trotzdem werden wir heute Abend noch operieren. Aber seien Sie unbesorgt, das kriegen wir ohne Probleme wieder hin.“
„Jetzt habe ich 83 Jahre ohne einen einzigen Krankenhausbesuch hinter mich gebracht und auf die alten Tage erwischt es mich doch noch. Darauf hätte ich gerne verzichten können.“
„Das glaube ich Ihnen. Ich muss jetzt leider weiter. Es kommt gleich noch der Anästhesist und bespricht die Narkose mit Ihnen. Ich wünsche Ihnen alles Gute.“ Genauso schnell wie er durch die Nebentür gekommen war, verschwand der Arzt auch schon wieder.
Diesmal mussten sie etwas länger auf den nächsten Arzt warten und Tanja begann ein wenig zu frieren. Es war nicht gerade warm in diesem Untersuchungszimmer.
„Ist Dir auch kalt?“, fragte sie ihren Opa.
„Nein, es geht mir gut. Die Schmerzmittel wirken. Du musst hier nicht warten. Geh ruhig nach Hause.“
„Ich bleibe hier.“
In diesem Moment kam der Anästhesist in den Raum. „Hallo Herr Drexler. Wir müssen nun zusammen kurz die Narkose besprechen. Sind Sie gegen irgendwelche Medikamente allergisch?“
Ihr Opa sah Tanja fragend an. „Das wissen wir nicht. Mein Opa wurde noch nie operiert.“
„Was für Medikamente nehmen Sie ein?“
Tanja und ihr Opa versuchten alle Fragen des Arztes so gut wie möglich zu beantworten. Kurz darauf kam auch schon eine Schwester um den Patienten abzuholen.
„Wir sehen uns dann spätestens morgen.“ Tanja drückte ihrem Opa noch einmal die Hand, bevor er Richtung OP geschoben wurde. Sie sah ihm an, dass er nun doch etwas Angst hatte.
Als er weg war, fragte sie das Pflegepersonal, wo sie am besten auf ihn warten konnte und wohin sie seine Tasche mit den Klamotten bringen sollte.
„Am besten Sie gehen auf die Station C2. Dort wird er hinkommen, wenn er wieder wach ist. Aber die Operation wird eine Weile dauern. Sie können auch heim gehen und wir rufen Sie an, wenn alles überstanden ist.“
„Danke, ich überlege es mir“, sagte Tanja höflichkeitshalber, wobei sie schon wusste, dass sie auf jeden Fall hier warten würde.
Auf der Station angekommen ging sie zum Schwesternzimmer. Dort wusste man zwar noch nichts von dem Neuzugang, aber da die Daten von ihrem Opa schon im Computer waren, musste sie nur noch kurz warten, bis das Zimmer für ihn zugeteilt war. Es war ein Dreibettzimmer und zwei ältere Herren befanden sich bereits in den Betten. Tanja verstaute die Sachen ihres Opas in dem noch freien Schränkchen und ging dann gleich wieder aus dem Zimmer, um die anderen beiden Patienten nicht zu stören.
Draußen kam eine Schwester mit ein paar Formularen auf sie zu. „Sind Sie eine Verwandte von Herrn Drexler?“
„Ich bin die Enkelin.“
„Wir bräuchten noch ein paar Daten von ihm. Unter anderem eine Telefonnummer von Angehörigen.“
„Sie können meine Nummer haben.“
„Gibt es noch weitere Angehörige?“
„Ja, seine Tochter. Sieglinde Drexler. Die Nummer kann ich Ihnen auch noch geben.“
Nachdem alle Formulare ausgefüllt waren, ging Tanja aus dem Krankenhaus raus und nahm ihr Handy zur Hand. Sie wählte die Nummer ihrer Tante und lauschte dem Freizeichen.
„Drexler“, ertönte nach ein paar mal Tuten.
„Hallo Tante Sigi, hier ist Tanja.“
„Was willst Du?“, fragte sie in einem barschen Ton denn die Abneigung bestand auf beiden Seiten.
„Opa Alfons ist gestürzt und hat sich das Bein gebrochen.“
„Und jetzt?“
„Ich wollte Dir nur sagen, dass er im Krankenhaus ist und heute Abend noch operiert wird. Falls Du ihn besuchen möchtest.“
„Das passt mir zwar gerade gar nicht, aber wenn es sein muss, dann komme ich eben. Aber erst morgen. Heute habe ich dafür keinen Nerv mehr.“
„Ist gut, Tante Sigi.“ Ob ihre Tante das noch gehört hatte, wusste sie nicht, denn ohne ein weiteres Wort hatte sie aufgelegt.
Tanja ging wieder auf die Station und setzte sich in den dortigen Besucherbereich. Im Schwesternzimmer war gerade die Übergabe
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